Vor "Apokalypse"
“Spezielle Energie” sorgt für Ansturm auf türkische Stadt
Zum allerersten Mal erlebe Sirince solch einen Ansturm mitten in der sonst ruhigen Wintersaison, sagt Ilkan Gülgün, einer der Hotelbetreiber, die sich vor Anfragen nicht mehr retten können. "Die Gerüchte hier haben uns mehr Kundschaft verschafft", freut sich auch der Hotelangestellte Ibrahim Katan.
Geburtsort der Göttin Artemis
Seine plötzliche Attraktivität hat das kleine türkische Städtchen nahe der Ägäis-Küste bei Ephesus der Annahme einiger New-Age-Gruppen zu verdanken, dass der Ort über eine "spezielle Energie" verfügt, der selbst der Weltuntergang nichts anhaben könne. Sirince gilt als Geburtsort der griechischen Göttin Artemis und als Platz, an dem Maria, die Mutter Jesu, nach ihrem Tod in den Himmel auffuhr.
Bisher wusste die Tourismusbranche in Sirince mit ihrem bescheidenen Angebot von etwa 400 Betten von diesen spirituellen Vorteilen kaum etwas. Doch niemand kann den Bewohnern der bisher vor allem für ihre idyllische Lage auf einem Hügel und ihre alten griechischen Häuser bekannte Stadt vorwerfen, unflexibel auf die neue Entwicklung zu reagieren.
Übernachtungspreise von mehreren Tausend US-Dollar werden in der Presse genannt. Ein Unternehmer hat eigens einen "Wein der Apokalypse" auf den Markt gebracht, damit Pessimisten den 21. Dezember nicht allzu deprimiert verbringen müssen.
Cruise-Gerücht heizt Sirince-Fieber weiter an
Als wäre der Ansturm Tausender Normalsterblicher noch nicht genug, verbreitete sich in den vergangenen Tagen auch noch das Gerücht, Tom Cruise habe sich in dem Städtchen angesagt, um dem Weltuntergang zu entgehen. Die Nachricht verlieh dem Sirince-Fieber einen zusätzlichen Schub.
Cruise ist aber nicht allein, wollen türkische Medien erfahren haben. Namen wie Jennifer Lopez und Brad Pitt werden ebenfalls genannt. Auf einem nahen Flughafen sei eigens ein Hubschrauberlandeplatz für die erlauchten Gäste renoviert worden. Einige türkische Prominente haben der Presse zufolge ebenfalls ihre plötzliche Liebe zu Sirince im Winter entdeckt.
Ob an den Presseberichten mehr dran ist als an der Weltuntergangs-Voraussage, ist derzeit nicht klar. Tom Cruise ließ die Meldungen über seine Flucht nach Sirince allerdings bereits dementieren und erklären, er bleibe zu Hause in Los Angeles. Dem Wirbel um Sirince tat dies freilich keinen Abbruch.
Behörden in Sorge vor Besucheransturm
Dieser Wirbel macht den Behörden in der Gegend allmählich Sorgen. Sie verboten das Aufstellen von Zelten, mit denen einige Hotels kurzfristig ihre Besucherkapazitäten aufstocken wollten. Um den 21. Dezember werde es empfindlich kalt in der Gegend um Sirince, sodass Übernachtungen in Zelten nicht angebracht seien, erklärte Landrat Ayhan Boyaci, der sich ausdrücklich auf eine Anweisung des Innenministeriums in Ankara bezog.
Wenn sich ein Innenministerium um Zelte in einem Provinzstädtchen kümmert, muss die Lage wohl ernst sein. Bewohner der Gegend berichten von Polizeikontrollen um Sirince, an denen allen von außerhalb kommenden Autos die Zufahrt verweigert werde.
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