Wahlen angekündigt

Wird dieser Mann Selenskyj als Präsident ablösen?

Außenpolitik
10.12.2025 11:20

Der wegen eines Korruptionsskandals in seinem engsten Umfeld schwer unter Druck geratene ukrainische Präsident hat sich überraschend für Wahlen in seinem Land innerhalb der nächsten 60 bis 90 Tage ausgesprochen. Wolodymyr Selenskyj ist laut Medienberichten in der Wählergunst stark zurückgefallen. Besonders ein Konkurrent könnte ihm gefährlich werden.

Wahlen sind in der Ukraine unter dem geltenden Kriegsrecht gesetzlich verboten. Selenskyjs Amtszeit ist im vergangenen Jahr abgelaufen, weshalb Kritiker seine Legitimität als Präsident infrage stellen. Er kündigte am Dienstag an, das Parlament um Gesetzesvorschläge zu bitten, die Wahlen während des Kriegsrechts ermöglichen könnten. Bisher hatten Selenskyj und andere Regierungsvertreter eine Abstimmung angesichts der russischen Luftangriffe, fast einer Million Soldaten an der Front und Millionen von Vertriebenen zurückgewiesen.

Mit Donald Trump hatte Wolodymyr Selenskyj einige harte Auseinandersetzungen. Washington wurde ...
Mit Donald Trump hatte Wolodymyr Selenskyj einige harte Auseinandersetzungen. Washington wurde unter dem Nachfolger von Joe Biden für Kiew unberechenbarer.(Bild: AFP/HANDOUT)

Trump kritisiert „Diktator“ Selenskyj
Doch zuletzt wurde die Kritik aus Washington am amtierenden Staatschef immer lauter. US-Präsident Donald Trump erklärte in einem Interview mit dem Nachrichtenportal „Politico“, es sei „an der Zeit“, dass das ukrainische Volk selbst über seine Führung entscheide. Er kritisierte, dass der Krieg als Vorwand genutzt werde, um keine Wahlen abzuhalten, und wiederholte frühere Vorwürfe gegen Selenskyj, den er kurz nach dessen Amtsantritt als „Diktator“ bezeichnet hatte.

Offenbar beugt sich das ukrainische Staatsoberhaupt diesem Druck, obwohl ihm bewusst sein dürfte, dass seine Karten in einer Wahl gar nicht so gut sein würden. Denn die Zustimmungswerte aus den ersten Kriegstagen im Jahr 2022 sind verflogen. Zuletzt bezifferte die Online-Zeitung „Kyiv Independent“ diesen für Politiker wichtigen Wert mit 20 Prozent. Knapp dahinter rangiert sein wohl ernsthaftester Konkurrent mit 19,1 Prozent: Walerij Saluschnyj.

Kritik an Selenskyjs Offensiven
Der ehemalige Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte ist seit Februar 2024 ukrainischer Botschafter in London. Er gilt nach wie vor als äußerst populär im Volk und trat schon mehrmals als Gegenspieler oder zumindest kritischer Kommentator der Verteidigungspolitik Selenskyjs auf. So gerieten die unterschiedlichen Einschätzungen vor dem Fall der heftig umkämpften Stadt Bachmut im Jahr im März 2023 erstmals so richtig aufeinander. Während der damalige Oberbefehlshaber empfahl, die Stadt aufzugeben, um die Verluste massiv zu reduzieren, hielt Selenskyj an seinem Plan fest, Bachmut als Symbol des ukrainischen Widerstands zu halten.

Saluschnyj äußerte sich auch später eher vorsichtig kritisch zu direkten großangelegten Offensiven — so sah er die 2024 erfolgte Operation nach Kursk als Beispiel für riskante und verlustreiche Vorstöße, deren „Preis zu hoch war“. Der General plädierte stattdessen für einen „reifen, technologisch gestützten Verteidigungs- und Überlebenskampf“, bei dem massive Verluste vermieden werden und langfristige Stabilität im Blick ist, wie es im September des heurigen Jahres in einer Analyse des Nachrichtenportals „ExpertNews“ hieß. Zwischen den beiden Männern entwickelte sich mit der Zeit ein schwieriges Verhältnis. Politische Beobachter sahen die Absetzung und „Beförderung“ Saluschnyjs zum Botschafter in London auch als Versuch Selenskyjs, einen Kritiker kaltzustellen.

Die Ukrainer eröffneten in der russischen Grenzregion Kursk eine weitere Front, um die eigenen ...
Die Ukrainer eröffneten in der russischen Grenzregion Kursk eine weitere Front, um die eigenen Soldaten im Donbass zu entlasten. Doch ein wirklicher Erfolg war das Unterfangen nicht.(Bild: AFP/TATYANA MAKEYEVA)

Wirft Selenskyj überhaupt das Handtuch?
Auch wenn der Präsident offiziell betonte, dass Saluschnyj ihm gesagt habe, dass „dies die Richtung sei, die er einschlagen wolle – die Diplomatie“. Verstummt ist der 52-Jährige seitdem keineswegs. Er bleibt relevant und rückt Selenskyj in den Umfragen gefährlich nahe. Ob Saluschnyj überhaupt Interesse am Präsidentenamt hat, ist unklar. Zudem könnte es durchaus sein, dass der derzeitige Kriegspräsident nach einem möglichen Friedensschluss mit Russland gar nicht mehr die Ambitionen haben wird, die Geschicke des Landes zu leiten.

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