Leiharbeiter-Skandal

Geschäftspartner kehren Amazon jetzt den Rücken

Wirtschaft
20.02.2013 17:19
Eine Reihe kleiner Verlage hat dem Onlinehandelsriesen Amazon wegen des Skandals um die schlechte Behandlung seiner Leiharbeiter den Rücken gekehrt. In teils drastischen Worten argumentieren die Verleger, das Versandhaus behandle nicht nur seine Arbeitskräfte, sondern auch seine Partner sehr schlecht. Auch die Drogeriekette dm will die Zusammenarbeit mit Amazon angesichts des durch eine ARD-Reportage bekannt gewordenen Skandals überdenken.

Der VAT Verlag aus Mainz nahm die "erhebliche Empörung über die unglaublichen Bedingungen, mit denen Sie dem bekannten ARD-Bericht zufolge Ihre Mitarbeiter behandeln", zum Anlass, den 2008 geschlossenen Kooperationsvertrag zu kündigen, wie Verleger Andre Thiele in einem offenen Brief schreibt.

Ein weiterer Grund für die Beendigung der Zusammenarbeit seien die "katastrophal schlechten Konditionen, die Sie mir als Kleinverleger gewährten". Das Amazon-Geschäftsmodell im Vertrieb lasse weder Lieferanten noch eigenen Mitarbeitern Luft zum Atmen, moniert der Verleger.

Verleger kritisiert "überzogene Rabattforderungen"
"Wer soll denn meine Bücher kaufen? Ihre misshandelten Leiharbeiter etwa? Da lachen ja die Hühner. Und die Nazi-Schläger, die Sie laut ARD eingesetzt haben, lesen, fürchte ich, meine Bücher auch nicht", schreibt Thiele.

Zuvor hatte schon der Verlag Ch. Schroer Amazon öffentlich Adieu gesagt. Christopher Schroer führte ebenfalls "unfaire Praktiken" ins Treffen und warf Amazon etwa vor, an kleine Zulieferer "überzogene Rabattforderungen" von 55 Prozent zu stellen und sich vertraglich einen "unglaublichen Skontorahmen" einräumen zu lassen.

Deutsches Kartellamt prüft
Ob dieser und ähnlicher Vorwürfe steht Amazon nun auch im Visier der Wettbewerbshüter. Das deutsche Kartellamt prüft, ob die Preisauflagen für Händler, die ihre Waren über Amazon verkaufen, gegen das Kartellverbot verstoßen. Die Amazon-Partner dürfen ihre Produkte nämlich anderswo im Internet nicht billiger anbieten. Das könnte laut Kartellamt eine Beschränkung des Wettbewerbs darstellen.

Drogeriekette dm stellt Amazon-Kooperation infrage
Aber nicht nur Verlage überdenken die Zusammenarbeit mit Amazon, sondern auch die Drogeriekette dm und der Textilhersteller Trigema, berichtet die "Neue Westfälische Zeitung". "Wir haben die Vorwürfe sehr aufmerksam zur Kenntnis genommen", wird dm-Geschäftsführer Erich Harsch zitiert. Sein Unternehmen erwarte, dass Kooperationspartner sich "menschengerecht" verhalten. Andernfalls werde die Zusammenarbeit "kritisch hinterfragt".

Weitere Zusammenarbeit mit Trenkwalder
Der Online-Versandhändler arbeitet in Deutschland indes weiter mit dem Personaldienstleister Trenkwalder, der seinen Hauptsitz in Niederösterreich hat, zusammen, wie Amazon bestätigte. Gegen Trenkwalder läuft wegen der schlechten Bedingungen von Amazon-Leiharbeitern eine Sonderprüfung des deutschen Arbeitsministeriums. Sollten sich die Verdachtsmomente erhärten, könnte Trenkwalder seine Lizenz in Deutschland verlieren, hatte Arbeitsministerin Ursula von der Leyen angekündigt.

Trenkwalder hat sämtliche Vorwürfe zurückgewiesen (siehe Infobox) und behauptet, dass die Prüfung der Bundesagentur für Arbeit "die öffentlich vorgebrachten Anschuldigungen nicht bestätigt" habe. Dem widerspricht das Arbeitsministerium. Die Prüfung sei zwar soeben abgeschlossen worden, nun müssten aber noch die Ergebnisse ausgewertet werden, sagte eine Sprecherin am Mittwoch.

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