Interne Rechnungen

Drei Varianten: EZB bereitet sich auf “Grexit” vor

Ausland
20.03.2015 06:29
Nun bereitet sich offenbar auch die Europäische Zentralbank (EZB) auf einen möglichen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone, also auf den sogenannten Grexit, vor. In internen Modellrechnungen habe die Notenbank bereits die Folgen unterschiedlicher Szenarien auf die Kurse griechischer Staatsanleihen durchgerechnet, berichtet das deutsche "Manager Magazin" in seiner aktuellen Ausgabe. Im schlimmsten Fall sehen die Gläubiger demnach nur 16 Milliarden Euro von den derzeit mit rund 320 Milliarden Euro bewerteten Staatsschulden wieder.

Fernando Gonzalez Miranda, Leiter der Risikoanalyse der EZB, sei laut dem Bericht für seine Modellrechnungen von drei verschiedenen Entwicklungen der Griechenland-Krise ausgegangen. Diese Varianten habe der Ökonom vor einigen Tagen auch den Kollegen der Deutschen Bundesbank vorgestellt.

Variante 1: "Graccident"
Ein sogenannter Graccident, also ein plötzlicher, "unfallartiger" Abschied der Griechen aus der Euro-Zone wäre den EZB-Berechnungen zufolge die teuerste Variante. Demnach würde der Wert der rund 320-Milliarden-Euro schweren griechischen Staatsanleihen bei einem "Graccident" auf rund fünf Prozent des Nennbetrags schrumpfen - lediglich 16 Milliarden Euro würden die Gläubiger dann wiederbekommen.

Variante 2: "Grexit"
Gelingt es der griechischen Regierung hingegen, den Rückzug auf der Basis geordneter Verhandlungen zu vollziehen, also ein "Grexit", rechnet die EZB mit einem Restwert der Staatsanleihen von knapp 14 Prozent - immerhin noch knapp 45 Milliarden Euro.

Allerdings erklärte zuletzt etwa der Chef der deutschen Wirtschaftsweisen (Sachverständigenrat der deutschen Bundesregierung zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung), Christoph Schmidt, dass ein "Grexit" die anderen Euro-Länder wirtschaftlich nicht grundlegend bedrohen würde. "Nach all den Reformen der Architektur des Euro-Raums und angesichts des Engagements der EZB wäre für die übrigen Euro-Staaten ein 'Grexit' wohl verkraftbar", so Schmidt am Mittwoch.

Variante 3: Ein weiterer Schuldenschnitt
Sollten es die Griechen schaffen, einen neuerlichen Schuldenschnitt auszuhandeln, ohne die gemeinsame Währung aufgeben zu müssen, könnten die Staatspapiere laut EZB-Berechnungen immerhin ein gutes Viertel ihres ursprünglichen Werts behalten.

Ein Notenbanker fürchtete gegenüber dem "Manager Magazin" vor allem den "Graccident". Die Gefahr sei groß, dass die griechischen Regierungsmitglieder "den Überblick verlieren und plötzlich ihre Rechnungen nicht mehr begleichen können". In einem solchen Fall würden die Ratingagenturen Griechenland zwangsläufig als zahlungsunfähig einstufen, mit der Folge, dass die Zentralbank keine Notkredite mehr vergeben dürfte. Und gäbe es keine Notkredite mehr, wäre das der faktische Rauswurf Griechenlands aus dem Euro.

Athen einigte sich mit Euro-Partnern auf rasche Reformen
Doch noch sehen die Verhandler sowohl in Athen als auch aufseiten der internationalen Geldgeber eine Chance auf Entspannung in der Krise. Die Euro-Partner haben sich in der Nacht auf Freitag am Rande des EU-Gipfels in Brüssel auf eine gemeinsame Erklärung geeinigt. In dieser verpflichten sich beide Seiten, einerseits die Reformen rasch umzusetzen und andererseits ehebaldigst die notwendigen Hilfsgelder freizugeben, die noch im laufenden 240 Milliarden schweren Rettungspaket vorgesehen sind. Hierbei geht es um insgesamt 7,2 Milliarden Euro.

Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras sicherte zu, in den nächsten Tagen eine vollständige Liste mit eigenen Reformvorschlägen vorzulegen. Dieser Plan ist die Voraussetzung für das Fließen der Gelder. Basis bleibt die Vereinbarung der Euro-Finanzminister vom 20. Februar. Das teilten EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker, EU-Gipfelchef Donald Tusk und Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem mit. Im Vormonat war das Hilfsprogramm gegen Reformzusagen Athens um vier Monate verlängert worden. "Im Geiste des gegenseitigen Vertrauens sind wir alle bereit, die Arbeit zu beschleunigen und so schnell wie möglich abzuschließen", stand in der gemeinsamen Erklärung zu lesen.

Merkel: "Alles soll schnell gehen"
"Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte: "Ich habe mitgenommen, (...) dass das Vertrauen wieder hergestellt wird und konzentriert gearbeitet wird. Insofern war es ein gutes und konstruktives Gespräch." Nun soll es ihren Worten zufolge "schnell gehen". In den vergangenen Wochen hatte es insbesondere zwischen Athen und Berlin erhebliche Spannungen gegeben. So hatte Griechenland Reparationsforderungen aus dem Zweiten Weltkrieg geltend gemacht.

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