Nach Sanktionen
Demonstranten im Iran stürmen britische Botschaft
Die aufgebrachten Protestierenden drangen auf das Grundstück der diplomatischen Vertretung vor, entfernten die britische Flagge und ersetzten sie durch eine iranische Fahne. Wie auf Fernsehbildern zu sehen war, warfen die Protestierenden zudem Fensterscheiben mit Steinen ein und zündeten britische und israelische Flaggen an. Die iranischen Sicherheitskräfte griffen nicht ein.
Erst eine halbe Stunde später waren Polizisten auf den Botschaftsmauern zu sehen, wie sie weitere Demonstranten davon abhielten, auf das Gelände vorzudringen. Nach und nach gelang es ihnen, die meisten Demonstranten aus dem Gelände zu vertreiben. Außerhalb der britischen Botschaft riefen hunderte Demonstranten "Tod für Großbritannien". Versuche, Mitarbeiter der Botschaft zu kontaktieren, blieben erfolglos.
Auch zweite diplomatische Einrichtung gestürmt
Wenig später stürmten nach Informationen der staatlichen iranischen Nachrichtenagentur IRNA rund 200 Angehörige der regierungstreuen Bassij-Miliz eine zweite diplomatische Einrichtung Großbritanniens im Norden Teherans. Laut IRNA sollen sich auf dem Gelände Gästehäuser für britische Diplomaten sowie deutsche, britische und französische Schulen befinden. Die Demonstranten hätten dort "vertrauliche Dokumente und Spionagedokumente beschlagnahmt", hieß es.
IRNA berichtete weiter, die Demonstranten würden dort Ausländer "beschützen", ohne weitere Angaben zu machen. Ein britischer Diplomat sagte, alle Briten, die sich auf dem Gelände befänden, seien in Sicherheit. Auch er konnte zunächst keine näheren Angaben zur dortigen Lage machen.
Parlament beschloss Ausweisung des Botschafters
Als Reaktion auf neue britische Sanktionen gegen den iranischen Energie- und Bankensektor hatte das Parlament in Teheran am Sonntag mit großer Mehrheit eine Einschränkung der diplomatischen Beziehungen zu London beschlossen. Insgesamt 179 der 206 anwesenden Abgeordneten stimmten einer Vorlage des außenpolitischen Ausschusses zu, die binnen zweier Wochen die Ausweisung des britischen Botschafters aus Teheran und die Abberufung des iranischen Botschafters aus London vorsieht.
Zudem sollen die "Wirtschafts- und Handelsbeziehungen auf ein Minimum" begrenzt werden. Der von der konservativen Geistlichkeit beherrschte Wächterrat segnete die Entscheidung am Montag ab.
Sanktionen gegen Teheran nach IAEO-Bericht
Großbritannien hatte vergangene Woche wegen des iranischen Atomprogramms den Druck auf die Führung in Teheran verschärft und die bereits bestehenden Sanktionen ausgeweitet. Britische Banken müssten ihre Geschäfte mit iranischen Instituten einstellen, teilte das Finanzministerium in London mit. Das betreffe auch die iranische Notenbank.
Ein Sprecher von Premierminister David Cameron erklärte, die Sanktionen seien mit den USA und Kanada abgestimmt. Die US-Regierung wollte noch am Abend ähnliche Schritte bekannt geben. Dabei sollte es vor allem um Maßnahmen gehen, um Teheran stärker vom internationalen Finanzsystem abzuschneiden.
Die Sanktionen wurden als Reaktion auf den jüngsten Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO), der erstmals "glaubwürdige Hinweise" auf eine militärische Dimension des iranischen Atomprogramms auflistet, gegen Teheran verhängt. Auch Frankreich hatte von der EU gefordert, Ölimporte aus dem Iran zu stoppen. Der Verzicht auf Öl-Einfuhren aus der Islamischen Republik solle gemeinsam mit den Partnern in der EU beschlossen und umgesetzt werden, erklärte das Außenministerium in Paris. Auch Deutschland hatte, einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" zufolge, diese Forderung unterstützt.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.