"Keine Tabus"

Neues Budgetpaket soll zehn Milliarden Euro einbringen

Österreich
27.12.2011 17:00
SPÖ und ÖVP wollen bis Ende Februar ein zehn Milliarden Euro schweres Budgetpaket schnüren. Das bestätigten Bundeskanzler Werner Faymann und sein Vize Michael Spindelegger am Dienstag nach einer etwa einstündigen Unterredung im Kanzleramt. Keine Festlegung gibt es vorerst darauf, wie viel davon auf Einsparungen und wie viel auf neue Steuern entfallen soll. "Man darf da keine Tabus haben", betonte Faymann im Anschluss an das Gespräch.

Das Budgetpaket soll laut Spindelegger Ende Februar vom Ministerrat beschlossen werden. Insgesamt sollen bis 2016 - so weit reicht der im kommenden Jahr fällige Finanzrahmen - zehn Milliarden Euro lukriert werden. Das Defizit soll demnach in den kommenden fünf Jahren um jeweils rund zwei Milliarden Euro reduziert werden. Auf konkrete Maßnahmen wollte sich Spindelegger jedoch nicht festlegen.

Faymann verlangt im Gespräch mit der "Krone" jedenfalls wörtlich "Ruhe im Hühnerstall" und "mehr Ernsthaftigkeit in der Debatte". Der Kanzler legt, wie er nach einem Treffen mit Spindelegger am Dienstag sagte, "Wert auf Diskretion und Zurückhaltung, damit die nicht alle einander ständig irgendetwas ausrichten, bis überhaupt nichts mehr weitergeht".

Faymann: "Man darf da keine Tabus haben"
Zur Budgetsanierung vereinbarten Faymann und Spindelegger die Einsetzung von fünf Arbeitsgruppen. Eine davon wird auch mögliche neue oder höhere Steuern durchrechnen, wie Faymann sagte. Der Kritik an den einnahmenseitigen Vorschlägen hält Faymann entgegen: "Es ist doch so, dass nicht nur Steuern, sondern auch Einsparungen die Menschen betreffen."

Auf konkrete Inhalte will auch Faymann derzeit nicht eingehen. Die Details seien Aufgabe der Arbeitsgruppen, so der Bundeskanzler. Wenn man über die nächsten fünf Jahre ein Volumen von zwei Milliarden Euro pro Jahr erreichen wolle, dann werde entscheidend sein, "dass man alle möglichen und sinnhaften einnahmen- und ausgabenseitigen Vorschläge prüft". Die Arbeitsgruppen würden daher sämtliche auch von Interessensgruppen und Wissenschaftern auf den Tisch gelegten Vorschläge prüfen. "Man darf da keine Tabus haben", betonte der Bundeskanzler.

Bereits ab dem 5. Jänner erwartet der Bundeskanzler, dass er täglich die durchgerechneten Vorschläge erhält. Bis zum 15. Jänner will der Regierungschef alle Details so weit bewertet haben, um dann mit dem Koalitionspartner ÖVP in die abschließenden Verhandlungen eintreten zu können.

Häupl-Vorschlag stößt auf wenig ÖVP-Gegenliebe
Heikel an den Gesprächen ist unverändert, dass sich die ÖVP bei steuerlichen Maßnahmen tunlichst zurückhalten will, während die SPÖ auf höhere Vermögenssteuern setzt. Öl ins Feuer gegossen hatte über die Feiertage Wiens Bürgermeister Michael Häupl, der die Budgetkonsolidierung zu zwei Dritteln über die Steuerseite erledigen wollte. Spindelegger will hingegen die Steuerfrage zunächst zurückstellen und sich den Einsparungen widmen.

Die ÖVP möchte demnach je eine Milliarde Euro bei den staatlichen Förderungen sowie (mittelfristig) bei den ÖBB streichen. Die SPÖ will eine Reihe von Verwaltungsreformprojekten umsetzen, darunter die Zusammenlegung von Botschaften und Außenhandelsstellen sowie die Streichung von kleinen Bezirksgerichten.

Pensionssystem im Visier beider Parteien
Beide Regierungsparteien haben neuerlich auch das Pensionssystem im Visier: Die ÖVP strebt Einsparungen von rund 1,5 Milliarden Euro durch die Anhebung des tatsächlichen Pensionsantrittsalters (derzeit rund 58 Jahre) um vier Jahre an. Dazu sollen unter anderem die Frühpensionsabschläge angehoben werden. Die SPÖ will Frühpensionierungen bei Beamten zurückdrängen. Diskutiert wird auch eine Sonderabgabe für Pensionisten mit besonders hohen Bezügen (etwa Beamte, Nationalbanker und Alt-Politiker).

Vermögenssteuer könnte bis zu 1,5 Milliarden Euro bringen
Zusätzlich hatte die SPÖ eine Reihe von Steuererhöhungen bzw. neuen Steuern vorgeschlagen, darunter auch innerparteilich umstrittene wie die von Häupl abgelehnte Wiedereinführung der Erbschaftssteuer. Größter Brocken: Eine neue Vermögenssteuer auf privates Nettovermögen über einer Million Euro könnte bis zu 1,5 Milliarden Euro bringen. Die ÖVP zeigt sich diesbezüglich noch zurückhaltend. Mehrere führende VP-Politiker plädieren aber für eine Solidarabgabe der Spitzenverdiener.

Opposition kritisiert nachweihnachtlichen Spargifpel
Kritik am nachweihnachtlichen Spargipfel im Kanzleramt kommt von der Opposition. FP-Obmann Heinz-Christian Strache befürchtet ein "massives Belastungs- und Wohlstandsvernichtungspaket", BZÖ-Obmann Josef Bucher vermisst Reformideen. Grünen-Chefin Eva Glawischnig wiederum fordert ein "intelligentes Sparpaket" und "Tabuzonen", also Ausnahmen vom Sparkurs für Bildung und Klimaschutz.

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