Mit der BMW R 1300 RT haben die Münchner nun auch den Modellwechsel bei ihrem luxuriösen Boxer-Tourer vollzogen. Die Ansage „heute geht es nicht um den Motor“ bei der Fahrpräsentation ließ abseits des Triebwerks einiges erwarten – und wir wurden nicht enttäuscht: neue Optik, Top-Features – und ein Fahrwerk, das sogar den Nachlauf ändern kann!
Die Zeiten, als man eine entgegenkommende RT für einen Maxi-Scooter halten konnte, sind nun endgültig vorbei. Das neue Design ist schärfer denn je, aber das ist natürlich Geschmackssache. Jedenfalls wirkt sie nun zwar massiv, aber nicht schwerfällig, womit auch das Fahrverhalten gemeint sein könnte - trotz des insgesamt auf 281 kg fahrfertig gewachsenen Gewichts. Dabei waren die Testmaschinen ausstattungsbedingt sogar noch schwerer.
Wunderfahrwerk DCA (Dynamic Chassis Adaption)
Zum spielerischen Einlenkverhalten und der Freude am Kurvenfahren trägt u.a. das (natürlich aufpreispflichtige) – nennen wir es – Wunderfahrwerk bei. In den dynamischen Fahrmodi hebt es die Front der R 1300 RT um 10 mm an, das Heck um 33 mm. Das passiert aber nicht, um mehr Bodenfreiheit zu erhalten, sondern weil dadurch dank der speziellen Telelever-Geometrie der Lenkkopfwinkel steiler wird. Das wiederum führt zu einem kürzeren Nachlauf und damit zu mehr Wendigkeit.
Während also mit flachem Lenkkopfwinkel größtmögliche Fahrstabilität und Laufruhe das Ziel sind, steht in der Dynamik-Stellung die Handlichkeit im Vordergrund. Das wird zusätzlich durch eine straffere Dämpfungsabstimmung und eine höhere Federrate unterstützt.
Das alles funktioniert nicht nur in der Theorie, sondern ist umgehend spürbar. Die bei flotter Autobahnfahrt (180/200 km/h) spürbare Unruhe schreiben wir dem sehr starken Seitenwind zu.
Die Hardware wird auch bei der GS verwendet, um sie beim Anhalten so weit abzusenken, dass auch kleiner gewachsene Fahrer und Fahrerinnen gut den Boden erreichen. Wer DCA nicht braucht – das Dynamic ESA ist Serie.
Flügel für den perfekten Wetterschutz
Die neue Verkleidung sieht nicht nur gut aus, sie bietet auch von Haus aus einen hervorragenden Windschutz. Im Angebot sind verschieden hohe Windschilder mit elektrischer Höhenverstellung. Zusätzlich bietet BMW harmonisch integrierte Windleitflügel an, die je nach Stellung mehr oder weniger Fahrtwind zum Fahrer leiten – ein Genuss etwa bei kühlen Regenfahrten. Die Verstellung erfolgt im Gegensatz zu der der Scheibe manuell, mit perfekter Haptik.
Grundsätzlich soll die Verkleidung so gestaltet sein, dass die Schuhe und Unterschenkel generell trocken bleiben, auch im Regen.
Bequemer kann man kaum reisen …
… jedenfalls auf zwei Rädern. Der Kniewinkel ist entspannt, auch mit meinen 1,88 m Körpergröße, der Lenker ist etwas näher und breiter als früher. Für kleinere Fahrer lässt sich die Sitzhöhe von 860 auf 780 mm absenken variieren. Für den Sozius gibt es Sitzheizung und sogar beheizte Haltegriffe sowie im Fall, dass das Topcase mitbestellt wurde, auch eine beheizte Rückenlehne.
Und dann geht es doch noch um den Motor
Der Shiftcam-Boxermotor entspricht dem der aktuellen R-1300-Schwestern GS, R und RS, liefert also 145 PS und ein maximales Drehmoment von 149 Nm. Ein famoses Stück Technik, das alles besser kann als der Vorgänger – bis auf die emotionale Komponente. Dieses Bollern, dieses wohlige von unten heraus Anschieben macht den früheren Boxer-Generationen keiner nach. Obwohl die Messwerte tatsächlich auch im niedrigen Drehzahlbereich verbessert wurden. In den Tank passen 24 Liter, bei 4,9 Liter Normverbrauch kommt man auf eine ordentliche Reichweite und auch in der Realität ist der Boxer kein Schluckspecht, auch wenn er sich ein Tropferl mehr gönnt als die frühere Generation.
