Volkspremium-Limo

VW ID.7: Besser als BMW i5 und Mercedes EQE?

Motor
31.01.2024 10:55

Zugegeben: Die Frage im Titel ist provokant. Und das hier soll auch kein Vergleichstest zwischen dem VW ID.7 mit BMW i5 und Mercedes EQE werden. Aber die drei sind prinzipiell in der gleichen Fahrzeugklasse unterwegs und befriedigen ähnliche Bedürfnisse in unterschiedlichen Gewichtungen. Der VW ID.7 ist jedenfalls ein veritables Flaggschiff geworden, das einige Überraschungen zu bieten hat.

(Bild: kmm)

Seine Optik ist freundlich grinsend, wie der Rest der ID-Familie. Weniger statusorientiert, sondern verspielt. Das Format entspricht grob der Konkurrenz, wir haben es mit der Fünf-Meter-Klasse zu tun: Der ID.7 ist 4,96 Meter lang, also eine Spur länger als der EQE und eine Handbreit kürzer als der BMW. Der Radstand misst 2,97 Meter, damit hat er den kürzesten von den dreien (BMW: 3,00 m, Mercedes 3,12 Meter).

Beim Platzangebot liegt der Wolfsburger vorn. Auf der Rückbank sitzt man zwei Klassen luftiger als im eher engen BMW und auch im Vergleich zum Radstandkönig EQE ist der ID.7 mehr als ebenbürtig. Der Kofferraum fasst nicht nur 532 Liter (also ca. 100 Liter mehr als der des Mercedes und gut 40 Liter mehr, als in den BMW passen), er ist dank langer Heckklappe auch sehr gut nutzbar. 1586 Liter mit per Fernentriegelung flachgelegten Rücksitzlehnen sorgen schon beinahe für Kombi-Qualitäten.

Sympathisch, praktisch, gut
Klar, Platz ist nicht alles. Wer ganz oben in seinem Beuteschema „Premium“ stehen hat, wird den Volkswagen keines zweiten Blickes würdigen. Zu nüchtern ist der Innenraum gestaltet, zu unedel ist der Materialmix, der mehr den Nutzwert in den Vordergrund stellt als die wohnliche Atmosphäre. Und doch kann man sich wohlfühlen in dem Auto, das als Strom-Pendant zum Passat gesehen wird, aber bisweilen auch in einem Atemzug mit dem seligen Phaeton genannt wird (ob das gerechtfertigt ist oder nicht).

Dafür, dass man die Zeit, die man im VW verbringt, als angenehm empfinden kann, sorgt unter anderem das neue Bediensystem. VW hat gelernt. Zwar ist der zentrale 15-Zoll-Touchscreen - wie in den ID-Modellen üblich - etwas plump aufgesetzt, aber die oft kritisierten Touchslider sind hier beleuchtet, wodurch man mit ihnen gut leben kann. Die Menüführung ist durchdacht und die wichtigsten Klimafunktionen bleiben immer im Vordergrund. Allerdings muss man zum Verstellen der Luftausströmer im Armaturenbrett in Menü eintauchen. Die Klimaanlage an sich hätte aber eine eigene Story verdient, aber das führt zu weit.

Hauptkritikpunkt in Sachen Bedienung sind die Touchelemente am Lenkrad. Die stehen - wegen massiver Kritik seitens Kunden und Journalisten - zwar auf der VW-internen Abschussliste, blieben dem ID.7 aber dennoch nicht erspart. Schwacher Trost: Die Multifunktionslenkräder von Mercedes machen einem das Leben noch schwerer.

Augmented Reality endlich hilfreich
Der Tacho ist ein kleines, integriertes TFT-Display, das vom serienmäßigen Head-up-Display ergänzt wird. Dieses wiederum unterstützt den Fahrer bei der Navigation mit Augmented Reality. Das gab es schon früher bei VW, auch bei anderen Herstellern. Bisher war das alles nett, aber eher nutzlos. Das neue System im VW ID.7 ist hingegen tatsächlich hilfreich, weil die quasi auf die Straße projizierten Hinweispfeile sehr gut die Richtung weisen. Auch der Spurhalteassistent spiegelt seine Hinweise ins HUD ein.

Elektronik und Software unterwegs
Auch sonst geht VW einen sehr pragmatischen Weg, was das Thema Bits und Bytes angeht. Die obligatorischen Assistenten für Spurhaltung und Tempolimitanzeige sind leicht abzuschalten. Das ist ein wichtiges Kriterium, denn beide nerven auf Dauer - aber das liegt weniger an VW als vielmehr daran, dass diese Systeme in Wahrheit generell nur einen begrenzten Nutzen haben. Um sinnvoll zu sein, sollten sie jedoch der Unfehlbarkeit nahekommen, was bisher keinem Hersteller gelingt.

Der Radartempomat mit Spurführungsassistent machte seine Sache im Test mit den üblichen Einschränkungen sehr gut. Das Lenkrad ist kapazitiv und auf Wunsch kann man per Blinker einen Spurwechsel auslösen. Lediglich das Verändern des eingestellten Tempos kann in Mühsamkeit ausarten - Stichwort Touchelemente am Lenkrad.

