"Krone"-Interview

Peter Rapp: “Ich will mit 80 noch immer moderieren”

Adabei
19.11.2011 17:04
Ein Vierteljahrhundert lang war Peter Rapp das Gesicht der ORF-Weihnachts-Charity. Am Montag startet "Licht ins Dunkel" ohne ihn. Im großen "Krone"-Interview mit Conny Bischofberger spricht der Kultmoderator über Schmach, Nibelungentreue und seine 5.000 Facebook-Freunde.

Er betritt das "Krone"-Haus wie eine Bühne und erzählt sofort Anekdoten aus der Zeit, in der er hier ein kleiner Lokalreporter war. Peter Rapp zieht alle in seinen Bann. Bei krone.tv gibt er dem Kameramann Tipps, wie man das alles ins beste Licht rücken könnte. Schnell zupft er noch die blitzblaue Krawatte zurecht und fordert eine Tonprobe. Beim Blick auf seine Hose fällt ihm ein: "Die habe ich als Leiche in 'Schnell ermittelt' getragen." Dann geht das rote Licht an, und Peter Rapp ist in seinem Element.

Wenn Tarek Leitner am Montag den ersten Aktionstag für "Licht ins Dunkel" einläutet, fehlt das Gesicht zur Sendung. 25 Jahre lang hat Peter Rapp die Spendengala moderiert. Jetzt hat ihm der ORF die Rote Karte gezeigt. Er ging wortlos vom Platz. Doch Schmach und Kummer mag er nicht ausbreiten. Im Interview träumt er lieber von einem "geriatrischen Unterhaltungsformat". Sein Verhältnis zum ORF bezeichnet er als eine Art Ehe. Auch wenn man betrogen wurde, gehört man doch irgendwie zusammen.

"Krone": Herr Rapp, Sie waren mehr als ein Vierteljahrhundert lang "Mister Licht ins Dunkel". Warum hat man Ihnen dort das Licht abgedreht?
Peter Rapp: Da fragen S' den Falschen. Das muss man den ORF fragen, aus welchen Gründen die der Ansicht waren, ich wäre nicht mehr passend fürs Programm.

"Krone": Tut's weh?
Rapp: Das läuft bei mir auf zwei Gefühlsebenen ab. Die eine ist: "Licht ins Dunkel" soll im Vordergrund stehen und nicht die personelle Besetzung. Die andere: Hätte diese Entsorgung nicht stattgefunden, hätte ich vielleicht nie erfahren, für wie viele Menschen ich Teil ihres Lebens bin. Da ist eine Welle von Zuneigung gekommen, die tausendmal mehr zählt. Aus der Vulkanasche wachsen die schönsten Blumen, habe ich irgendwo gelesen. Ich habe jetzt riesige Rosengärten, das ist unheimlich beglückend.

"Krone": Beglückend? Entsorgt zu werden?
Rapp: Vielleicht war der Begriff falsch gewählt. Vor die Tür gesetzt, hinausgebeten, was auch immer. Egal, wie man es nennt, schön ist es jedenfalls nicht. Ich weiß es seit März, und der Schmerz, es nicht mehr weiter zu machen, hat sich in Grenzen gehalten. Die weitaus größere Trauer verspüre ich, wenn ich daran denke, dass in den letzten zehn Jahren am Küniglberg keiner mehr mit mir gesprochen hat. Das hat begonnen in der Ära Skolik, setzte sich fort beim Lorenz und auch beim Edgar Böhm. Der hat mir immer nur am Gang nachgerufen: "Mit dir müsste man eine Late-Night-Show machen!" Dann hat er mich doch einmal zu einem Gespräch gebeten und hat mir mitgeteilt, dass ich "Licht ins Dunkel" nicht mehr mache.

"Krone": Grübeln Sie nicht über das Warum?
Rapp: Ich bin Realist. Ich sage mir: So ist das. Ich bin keiner, der in der Vergangenheit lebt. Ich trage keinen Rucksack mit mir.

"Krone": Ist nicht zu befürchten, dass das Publikum heuer weniger spendet, weil es sich ärgert?
Rapp: Ich hoffe, dass es nicht so ist. Jede Zustimmung, die mich betrifft, finde ich großartig. Alles, was der Aktion schadet, finde ich nicht gut.

"Krone": Käme jetzt der Herr Wrabetz zur Tür herein ...
Rapp: Ich würde ihn freundlich grüßen. Ich habe so viele Generalintendanten erlebt, wenn ich deren Bilder an die Wand hänge, könnte ich einen Raum komplett zutäfeln damit.