Zum Wechseln der sechs Gänge gibt es drei Möglichkeiten bzw. zwei Optionen: Option 1 ist der Schaltassistent Pro, also der Quickshifter für rauf und runter. Option 2 ist ASA, als das automatisierte Getriebe ohne Kupplungshebel. Es arbeitet ganz hervorragend, egal, ob man die Gänge klassisch per Fußhebel wechselt oder der Technik die Gangwahl überlässt. Durch Aufreißen des Gasgriffs bzw. Zupfen an der Bremse kann man jederzeit ein Runterschalten provozieren, auch mehrmals nacheinander.
Je nach Neigungsgruppe ist das eine oder andere die richtige Wahl, aber die Automatik passt hervorragend zur RT.
Elektronik und jede Menge Features
Warum man auf einem Motorrad eine Soundanlage (abseits der von Akrapovic) braucht, erschließt sich mir persönlich nicht, aber auf die RT bietet diesbezüglich ein besonderes Schmankerl. Zusätzlich zum optionalen Soundsystem kann man „Audio Pro“ mitbestellen, das die abgespielte Musik so an die gefahrene Geschwindigkeit anpasst, dass jeweils die richtigen Frequenzbereiche verstärkt werden, was zu besonders natürlichem Klang führen soll.
Objektiv betrachtet sinnvoller sind jedoch Schmankerl wie der Abstandstempomat oder der Totwinkelwarner. Das Radarsystem ist eine lohnende Anschaffung für lange Touren.
Bedient wird alles über den mächtigen 10,25-Zoll-Screen, das Drehrad am linken Lenkergriff und ein paar intelligent platzierte und genutzte Tasten. Man muss sich lediglich mit dem (seit Jahren bekannten) Bedienkonzept vertraut machen.
Verbindet man sein Handy samt der entsprechenden (Gratis-)App, kann das Display sogar Navigationskarten anzeigen. Die Aktivierung ist jedoch etwas aufwendig – und muss nach jedem Abschalten der Zündung erneut vorgenommen werden.
Die Preise
Ab 25.890 Euro steht die BMW R 1300 RT ab Juli beim Händler, aber es wird wohl kein einziges Exemplar zu diesem Preis ausgeliefert werden. Zwar sind die wesentlichsten Dinge an Bord, sogar das semiaktive Fahrwerk, aber die Aufpreisliste ist derart umfangreich und die Features begehrenswert, dass man locker 10.000 Euro drauflegen kann und noch immer keine vollausgestattete Maschine hat. So sind die zwei 27-Liter-Koffer serienmäßig, aber es gibt auch hier noch etwas Besseres: Die Variokoffer lassen sich auf 33 Liter erweitern, sind zentralverriegelt, beleuchtet und der linke verfügt auch über eine USB-C-Buchse. LED-Scheinwerfer sind Serie, aber das adaptive Kurvenlicht sollte man sich nicht entgehen lassen.
An den Preis des billigsten BMW-Cabrios, des Z4, kommt man aber beim besten Willen nicht heran: knapp 60.000 Euro.
Fahrzit
Ein echter Hightech-Dampfer, die BMW R 1300 RT, aber ein erstaunlich wendiger, vor allem mit DCA. Das ist so ein Feature, das man nicht zwingend braucht, das aber einen echten Unterschied macht. Luxus, Hightech und ein extrem angenehmer Umgang haben ihren Preis. Der Verzicht darauf aber auch. Alles eine Frage der Gewichtung.
Warum?
Erstaunlich dynamisch zu fahren
Gut verbesserte Optik samt Windschutz
Hervorragendes Fahrwerk
Mächtige Features
Warum nicht?
281 kg Leergewicht (ohne DCA, ASA etc.) sind nicht jedermanns Sache
Oder vielleicht …
… BMW Z4, BMW K 1600 GT
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