In Österreich sind zwei neue Wirkstoffe gegen die Alzheimer-Erkrankung im Frühstadium zugelassen. Das Wiener Memory Center des Rudolfinerhauses startete nun die innovative Infusionstherapie. Was sich Experten von den modernen Medikamenten erwarten.
Die beiden Wirkstoffe Lecanemab und Donanemab sind bereits in den USA, Großbritannien, Japan und China freigegeben und wurden in diesem Jahr auch bei uns zugelassen. Die Arzneien gelten als bahnbrechend, weil sie direkt in den Krankheitsprozess eingreifen und so das Fortschreiten der Alzheimer-Erkrankung deutlich verlangsamen können.
Schädliche Protein-Ablagerungen abbauen
„Das bedeutet, dass die übliche Verschlechterung der zahlreichen Defizite um etwa vier bis sieben Monate in einem Beobachtungszeitraum von 18 Monaten hinausgezögert werden kann, in sehr frühen Stadien auch deutlich länger“, berichtet Univ.-Doz. Dr. Udo Zifko, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie am Rudolfinerhaus in Wien. Bei den neuen Medikamenten handelt es sich um gezielte Amyloid-Antikörper, wie der Neurologe erklärt.
Sie binden an die schädlichen Protein-Ablagerungen von Beta-Amyloid (gelten als Ursache der Alzheimer-Erkrankung) und fördern deren Abbau sowie Entfernung aus dem Gehirn. Dr. Zifko: „Diese Arzneimittel können derzeit ausschließlich in Infusionsform, je nach Medikament entweder alle zwei Wochen oder einmal monatlich, verabreicht werden.“
Vielversprechende Studiendaten
Was sagen bisherige Studien über die Therapie aus? „Besonders erfreuliche Daten gibt es bei Patienten, bei denen die Therapie möglichst früh mit möglichst wenig Defiziten begonnen wurde. Hier konnten die Studiendaten über einen Zeitraum von vier Jahren einen sehr guten Verlauf ohne oder mit nur sehr geringer Verschlechterung nachweisen.“
Die Amyloid-Antikörper-Therapie wird hierzulande in spezialisierten Zentren in Krankenhäusern durchgeführt, ist ausschließlich für Patienten im Frühstadium geeignet und erfordert eine sorgfältige Eignungsprüfung. Dafür bietet das Rudolfinerhaus im Memory Center umfassende Abklärungen an – vom eintägigen Memory Check bis hin zu stationären diagnostischen Untersuchungen.
Der Neurologe weiter: „Ausschlusskriterien sind bestimmte genetische Kombinationen, welche immer vor der Therapie mit einem Bluttest zu bestimmen sind. Weiters Blutverdünnung mit bestimmten Medikamenten (NOAK), ein mittel- oder schwergradiges Stadium der Alzheimer-Erkrankung sowie ausgeprägte Durchblutungsstörungen im Gehirn oder ein allgemein reduzierter körperlicher Zustand.“
Erst nach Bestätigung der Indikation beginnt die Behandlung, die über 18 Monate läuft und regelmäßig kontrolliert wird. „Durch den Abtransport des schädigenden Amyloids kann es zu Schwellungen im Gehirn kommen und auch zu Einblutungen. Daher sind regelmäßige MRT – Kontrollen und eine neurologisch-fachärztliche Überwachung während der Infusionen erforderlich.“ Als mögliche, aber selten auftretende Nebenwirkungen gelten Kopfschmerzen, Unverträglichkeiten mit allgemeinen Infusionsreaktionen. Auch andere leichte, vorübergehende Begleiterscheinungen sind nicht auszuschließen.
Frühe Diagnose ist wichtig
Die frühe Diagnose ist entscheidend für den Behandlungserfolg und muss in Zukunft noch mehr ein Augenmerk der behandelnden Ärzte und insbesondere auch der Bevölkerung sein, wie Dr. Zifko betont. „Diesbezüglich werden die in Zukunft zuverlässigen Bluttests, möglicherweise schon im Laufe des Jahres 2026 eine große Wende in der gesamten Diagnostik und vor allem in der Früherfassung von Demenzen und auch der Zuführung zu frühen Therapien möglich machen. Gerade die ausgezeichneten Ergebnisse der beiden neuen Medikamente im Frühstadium unterstützen alle Bemühungen für eine möglichst frühe Diagnose.“
Dunkelziffer an Patienten im Frühstadium
Wie viele Patienten erfüllen in Österreich die Kriterien für die innovative Therapie? Laut Dr. Zifko sind es geschätzt etwa 10% aller Alzheimer Patienten. „Wichtig ist aber auch auf die große Dunkelziffer an Patienten im Frühstadium hinzuweisen. Wenn es uns gelingt, diese Patienten zum Arzt zu bringen und dann zu einer frühzeitigen Diagnose, würde die Zahl dieser Menschen deutlich steigen und somit könnte auch die Krankheit in vielen Fällen sehr positiv beeinflusst werden.“
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