Bisher davon befreit

Spanien: Sozialisten fordern Steuern von katholischer Kirche

Ausland
28.05.2012 11:01
Hohe Arbeitslosigkeit, Banken kurz vor der Pleite und sogar der Tourismus stockt: Spanien befindet sich fest im Griff einer Wirtschaftskrise. Die größte Oppositionspartei des Landes lässt nun mit einem im erzkatholischen Spanien eher ungewöhnlichen Vorschlag aufhorchen. Die Kirche soll nun nach Ansicht der Sozialisten auch einen Beitrag zur Überwindung der Krise zahlen. Am Montag stellte die Partei PSOE landesweit in allen Gemeinden und Rathäusern Anträge für eine Erhebung der Immobiliengrundsteuer auf Besitz der Kirche.

Auf Grundlage der Vatikan-Verträge von 1979 zwischen Spanien und dem Heiligen Stuhl ist die katholische Kirche, der offiziellen Angaben zufolge 92 Prozent der Spanier angehören, von der Grundsteuer für Immobilien bisher befreit. "Mit diesen Privilegien muss Schluss sein. In der aktuellen Situation muss auch die katholische Kirche mehr zur Überwindung der Finanzkrise beitragen", erklärte PSOE-Organisationssekretär Oscar Lopez die Initiative.

Die Forderung sei "gegen niemanden gerichtet". Es könne bloß nicht angehen, dass alle anderen Opfer bringen müssten, die katholische Kirche aber nicht, sagte Lopez. Parallel zu dieser landesweiten Initiative versucht die PSOE-Parteiführung im Parlament eine aktualisierte Aufstellung sämtlicher Immobilien im Besitz der "katholischen Kirche und anderer Religionsgemeinschaften" in Spanien vornehmen zu lassen, um diese besteuern zu können. Gaspar Zarrias, PSOE-Sekretär für Städte- und Gemeindepolitik, bezeichnete Spanien sogar als "Steuerparadies der Kirche".

Konservative Regierung dagegen
Die Initiative der Sozialisten von Oppositionsführer Alfredo Perez Rubalcaba, die in insgesamt 2.500 spanischen Gemeinden regieren, könnte allerdings im Nichts verlaufen, da sich die konservative Regierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy (PP) dagegen ausspricht, die Vatikan-Verträge zu modifizieren, welche die Kirche nicht nur bei Gotteshäusern, sondern seit einem Zusatzvertrag aus dem Jahre 1998 auch für Klöster, Bischofs- und Priesterresidenzen oder andere Immobilien von der Grundsteuer befreien.

So lehnte die im spanischen Parlament mit einer absoluten Mehrheit herrschende konservative Volkspartei bereits auch am vergangenen Mittwoch eine von der spanischen Linkspartei Izquierda Unida (IU) und der PSOE geforderte Erhebung der Immobiliengrundsteuer für die katholische Kirche ab.

Initiative als "heuchlerisch" abgetan
Die konservative Volkspartei tat die Initiative der Sozialisten als "heuchlerisch" ab, da sie in den vergangenen zwei Legislaturperioden unter dem sozialistischen Regierung von Ministerpräsidenten Jose Luis Rodriguez Zapatero trotz andersartiger Wahlversprechen selber nicht die Vatikan-Verträge modifizieren wollten.

Antonio Hernando, PSOE-Sekretär für institutionelle Beziehung, gesteht diesen "Fehler" ein, der bei vielen sozialistischen Wählern für Unmut gesorgt habe. Dennoch zwinge die aktuelle Wirtschaftslage mit einer Rekordarbeitslosenquote von 24 Prozent, hohen Zinsen für Staatsanleihen auf den internationalen Finanzmärkten und einem negativen Wirtschaftswachstum zum "Umdenken", so Hernando.

"Kirche soll sich selbst finanzieren"
So debattieren derzeit auch konservativ regierte Städte wie Leon, Zamora oder Valladolid über eine mögliche Erhebung der Immobiliengrundsteuer für die katholische Kirche. Spaniens Gemeinden versuchen im Zuge der notwendigen Schuldeneingrenzung alles Mögliche, um Kosten zu sparen oder Einnahmen zu erhöhen. Die Erhebung einer solchen Immobiliengrundsteuer könnte jedoch viele soziale Projekte der Kirche wie die Arbeit von Caritas gefährden, warnte bereits Kardinal Antonio Maria Rouco Varela, Vorsitzender der spanischen Bischofskonferenz, vor einer solchen Maßnahme.

Unterdessen fordern Spaniens Sozialisten von der Kirche, einen "Weg zur Selbstfinanzierung" zu finden. In diesem Zusammenhang beantragte die PSOE zusammen mit der Vereinigten Linken (IU) bereits in der vergangenen Woche, die Auszahlung der Kirchensteuer um 20 Prozent zu kürzen. Die konservative Volkspartei lehnte den Antrag zusammen mit den katalanischen Nationalisten der CIU sowie der neoliberalen UPyD-Partei jedoch ab.

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