Tabubruch erwünscht

Sexuelle Gesundheit geht uns alle etwas an!

Gesund Aktuell
29.10.2025 06:00

Was passiert, wenn man im falschen Körper geboren wurde? Wie geht es Menschen mit chronischen Krankheiten beim Sex? Warum lassen Frauen Intimoperationen durchführen?  Experten klären beim Kongress „Sexualmedizin interdisziplinär“, der vom 7.-8. November in Wien stattfindet, auf.

Dass es – zusammengerechnet gar nicht so wenige – Menschen mit unterschiedlichen Geschlechteridentitäten und sexuellen Vorlieben gibt, sollte mittlerweile hinlänglich bekannt sein. Ebenso, dass dies kein Grund für Diskriminierung ist, es sich keineswegs um „unnatürliches Verhalten“ handelt und die Thematik eigentlich immer schon da war. Uns einen wir mal ehrlich: (Gesundheits)Probleme im Sexualleben betreffen sowieso fast jeden zumindest einmal im Leben. Nur spricht so gut wie niemand darüber. Das sollte sich ändern, finden Experten.

Sexualität betrifft den ganzen Menschen
Doch dies stellt nur einen Teilbereich der modernen Sexualmedizin, die sich den gesundheitlichen Aspekten des Sexuallebens widmet. Ein ganzheitlicher Ansatz, denn unser gesamter Körper und unsere psychische Befindlichkeit sind davon betroffen. Seit 11 Jahren findet daher in Wien ein Kongress statt, bei dem unterschiedliche Fachrichtungen vertreten sind und der mittlerweile die größte Fachveranstaltung auf diesem Gebiet im deutschsprachigen Raum geworden ist. Wir fassen für Sie bereits jetzt die Highlights zusammen.

Auf dem Weg vom Kind zum Erwachsenen
Für junge Menschen ist die Entdeckung der Sexualität eine natürliche, spannende Sache, die zum Erwachsenwerden und zur Selbstfindung beiträgt. Doch wie geht es jenen, die chronische oder seltene Erkrankungen zu bewältigen haben? Mukoviszidose, Diabetes, Rheuma, chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen können schon im Kindesalter auftreten. Betroffene werden dann vom Kinderarzt in die Erwachsenenmedizin übernommen – man nennt dies Transition.

Unsicherheit und Ängste
Während die Behandlungen und Betreuung vielerorts gut etabliert sind, finden psychosoziale Themen wie Sexualität, Partnerschaft und Körperbild weniger Beachtung. Im Rahmen der Entwicklung des Programms „Ready4Transition“ an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde berichteten zahlreiche Jugendliche über fehlende Gespräche zu Sexualität, Unsicherheiten im Körperbild und Ängste hinsichtlich Partnerschaft und Fruchtbarkeit. Das belastet die Mädchen und Burschen zusätzlich zu ihrer Krankheit auch psychisch enorm, kann zu sozialen Problemen, Rückzug und sogar Verschlechterung bei der Therapie führen.

Der Einsatz sexualpädagogischer Methoden in Einzelgesprächen, Peer-Programmen und Workshops könnte hier Hilfestellung bieten. Die eng interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Medizin, Psychologie, Sexualpädagogik und Sozialarbeit ist essenziell.

Zum ersten Mal verliebt? Der erste Sex? Das ist für Jugendliche mit chronischen Erkrankungen ...
Zum ersten Mal verliebt? Der erste Sex? Das ist für Jugendliche mit chronischen Erkrankungen eine besonderes Herausforderung.(Bild: motortion/stock.adobe.com)

Schönheitschirurgie im Intimbereich
Vor allem bei der operativen Korrektur der Schamlippen (Labienkorrektur, meist Verkleinerung) steigt die Nachfrage. Sind die inneren Schamlippen sehr groß oder wulstig, treten hervor und werden sogar unter der Kleidung sichtbar, ist dies nicht nur unangenehm oder optisch störend. Entzündungen, Schmerzen beim Sex, häufige Harnwegentzündungen können damit einhergehen. Da können Eingriffe erfolgreich Abhilfe schaffen.

Häufig haben Frauen aber aufgrund falscher Rollenbilder aus der digitalen Welt und der Pornografie überzogene ästhetische Vorstellungen, wie Dr. Barbara Iris Greibl, Fachärztin für Plastische Chirurgie in Wien und Leonding (OÖ) in ihrem Vortrag zu bedenken gibt: „Es bestehen Risiken unrealistischer Erwartungen sowie gesellschaftlich induzierter Schönheitsnormen, die in ausgewählten Fällen ohne psychologische Abklärung zu unreflektierten Eingriffswünschen führen können. Der Erfolg der Operation hängt nachweislich von präoperativer Aufklärung, sorgfältiger Indikationsstellung und realistischen Zielvereinbarungen ab.“

Zitat Icon

Sexuelle Gesundheit ist seit 2006 in den WHO-Kriterien für Gesundheit verankert und betrifft damit alle medizinischen Disziplinen.

Univ.-Prof. Dr. Michaela Bayerle-Eder, Präsidentin der ÖGFSSG

Mitbegründerin des Kongresses und Präsidentin der Österreichische Gesellschaft zur Förderung der Sexualmedizin und der Sexuellen Gesundheit (ÖGFSSG) Univ.-Prof. Dr. Bayerle-Eder betont immer wieder, dass sexuelle Gesundheit ein Grundrecht ist und viel öfter bei Arztbesuchen angesprochen werden sollte.

Festvortrag in der Klinik Floridsdorf

Von 7.-8. November findet in Wien der 11. Kongress „Sexualmedizin Interdisziplinär 2025“ statt. Neben Fachvorträgen gibt es auch heuer wieder einen interessanten Publikumsvortrag, diesmal über den Kunsthistoriker und Verleger Leopold Zahn, der 1890 in Wien als Mädchen zur Welt kam.

Mit 17 wurde sein Geschlecht zu „männlich“ geändert. Lesung: „Aus dem Tagebuch einer männlichen Gymnasiastin“. 7. 11., 18.10 Uhr, Klinik Floridsdorf, Veranstaltungszentrum, 1210 Wien, Brünner Straße 68. Eintritt frei. www.sexualmedizin.or.at 

So kommen bei der zweitägigen Fachveranstaltung in der Klinik Floridsdorf viele weitere Experten wie „Hormonpapst“ Univ.-Prof. DDr. Huber und DI. Dr. Nikolaus „Niki“ Popper (über HPV-Impfung) zu Wort.

Erst Mädchen, dann Mann?
Eine interessante Lesung zum Thema LGBTQIA+ Einst und Jetzt aus dem Werk „Aus dem Tagebuch einer männlichen Gymnasiastin“,  die beim Publikumsvortrag am Freitag, 7.10. frei zugänglich ist, wird von Clara Hartmann gehalten. Wie war es Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts bei der Geburt als Mädchen angesehen und als solches erzogen zu werden? Und nach und nach zu erkennen: da stimmt doch etwas nicht ...

Prof. Bayerle-Eder ergänzt: „Das 1910 erschienene Werk umfasst das 1. Trans- und Inter-Buch in Österreich und beschreibt die Geschlechtsveränderung meiner Urgroßtante/-Onkel, der ein bedeutender Autor und Kunsthistoriker war.“

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