Rache für Rassismus

Journalisten erschossen: Das Manifest des Killers

Ausland
27.08.2015 11:32
Entsetzen und Trauer herrschen in den USA nach den tödlichen Schüssen auf ein Reporterteam im Bundesstaat Virginia. Die 24-jährige Reporterin Alison Parker und ihr 27-jähriger Kameramann Adam Ward wurden von ihrem ehemaligen Kollegen Vester Flanagan vor laufender Kamera erschossen. Wenig später starb auch der Schütze - an jenen Schussverletzungen, die er sich im Fluchtauto zugefügt hatte. Noch während der Flucht schickte der Täter ein Manifest an einen Fernsehsender und stellte ein Video vom Attentat auf seine Twitter-Seite. Der Grund für die Bluttat: Rache für rassistisch begründete Amokläufe wie das Charleston-Massaker und Probleme mit seinen Kollegen.

Der Adressat des Abschiedsbriefs war der TV-Sender ABC, der in den vergangenen Wochen immer wieder Anrufe von einem Mann namens Bryce Williams - unter diesem Namen war Flanagan den Millionen von Zusehern des Frühstücksfernsehens in Virginia bekannt - erhalten hatte. Stets behauptete der Anrufer, eine wichtige Story für den Sender zu haben. Nun wurde das Geheimnis auf blutige Art und Weise enthüllt.

"Ich habe zwei Menschen getötet, die Polizei jagt mich"
Gegen 10 Uhr Ortszeit (16 Uhr MESZ) und damit drei Stunden nach den Morden, rief Flanagan erneut bei ABC an und meinte, er habe zwei Menschen erschossen und die Polizei sei hinter ihm her. "Sie sind hier überall", zitierte der Sender den Anrufer. Die Senderverantwortlichen reagierten sofort und leiteten das Manifest, das in Form eines Fax eingetrudelt war, an die Behörden weiter.

Rassismus, sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz
"Letzter Abschied an die Behörden. Mein Name ist Bryce Williams", mit diesen Worten beginnt das 23-seitige Manifest, in dem der 41-Jährige von laufenden Anfeindungen gegen seine Person schreibt. Schwarze Männer und weiße Frauen hätten ihn gehasst und ihn immer wieder angegriffen. Der Grund sei seine Homosexualität gewesen. Flanagan zählt Rassendiskriminierung, sexuelle Belästigungen und Intrigen am Arbeitsplatz auf.

Eine anonyme Quelle, die laut ABC von den Beschwerden des 41-Jährigen weiß, erklärte gegenüber dem Sender, dass es die genannten Vorwürfe auch gegen die beiden Toten gegeben habe. Das Dokument mache aber in diese Richtung keine konkreten Angaben. Immer wieder versuchte der Ex-Angestellte, gegen ehemalige Kollegen beim Sender WDBJ7 juristisch vorzugehen. Die Misserfolge, die er vor Gericht einstecken musste, schildert Flanagan ebenfalls in seinem Manifest.

WDBJ7-Manager Jeff Marks sagte am Mittwoch Fox News, der 41-Jährige sei ein schwieriger Mensch gewesen, mit dem man nicht gut habe zusammenarbeiten können. Er habe sich schlecht behandelt gefühlt, an seinen Vorwürfen sei aber nichts dran gewesen. US-Medien äußerten den Verdacht, dass der Täter geistig verwirrt gewesen sei.

Kirchenmassaker in Charleston als Auslöser der Tat
Was schließlich die Tat ausgelöst habe, sei laut dem Täter das Kirchenmassaker in Charleston gewesen, bei dem der 21-jährige Weiße Dylann Roof neun Mitglieder einer schwarzen Kirchengemeinde während einer Bibelstunde erschossen hatte. Die Tat war rassistisch motiviert. Roof sitzt derzeit in Haft und wartet auf seinen Prozess im kommenden Jahr. "Die Schießerei in der Kirche war der entscheidende Punkt (...), aber mein Ärger hatte sich zuvor schon laufend aufgestaut. Ich war ein menschliches Pulverfass, das darauf gewartet hatte zu explodieren. Und dann passierte das Undenkbare in Charleston. Und das war's!", heißt es in Flanagans Schreiben.

Das Weiße Haus kritisierte angesichts des Verbrechens erneut die lockeren Waffengesetze in den USA. Die Tat sei ein weiterer Beweis dafür, dass die Gesetze endlich verschärft werden müssten. Präsident Barack Obama hatte nach schweren Massakern mehrfach den Anlauf zu Gesetzesänderungen unternommen, war aber am Widerstand der Waffenlobby gescheitert. In den USA sind das Tagen von Waffen und der Waffenbesitz in der Verfassung geschützt.

Solidarisierung mit Opfern und heftige Debatten im Netz
Unterdessen sitzt der Schock nicht nur im Redaktionsteam des Senders WDBJ7 tief. Auch in den sozialen Netzwerken solidarisieren sich zahllose Menschen mit den Opfern des Attentäters. Gleichzeitig wird auch eifrig darüber diskutiert, welch wichtige Werkzeuge Facebook und Twitter für Terroristen und Mörder geworden sind, um ihre Botschaften möglichst weit zu verbreiten.

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