Halterin verurteilt

Rottweiler-Attacke: „Ohne Beißkorb wäre ich tot“

Steiermark
14.05.2025 13:57

„Ohne Beißkorb wäre ich tot gewesen!“ – das sagt jene Tierärztin vor Gericht, die vergangenen Februar nahe Graz von einem Rottweiler attackiert wurde. Die Veterinärin kam mit blauen Flecken davon, im Gegensatz zu jener Steirerin, die der Hund danach fast zu Tode biss, weil der Maulkorb gerissen war. Es war nicht das erste Mal, dass der Hund zugebissen hatte. Die Halterin wurde verurteilt.

Wie ein geprügelter Hund schleicht die angeklagte Hundebesitzerin am Mittwoch in Graz in den Gerichtssaal. Ihre Antworten fallen eher karg aus. „Sie hat Angst, dass sie ihren Sohn verliert und vor den finanziellen Konsequenzen“, versucht ihr Verteidiger zu erklären.

Schwer zu glauben, denn die Konsequenzen müssten der 45-Jährigen eigentlich sehr klar sein, immerhin stand sie 2022 schon vor Gericht, weil ihr Rottweiler einem fünfjährigen Mädchen in den Kopf gebissen hatte. Damals wurde sie schon zu einer Geldstrafe verurteilt.

„Er war ein gefährlicher Hund“
Gelernt hat sie daraus offenbar nichts. Denn: „Es gab ja schon davor zwei Vorfälle“, schildert Staatsanwalt Daniel Weinberger. Einmal hätte sich der Hund schon 2019 von ihr losgerissen und eine Bulldogge gebissen. Ein paar Monate später rissen Rottweiler „Rocky“ und der zweite Vierbeiner, Mischlingscollie „Luna“, gemeinsam von zu Hause aus, ein Passant wurde gebissen.

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Sie sind zweimal zur Einschulung spazieren gegangen? Und haben gemeint, das reicht? Das ist ja kein Hamster an der Leine, sondern ein Rottweiler.

Richter Andreas Lenz zur Angeklagten

„Es war ein sehr gefährlicher Hund, und das hat die Angeklagte gewusst“, betont Weinberger. „Trotzdem hat sie eine Frau, die keine Erfahrung mit Hunden hat und schon gar nicht mit diesem Hund, auf ihn aufpassen lassen.“

Niemand wollte den Hund nehmen
Die Frau ist die Freundin ihres Neffen. „Ich wollte sie unterstützen. Sie hatte solche Schmerzen und die Reha war wichtig für sie“, erzählt die 34-jährige Steirerin Richter Andreas Lenz. Weil die angeklagte Kinderbetreuerin finanziell angeschlagen war, konnte sie sich keine Hundepension leisten und niemand anderer wollte den Hund nehmen.

Anwältin Julia Halm mit ihrer Mandantin. Die Dauerfolgen der massiven Bissverletzungen sind noch ...
Anwältin Julia Halm mit ihrer Mandantin. Die Dauerfolgen der massiven Bissverletzungen sind noch nicht absehbar. (Bild: Eva Stockner)

„Wussten Sie, dass der Rottweiler schon mehrere Menschen gebissen hat?“, will der Richter wissen? „Nein, das hat sie mir nicht gesagt. Niemand in der Familie wusste das. Sonst hätte ich die Betreuung nie übernommen!“ Dem widerspricht die Angeklagte. „Ich habe ihr gesagt, dass der Hund schon Leute gebissen hat. Und sie meinte dann, wir schaffen das schon“, beteuerte die Angeklagte, die sich keiner Schuld bewusst ist.

Zweieinhalb Wochen ging auch alles gut. Regelmäßig ging die Bekannte mit „Luna“ und „Rocky“ spazieren. Sie war vorsichtig, wenn ihnen andere Hunde begegneten. Bis zum 21. Februar. Wenige Meter vom Wohnhaus der Angeklagten entfernt attackierten beide Hunde plötzlich die Mischlingshündin einer Tierärztin.

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Es ist absolut unglaubwürdig, dass die Angeklagte meine Mandantin über diese Vorfälle in Kenntnis gesetzt hat. Das alles zeugt von außerordentlicher Nachlässigkeit. 

Opfervertreterin Julia Halm

Der Beißkorb riss
Mit aller Kraft versuchte die 34-Jährige, die Hunde zu halten, doch beide haben zusammen rund 80 Kilo, sie schliffen sie einfach über den Boden. Die Tierärztin rettete die Tatsache, dass Rocky einen Maulkorb trug. „Ohne den Beißkorb wäre ich tot“, ist sie überzeugt. Doch dann ging der Hund plötzlich auf seine Sitterin los – und der Maulkorb riss. 

„Ich habe ihm meinen Schal in den Mund gestopft, ihn geschlagen, versucht sein Maul aufzuhalten, aber ich hatte gegen ihn keine Chance. Er hat nicht losgelassen.“ Der Rottweiler hörte erst auf, als die alarmierte Polizei ihn schließlich erschoss. Fünf Wochen war die Steirerin im Spital, hätte beinahe ihren rechten Fuß verloren. Haut und Sehnen mussten transplantiert werden. Sie ist derzeit arbeitsunfähig, die Folgen sind noch nicht absehbar.

Das Urteil: 3600 Euro unbedingte Geldstrafe und sechs Monate auf Bewährung. Dazu 7300 Euro Schmerzensgeld. „Ich war mir selten so sicher, dass ich keine Zweifel habe. Eine grobe Fahrlässigkeit, wie sie im Buche steht. Sie haben null aus den anderen Vorfällen gelernt. Und man sollte sich auch wegen des anderen Hundes etwas überlegen“, so der Richter. Die Angeklagte wollte keine Erklärung abgeben; nicht rechtskräftig.

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Steirerkrone
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