Regiert seit 1991

Wahlsieg für Regierungsbündnis in Montenegro

Ausland
14.10.2012 23:02
Die in Montenegro seit Anfang 1991 ununterbrochen regierende Demokratische Partei der Sozialisten (DPS) hat samt ihrer kleineren Bündnispartnern am Sonntag einen weiteren klaren Wahlsieg verbucht. DPS-Chef, Ex-Präsident und Ex-Premier Milo Djukanovic (Bild) hat somit sein Wahlziel erreicht. Nach Angaben des wahlbeobachtenden Zentrums für Monitoring (CEMI) hat sich "Europäisches Montenegro" gut 45 Prozent der Stimmen gesichert. Dies ist der Stand nach Auszählung von 90 Prozent der Stimmen. Djukanovic will die Annäherung an EU und NATO fortsetzen.

Der größte DSP-Herausforderer, die Demokratische Front, ist laut der NGO mit 23,9 Prozent der Stimmen zurückgeblieben. Den Sprung ins Parlament haben mit Gewissheit noch die Sozialistische Volkspartei (SNP) - 10,6 Prozent -, Positives Montenegro - 8,8 Prozent - und die Bosniakische Liste - 4,4 Prozent - geschafft.

Nach derzeitigem Stand kann "Europäisches Montenegro" allerdings nicht mit der absoluten Parlamentsmehrheit rechnen. Das Bündnis kommt nur auf 39 der 81 Parlamentssitze, könnte sich aber Minderheitenvertreter ins Boot holen. Die Wahlbeteiligung belief sich auf 70,3 Prozent.

Djukanovic bald wieder am Regierungsruder?
Der 50-jährige Djukanovic war Ende 2010 vom Posten des Regierungschefs, den er fast 20 Jahre ununterbrochen innehatte, zurückgetreten. Sein Land hatte kurz zuvor den Status eines EU-Beitrittskandidaten erhalten. Seit Ende Juni laufen die Beitrittsgespräche mit Brüssel. Djukanovic dürfte nun an das Regierungsruder zurückkehren.

Der in der montenegrinischen Öffentlichkeit wegen seiner spitzen Zunge als "Rasiermesser" bekannte Politiker schloss eine solche Möglichkeit zuletzt nicht mehr aus. Sein enger Vertrauter, Staatspräsident Filip Vujanovic, ließ wissen, wo er sich künftig den Parteichef vorstellt: an der Regierungs- oder Staatsspitze. Die Präsidentschaftswahlen sind in Montenegro Mitte 2013 fällig.

Djukanovic war nur 29 Jahre alt, als er zum ersten Mal Premier wurde - der erste bezahlte Job des Volkswirts und ehemals führenden Jungkommunisten. Die DPS ist aus durch die Umbenennung des Kommunistenbundes entstanden.

Bis 1998 wurde Djukanovic noch zweimal hintereinander in dasselbe Amt gewählt, um danach die Präsidentschaft zu übernehmen. Der DPS-Chef kam 2002 erneut an die Regierungsspitze. Seinen politischen Aufstieg feierte Djukanovic als Anhänger des damaligen serbischen Präsidenten Slobodan Milosevic, um sich 1997 aber von ihm endgültig zu trennen.

Führte Montenegro in die Unabhängigkeit
Als Regierungschef führte Djukanovic im Juni 2006 Montenegro, das bis dahin noch einen Staatenbund mit Serbien gebildet hatte, in die Unabhängigkeit. Nach der darauffolgenden Parlamentswahl wollte er jedoch nicht am Regierungsruder bleiben. Er gehe in die Wirtschaft, verkündete der DPS-Chef. Im Frühjahr 2008 kehrte Djukanovic anstelle des erkrankten Amtsinhabers Zeljko Sturanovic aber erneut an die Spitze der Regierung zurück.

Im Dezember 2010, nachdem Montenegro den Status eines EU-Beitrittskandidaten erhalten hatte, trat er zurück, um sich allein den Parteigeschäften zu widmen. Sein früherer Berater Igor Luksic wurde neuer Regierungschef.

Die Unabhängigkeit des Landes spielte der 1,90-Meter-Mann Djukanovic im Wahlkampf aus: Seine führenden Herausforderer, die im Bündnis Demokratische Front (DF) des ehemaligen Außenministers Miodrag Lekic vereinigten Parteien und die Sozialistische Volkspartei (SNP) von Srdjan Milic, seien Kräfte, die vor sechs Jahren alles unternommen hätten, um die Trennung Montenegros von Serbien zu verhindern. Sie würden weiterhin die großserbische Politik vertreten, erklärte Djukanovic bei den DPS-Kundgebungen. Er warnte seine Anhänger, die Unabhängigkeit wäre gefährdet, käme die Opposition an die Macht.

Schmuggel-Vorwürfe, aber keine Anklage
Die Opposition sieht die Gründe für das unerwartet große und aggressive Engagement von Djukanovic im Wahlkampf in Schmuggel-Vorwürfen gegen ihn. Im März 2008 sagte Djukanovic vor der italienischen Justiz aus, die gegen ihn wegen Zigarettenschmuggels in der Zeitspanne zwischen 1994 und 2004 ermittelt hatte. Eine Anklage wurde nicht erhoben.

Die Frage ist wohl aber noch immer nicht ganz vom Tisch. Die deutsche Justiz interessiert sich nämlich für einen Ende Juli in Bosnien-Herzegowina festgenommenen Mann, der in den 1990er-Jahren eine bedeutende Rolle in dem Zigarettenschmuggel auf dem Westbalkan gespielt haben soll. Die Immunität könnte nach Ansicht der Opposition für Djukanovic nicht ohne Bedeutung sein, sollte Srecko Kestner, einmal nach Deutschland ausgeliefert, Genaueres über den Zigarettenschmuggel aussagen wollen.

Spekulationen über Millionen und Korruption
Als montenegrinische Medien vor Wochen berichteten, dass laut dem diesjährigen World-Ultra-Wealth-Bericht im Adriastaat 21 Millionäre leben, warf dies sogleich die Frage auf, ob sich unter diesen Personen nicht auch Djukanovic befindet. Das Vermögen des DPS-Chefs war vor einigen Jahren von einigen Medien auf 11,5 Millionen Euro geschätzt worden. Djukanovic, der Ende 2010 den Premiers-Posten mit einem bescheidenen Einkommen von nur 1.234 Euro monatlich verließ, vermeidet nicht, sein Vermögen zur Schau zu stellen. Der Uhrenliebhaber wurde im Vorjahr bei einem Parteitreffen mit einer Brequet-Tourbillon-Handuhr abgelichtet. Ihr Wert: 106.000 Euro. Der Durchschnittslohn im kleinen Staat liegt bei knapp 500 Euro.

Auch die Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit dem Verkauf der staatlichen Telekom an die Magyar Telekom, eine Tochter der Deutschen Telekom, im Jahre 2005, als er wieder einmal an der Regierungsspitze stand, haben den Ruf des DPS-Chefs nicht beschädigen können. Er habe keine Kenntnisse über Korruption, bei der Telekom-Privatisierung habe es sie nicht gegeben, erklärte Djukanovic vor wenigen Wochen vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Nach Erkenntnissen der US-Finanzbehörden sollen dabei allerdings Schmiergelder in der Höhe von 7,35 Millionen Euro an drei montenegrinische Staatsbürger, darunter auch die Anwältin Ana Kolarevic, eine Schwester von Djukanovic, geflossen sein.

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