Das Navigationssystem legt in Windeseile Routen mit integrierten Ladestopps und lässt sich dabei auch in engen Grenzen vorgeben, mit wie viel Restreichweite man am Zielort bzw. an einer Ladestation ankommen möchte. Auch das spontane Suchen nach Ladestationen (inklusive Filter) ist einfach. Probleme hatte der Testwagen allerdings bei Zielen im Ausland: Die wurden über die Sprachbedienung namens Ida nicht gefunden, konnten aber per Bildschirmtastatur eingegeben werden.

Blitzsauberes Fahrwerk, feine Lenkung - mit Überraschung!
Die Bremse ist gewöhnungsbedürftig, weil sie nach einem hohen Pedaldruck verlangt. Im Vergleich zum Mercedes ist aber der Druckpunkt besser definiert. Beide können diesbezüglich aber nicht mit dem BMW mithalten.

Deutlich besser ist das Fahrwerk, im Fall des Testwagens die adaptive Variante namens DCC, die ihre Dämpfer nicht nur je Fahrmodus justiert, sondern eine Feineinstellung in 15 Stufen zulässt. Von sehr weich bis durchaus satt. Damit morpht sich der ID.7 geradezu von der Familienschaukel bis zum prägnanten Fahrergerät, auch wenn er selbst auf härtester Stufe nicht so direkt einlenkt wie EQE oder i5. Trotzdem vermittelt die Lenkung ein gutes Gefühl für die Straße und stellt dadurch auch Fahrspaßfetischisten zufrieden.

Das DCC ist Bestandteil des Exterieur Paket Plus um über 4000 Euro. Dazu gehören auch Details wie die hervorragenden LED-Matrix-Scheinwerfer, die auch auf der Autobahn niemanden blenden.

Noch ein Aspekt zur Lenkung: Den frappierenden Eindruck, den andere Fünf-Meter-Autos beim Wenden mit Allradlenkung hinterlassen, schafft der ID.7 ohne dieses aufwendige Tool. Trotz fast drei Meter Radstand beträgt der Wendekreis nur 10,90 Meter! Zum Vergleich: Der Mercedes EQE braucht 11,60 Meter, der BMW i5 sogar 11,70 Meter - jeweils mit Hinterradlenkung! Und ohne Hinterradlenkung sind es fast anderthalb Meter zum ID.7.

Der Antrieb: Stark genug
Im Moment hat man keine Wahl, was Antrieb und Batterie betrifft. Das wird sich aber ändern. Im Heck steckt ein 210 kW/286 PS starker Elektromotor, der 545 Nm Drehmoment Richtung Hinterachse schickt. Damit ist der VW ID.7 absolut adäquat motorisiert. Der nach DIN knapp 2,1 Tonnen schwere (bzw. leichte) Wagen beschleunigt in 6,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h, bei Tempo 180 wird abgeregelt. Der VW ist etwas leichter als der i5 und sogar fast 200 Kilogramm leichter als der EQE.

Etwas umständlich ist das Verändern des Rekuperationsmodus gelöst. Näheres dazu finden Sie oben im Video.

Der Akku speichert netto 77 Kilowattstunden, was offiziell nach WLTP für 444 bis 621 Kilometer reichen soll. Je nach Fahrweise und Einsatzgebiet kamen wir (bei winterlichen Temperaturen) auf zwischen 20 und 25 Kilowattstunden auf 100 Kilometer, laut Bordomputer, also ohne Ladeverluste. Gerade im Kurzstreckenverkehr waren die Werte - wohl wegen der dauerkalten Batterie - besonders hoch. Die Reichweite lag also zwischen 385 Kilometern im besten Fall und 310 Kilometern. Jeweils von 100 Prozent SOC bis null gerechnet.

Geladen wird mit bis zu 175 Kilowatt (Wechselstrom: 11 kW). Andere haben zwar eine höhere Spitzenladeleistung, aber der ID.7 lädt relativ lang relativ stark. Und so braucht er von 10 auf 80 Prozent nur 28 Minuten.

Die Preise
Der Basispreis für den VW ID.7 mit 77-kWh-Akku und 210-kW-Motor beträgt in Österreich 59.990 Euro, abzüglich Förderung. Weitere Varianten (86-kWh-Batterie, Allradantrieb ...) sollen folgen. Der Testwagen kommt auf 72.600 Euro, inklusive Wärmepumpe und anderen Extras.

Fazit
Wer ganz nüchtern nach Eigenschaften wie Praxisnutzen und Preis geht, wird sich wohl eher für den VW ID.7 als für BMW i5 oder Mercedes EQE entscheiden. Sie vermitteln mehr Premium-Flair, sind aber deutlich teurer, weit weniger praktisch (insbesondere bieten sie weniger Platz), deklassieren den Wolfsburger aber nicht einmal bei den Fahreigenschaften. Unterm Strich ist der ID.7 auf jeden Fall ein gelungenes Auto, dem man anmerkt, dass VW aus Fehlern gelernt hat. Eine Frage mag sein, ob man das sehr spezielle Familiendesign mag oder nicht - aber so ganz allgemeingefällig sind auch die beiden teuren Konkurrenten nicht geraten. So bleibt die Wahl eine Geschmacks- und Preisfrage - und eine Entscheidung zwischen Nutzwert und Prestige. Volkspremium hat auch seinen Reiz.

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