Falscher Glaube

Mann droht in Afghanistan Tod, weil er Christ ist

Ausland
22.03.2006 07:55
Einem aus Deutschland in seine Heimat zurückgekehrten früheren Muslim droht in Afghanistan wegen seines Übertritts zum Christentum die Todesstrafe. Der 41-jährige Abdul Rahman ist vor 15 Jahren zum Christentum konvertiert.

Der zuständige Richter Ansarullah Mawlavizada meinte:"Ich habe ihn aufgefordert, zum Islam zurückzukehren, aber er hat leider abgelehnt." Sollte Rahman dabei bleiben, habe das Gericht in Kabul keine andere Wahl, als ihn zum Tode zu verurteilen. Die Verfassung des offiziell islamischen südasiatischen Staates räumt religiösen Minderheiten zwar das Recht ein, ihre Religion zu praktizieren, Muslime müssen demnach aber strikt der Lehre des Islam folgen, was eine Konvertierung ausschließt.

Der gebürtige Muslim Rahman, der Mitte vergangenen Jahres aus Deutschland zurückgekehrt war, hatte vor Gericht gesagt: "Ich bin Christ und glaube an Jesus Christus." Staatsanwalt Abdul Wasi forderte das Gericht zu einer harten Strafe auf.

Richter lässt Zurechnungsfähigkeit prüfen
Richter Mawlavizada sagte, das Gericht lasse Psychiater die Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten prüfen. Man wolle Rahman zudem Zeit geben, sich um einen Rechtsbeistand zu kümmern. Nach der afghanischen Verfassung könnte Rahman bei einem Urteil in die Berufung gehen. Rahman war Anfang Februar in Kabul festgenommen worden, nachdem Mitglieder seiner eigenen Familie ihn angezeigt hatten.

Zwar wird davon ausgegangen, dass unter dem Ende 2001 gestürzten Regime der radikal-islamischen Taliban hunderte Afghanen heimlich zum Christentum konvertierten. Rahmans Fall ist aber der erste, in welchem der Beschuldigte nicht nur vor Gericht einräumt, konvertiert zu sein, sondern sich auch weigert, zum Islam zurückzukehren.

Präsident Karsai in Bedrängnis
Der Fall könnte den vom Westen gestützten afghanischen Präsidenten Hamid Karsai in Bedrängnis bringen. Sollte Rahman durch alle Instanzen hinweg zum Tode verurteilt werden, müsste Karsai selber die Anordnung zur Hinrichtung unterzeichnen. Religiöse Fundamentalisten in Afghanistan dürften ihn drängen, an Rahman ein Exempel zu statuieren.

Der Westen, der das kriegszerstörte Land und Karsais Regierung maßgeblich finanziert, und Menschenrechtsgruppen dürften dagegen Druck auf den Präsidenten ausüben, genau das nicht zu tun.Zahlreiche Staaten haben bereits gegen die Vorgangsweise protestiert.

Afghanistan weist deutsche Kritik zurück
Die afghanische Regierung hat besonders die scharfe Kritik aus Deutschland und Europa am Prozess gegen den zum Christentum übergetretenen Abdul Rahman empört zurückgewiesen. Wirtschaftsminister Amin Farhang betonte, die "hitzige und emotionale Reaktion deutscher Politiker ist überzogen und hat bei den Afghanen für Unmut gesorgt".

"Wir mischen uns auch nicht in die inneren Angelegenheiten der Bundesrepublik oder gar in laufende Rechtsverfahren ein", sagte Farhang weiter. "Wenn deutsche Politiker indirekt mit dem Abzug der Bundeswehr drohen, dann grenzt das an eine Art von Erpressung."

Noch ist kein Urteil gesprochen... 
Der Prozess gegen Abdul Rahman sei ein offenes Verfahren. "Wir wissen nicht, ob der Beschuldigte überhaupt zurechnungsfähig ist", gab der Minister zu bedenken. Nachdem der Mann von seinem Vater angezeigt wurde, habe die Staatsanwaltschaft ermitteln müssen. "Das ist afghanisches Recht", sagte Farhang.

Jetzt werde die Rechtslage geprüft. "Natürlich fordern Fanatiker in solchen Fällen die Todesstrafe, doch es ist sehr unwahrscheinlich, dass sie gegen Rahman verhängt wird", meinte der Minister. Man müsse jetzt abwarten und "nicht sofort so emotional reagieren". "Im Karikaturenstreit blieb die afghanische Regierung ja auch gelassen, obwohl viele Bürger wütend waren", fügte Farhang hinzu.

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