Kündigungsgrund?

Facebook: Wenn Mitarbeiter über den Chef posten

Web
24.07.2013 10:15
"Arbeitgeber: Menschenschinder & Ausbeuter, Leibeigener?? Dämliche Scheiße für Mindestlohn minus 20 Prozent erledigen". Mit diesem Eintrag in der Kategorie "Arbeitgeber" seines Facebook-Profils kassierte ein Auszubildender in Deutschland 2012 eine fristlose Kündigung. Ein Fall von vielen, die mit den wachsenden Nutzerzahlen von sozialen Netzwerken in den letzten Jahren zugenommen haben. Im Fall des Auszubildenden erklärte ein Gericht die fristlose Kündigung für wirksam. Doch dürfen Arbeitgeber ihren Mitarbeitern in solchen Fällen grundsätzlich immer fristlos kündigen?

"Grobe Beleidigungen des Arbeitgebers und seiner Vertreter oder von Arbeitskollegen, die nach Form und Inhalt erheblich ehrverletzend für den bzw. die Betroffenen sind, können eine ordentliche oder auch eine außerordentliche verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen. Je nach Umständen des Einzelfalles auch ohne vorherige Abmahnung", stellt der Unternehmensverband im nordrhein-westfälischen Essen am Mittwoch in einer Aussendung zum Thema "Kündigungsrecht und Social Media – wenn Mitarbeiter über den Chef posten" klar.

Der Meinungsfreiheit sind Grenzen gesetzt
Zwar habe der Arbeitnehmer das Grundrecht auf Meinungsfreiheit, dieses werde jedoch durch die allgemeinen Gesetze und das Recht der persönlichen Ehre beschränkt. Bei Werturteilen wie Schmähkritik, Formalbeleidigungen oder Angriffen auf die Menschenwürde wiegt der Schutz des Arbeitgebers demnach häufig schwerer als die Freiheit auf Meinungsäußerung. "Wahre Aussagen dürfen zwar in der Regel gemacht werden, jedoch sind auch hierbei Grenzen gesetzt, wenn die Intim-, Privat- oder Vertraulichkeitssphäre des Arbeitgebers betroffen ist. Hierbei geht es besonders um die Verschwiegenheitspflicht des Mitarbeiters", so Patricia Pfefferl, Fachanwältin des Unternehmensverbands für Arbeitsrecht.

Arbeitgeber muss Umstände abwägen
Im Gegenzug müsse der Arbeitgeber die Umstände abwägen, die zur Äußerung auf Facebook und Co. führten. "Zu berücksichtigen ist beispielsweise, ob die Auseinandersetzung vom Arbeitgeber oder Kollegen (mit-) verursacht wurde, welcher betriebliche und branchenübliche Umgangston herrscht, wie ernsthaft die Äußerung war, oder ob Dritte von der Äußerung Kenntnis genommen haben", so Pfefferl weiter. Stets seien die konkreten Umstände, unter denen die Äußerung erfolgte, von Belang.

Vertrauliche versus öffentliche Äußerung
Differenziert werden muss der Expertin zufolge bei der Frage, ob die Kommunikation auf Facebook & Co. als "vertrauliche" Kommunikation verstanden wurde. Ein Großteil der bislang ergangenen Rechtsprechung zu Kündigungen wegen beleidigender Äußerungen in dem sozialen Netzwerk geht davon aus, dass jegliche Aussage auf Facebook "öffentlich" erfolgt. Allerdings müsse geklärt werden, ob der gewählte Kommunikationskanal und der Empfängerkreis der Äußerung die Annahme einer vertraulichen Kommunikation rechtfertige.

Im Fall des bereits erwähnten Auszubildenden lag die Annahme einer vertraulichen Kommunikation laut Pfefferl fern. Vertraulichkeit könne dann vorliegen, wenn ein Facebook-Profil nicht für jedermann einsehbar sei, sondern nur für eine überschaubare Anzahl enger "Freunde". Werde das Profil hingegen für jedermann öffentlich gemacht, liege keine Vertraulichkeit mehr vor.

Wie weit darf die "Recherche" des Arbeitgebers gehen?
Ohne Weiteres im persönlichen Profil eines Mitarbeiters nach negativen Äußerungen "recherchieren" kann ein Arbeitgeber aber nicht. Zwar sei eine Arbeitgeberrecherche über allgemein zugängliche, also "öffentliche", Äußerungen des Arbeitnehmers in der Regel zulässig und zwar auch ohne Anlass.

Datenschutzrechtlich und persönlichkeitsrechtlich unzulässig werden die Beweise für eine wirksame Kündigung jedoch dann, wenn der Arbeitgeber seine Informationen bzw. Beweise durch Erschleichen oder Erzwingen des Zugangs zum sozialen Netzwerk, durch Vorgaukeln einer falschen Identität oder dem Einsatz Dritter erlangt.

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