Die EU-Staats- und Regierungschefs haben sich auf eine Finanzierung der Ukraine für 2026 und 2027 geeinigt. Insgesamt sollen 90 Milliarden Euro bereitgestellt werden, finanziert über eine gemeinsame Kreditaufnahme, teilte EU-Ratschef António Costa mit. Russische Gelder bleiben eingefroren.
Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) begrüßte den Beschluss. Er betonte, die Maßnahme sei „erfreulich“ und bedeute „keine unmittelbare Belastung für den österreichischen Steuerzahler“ aus dem Budget. Die Finanzierung sei über den EU-Haushalt abgesichert und erfolge schrittweise über zwei Jahre.
Die Ausnutzung des Darlehens soll zudem nicht unmittelbar 90 Milliarden ausmachen, sondern sukzessive über zwei Jahre erfolgen. Der gewählte Betrag entspreche dem „Bedarf“.
„Klares Signal an Putin“
Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz erklärte: „Die Ukraine erhält, wie von mir vorgeschlagen, ein zinsloses Darlehen in Höhe von 90 Milliarden Euro. Dies sendet ein klares Signal aus Europa an Putin: Dieser Krieg wird sich nicht lohnen. Wir werden die russischen Vermögenswerte einfrieren, bis Russland die Ukraine entschädigt hat.“
Für Kirill Dmitriew, Putins Sondergesandten für Investitionen und Zusammenarbeit, ist das Signal offenbar nicht klar. Russland begrüße den von der EU gefundenen Kompromiss zur Finanzierung der Ukraine, denn „Recht und Vernunft“ hätten gesiegt, erklärte er auf X. „Die Stimmen der Vernunft in der EU haben die illegale Verwendung russischer Reserven zur Finanzierung der Ukraine verhindert“, schrieb Dmitriew. Das sei ein „schwerer Schlag für die EU-Kriegstreiber“.
Entscheidung zu Russen-Vermögen weiter verschoben
Die rund 210 Milliarden Euro an russischen Staatsvermögen bleiben weiter eingefroren und sollen perspektivisch für die Rückzahlung herangezogen werden. EU-Diplomaten zufolge sind Details zur Nutzung dieser Gelder noch auszuarbeiten. Das ursprüngliche Finanzierungsmodell scheiterte demnach, weil unter anderem Paris und Rom nicht bereit waren, die notwendigen Mittel für den von Belgiens Regierungschef Bart De Wever geforderten Schutzmechanismus bereitzustellen. Er wollte garantiert bekommen, dass alle Risiken, die sich aus der Nutzung der russischen Gelder ergeben könnten, vollständig gemeinschaftlich abgesichert werden.
Die belgische Regierung sah unter anderem die Gefahr, dass Russland Vergeltung gegen europäische Privatpersonen und Unternehmen übt und etwa Enteignungen in Russland vornimmt. Vor allem fürchtet sie dabei auch um die Existenz des Finanzinstituts Euroclear, das den Großteil der in der EU festgesetzten russischen Vermögenswerte verwaltet.
Eine Spaltung wäre eine Katastrophe gewesen.

Belgiens Regierungschef Bart De Wever
Bild: EPA/OLIVIER HOSLET
De Wever zeigte sich nach dem Gipfel aber zufrieden. „Die Ukraine hat gewonnen, Europa hat gewonnen, die finanzielle Stabilität hat gewonnen“, sagte er. „Hätten wir Brüssel heute gespalten verlassen, hätte Europa seine geopolitische Bedeutung eingebüßt. Das wäre eine totale Katastrophe gewesen.“ Frankreichs Präsident Emmanuel Macron erschien die nun gefundene Lösung als „die realistischste und praktikabelste“.
Auch Skeptiker stimmten zu
Eine gemeinsame Schuldenaufnahme über den EU-Haushalt galt lange als sehr unwahrscheinlich, weil dafür ein einstimmiger Beschluss der 27 EU-Staaten nötig ist. Die russlandfreundliche Regierung in Ungarn hatte dies ausgeschlossen. Ungarn stimmte der Einigung dann aber ebenso wie die ebenfalls der Ukraine-Hilfe gegenüber kritisch eingestellten Länder Slowakei und Tschechien zu. Dafür sind alle drei Länder dem Beschluss zufolge von eventuell anfallenden Kreditrückzahlungen ausgenommen.
X-Beitrag: EU-Ratschef António Costa freut sich über das Abkommen:
Mit der Lösung sei sichergestellt, dass die eingefrorenen russischen Vermögen weiter eingefroren blieben und auch dazu dienen könnten, dass die Rückzahlung dieses Darlehens aus diesen erfolgen könne, sagte Stocker. „Es ist eine sehr gute Lösung, die hier gefunden wurde“, so der Bundeskanzler. „Wir haben versprochen, dass wir liefern werden und die Europäische Union hat gezeigt, dass sie entscheidungsfähig ist und auch liefern kann.“
X-Beitrag: Ukraine-Präsident Selenskyj hatte sich mit Belgiens Premier getroffen, um über die eingefrorenen russischen Gelder zu diskutieren:
Die eingefrorenen russischen Staatsguthaben in der EU über rund 210 Milliarden Euro würden so lange immobilisiert bleiben, betonten sowohl Merz als auch Costa. Deshalb müssten die EU-Staaten letztlich nicht für den Kredit aufkommen. Man habe damit die Reihenfolge der Finanzierung vertauscht, sagte Merz. Die direkte Nutzung der russischen Staatsvermögen habe sich in den sechsstündigen Beratungen in Brüssel als zu kompliziert erwiesen.
Darlehen durch EU-Haushalt gedeckt
Die Inanspruchnahme des Darlehens von 90 Milliarden Euro sei gedeckt durch den Haushalt der Europäischen Union, betonte Stocker: „Das heißt, nicht durch den österreichischen Haushalt oder durch den Haushalt eines Mitgliedslandes, sondern durch den europäischen Haushalt.“
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