Überraschungscoup in Sachen Mercosor – der höchst umstrittene Handelspakt der EU mit Brasilien wird noch heuer durchgepeitscht. Die Bauern rebellieren!
Jahrzehntelang wurde verhandelt, nun ist das umstrittene Freihandelsabkommen in der Zielgeraden. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach am Mittwoch von einem „Meilenstein“, der die Position der EU als „größten Handelsblock der Welt zementieren“ werde. Dem Abkommen müssen nun noch der Rat der EU-Länder und das EU-Parlament zustimmen.
Endgültiger Abschluss bis Jahresende erhofft
Damit beginnt in der EU das finale Abstimmungsverfahren über die geplante riesige Freihandelszone mit dem südamerikanischen Staatenbündnis Mercosur. Die EU-Kommission hat die Vertragstexte für die Vereinbarungen mit den Ländern Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay jetzt an die Regierungen der EU-Staaten und das Europäische Parlament weitergeleitet. Die Brüsseler Behörde hofft, dass diese spätestens bis Jahresende zustimmen und damit den endgültigen Abschluss des Abkommens ermöglichen.
Schon im Dezember hatte Kommisionspräsidenten von der Leyen Freund und „Feind“ überrumpelt als sie im Alleingang zu Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva jettete, um per Handschlag den Mercosur-Pakt zu besiegeln.
Doch eine Annahme des Paktes durch die EU-Staaten ist keinesfalls sicher. Vor allem Frankreich, Polen und Österreich haben sich bisher klar gegen EU-Mercosur positioniert. Auch das niederländische Parlament hat seine Regierung wiederholt mit großer Mehrheit aufgefordert, gegen den Pakt zu stimmen. Eine Zustimmung des bevölkerungsreichen und daher im EU-Rat stimmgewichtigen Italien gilt ebenfalls bei weitem nicht mehr als sicher.
Österreich ist durch eine verbindliche Resolution des Nationalrats aus dem Jahr 2019 derzeit auf ein „Nein“ festgelegt. Nur ein neuerlicher Beschluss des Nationalrats könnte dies aufheben. Derzeit ist der zuständige Minister Wolfgang Hattmannsdorfer an dieses „Nein“ gebunden. Damit bleibt Wien offiziell im Lager der Blockierer – Seite an Seite mit Paris und Warschau. Der Deal umfasst 780 Millionen Menschen – der größte Handelsvertrag, den die EU je abgeschlossen hätte.
Europäische Autos, Maschinen, Pharma und Spirituosen sollen leichter nach Südamerika exportiert werden, im Gegenzug drängen billiges Rindfleisch, Geflügel, Zucker und Soja in die EU. Brüssel rechnet das klein: 99.000 Tonnen zusätzliches Rindfleisch entsprechen nur 1,6 Prozent des EU-Konsums. Für Bauernverbände ist das ein Alptraum. „Das sind nicht billige Burger, das sind die besten Stücke. Und die ruinieren uns“, warnt Bauernbund-Chef Georg Strasser.
Macron fürchtet „Flutstoß“ an billigem Fleisch
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gibt sich als Schutzpatron der Bauern. Er warnt vor einem „Flutstoß“ an billigem Fleisch aus Brasilien und Argentinien, während europäische Landwirte mit strengsten Umweltauflagen kämpfen. Auch in Österreich und Polen klingeln die Alarmglocken: „Wir müssen Auflagen für jede Wiese erfüllen, während in Brasilien Regenwald für Rinderweiden brennt“, kritisiert ein Bio-Bauer. Doch Kanzler Christian Stocker zeigt sich vorsichtig positiv.
Greenpeace Österreich meldet sich mit konkreten Zahlen: „Seit 2000 wurden in Brasilien über 100.000 km² Regenwald gerodet – fast doppelt so groß wie Österreich“ heißt es in einer Stellungnahme. Der Mercosur-Pakt könnte diese Zerstörung für neue Weideflächen weiter antreiben.
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