"Krone": ... und würde sagen: "Es war ein Fehler, was wir gemacht haben. Kommen Sie wieder." Würden Sie's annehmen?
Rapp: Also so fantastisch wollen wir beide jetzt hier nicht sein.

"Krone": Sie haben über 5.000 Sendungen in Ihrem Leben moderiert.
Rapp: Ich habe es nie gezählt. Aber ich hatte eine Milliarde Zuschauer, und wenn Sie im Moment der Geburt jede Sekunde zu zählen beginnen, müssen Sie über 106 Jahre alt werden, um die Zahl eine Milliarde zu erreichen.

"Krone": Mit welchem Gefühl blicken Sie auf Ihre Karriere zurück?
Rapp: Das Fernsehen ist mehr mein Leben als alles andere. Ich lebe vor der Kamera. Da bin ich richtig glücklich.

"Krone": "Braves Schlachtross": Ist das für Sie ein Kompliment oder eine Beleidigung?
Rapp: Kompliment! Aber das größere Kompliment habe ich bei "Grissemann & Stermann" von den jungen Zusehern bekommen: coole alte Sau! Schlachtross ist aber auch in Ordnung. Alles, was darauf hindeutet, dass ich ein alter Routinier bin, ist mir willkommen. Diesen Rest von Eitelkeit hab ich mir bewahrt.

"Krone": Apropos Routinier: Warten Sie auf ein Angebot außerhalb des ORF?
Rapp: Reden wir jetzt vom Privatfernsehen? Ich würde lange darüber nachdenken. Weil ich ein überzeugter ORFler bin. Ich weiß gar nicht, ob irgendjemand so lange dort ist wie ich. Seit 1963 stehe ich vor der Kamera und hab' das Gefühl, alle anderen aus dieser Zeit sind schon in Pension oder tot.

"Krone": Servus TV vielleicht?
Rapp: Servus TV ist ein eminent g'scheiter Sender, und weil sie so seriös sind, haben die vielleicht noch nie bei mir angefragt (lacht).

"Krone": Würden Sie annehmen?
Rapp: Nur, wenn der ORF mich freigibt. Wenn mich der Herr Wrabetz und die Frau Zechner verleasen, herleihen, so wie Top-Fußballer von einem Verein zum nächsten gereicht werden, dann ja. Ich will meinen "Schrebergarten ORF" nicht verlassen, auf gar keinen Fall.

"Krone": Woher kommt diese Nibelungentreue?
Rapp: Ich halte mich für einen fast krankhaft dankbaren und loyalen Menschen. Ich verdanke dem ORF meine gesamte Karriere. Wie heißt es so schön? In guten wie in schlechten Zeiten. Das ist ja eine Form von Ehe, die ich da führe.

"Krone": Klingt jetzt fast kitschig.
Rapp: Ich brauche Kitsch in meinem Leben.

"Krone": "Wetten dass, ..?" sucht ja momentan auch einen Nachfolger, wäre das was für Sie?
Rapp: Es gibt für einen Moderator eine weniger auffällige Methode, einen medialen Suizid zu begehen! Würde man mir's anbieten, würde ich ähnlich wie der Hape Kerkeling ein paar Wochen in den Zeitungen stehen wollen, um dann "Nein" zu sagen.

"Krone": Wer ist denn Ihr Favorit?
Rapp: Gibt es keinen. Die Marke heißt "Wetten, dass ..? mit Thomas Gottschalk", und ich glaube, dass diese Sendeform mit ihm auch endet.

"Krone": Herr Rapp, in Ihrer Biografie nehmen Sie die Leser auf eine Berg- und Talfahrt mit. Ist Ihnen da beim Schreiben nicht auch manchmal schwindlig geworden?
Rapp: Nein, weil es so hübsch chaotisch ist, ich komme da vom Hundertsten ins Tausendste und wieder zurück.

"Krone": Sie beschreiben auch Ihr abenteuerliches Privatleben.
Rapp: Drei Ehen, Gott sei Dank nur ein Konkurs. Die Summe, die mit Schmatzen und Triefen kolportiert wurde, war übrigens falsch.

"Krone": 50 Millionen Schilling stimmen nicht?
Rapp: Aber wo. Nicht einmal die Hälfte stimmt. Aber verursacht ist verursacht, damit muss man leben.

"Krone": Haben Sie das einmal so psychotherapeutisch aufgearbeitet?
Rapp: Nein. Ich habe in meinem Buch nach Gründen gesucht. Ob das jetzt Prägung ist oder purer Leichtsinn – ich weiß es nicht. Aber ich habe es bereut und bereue es immer noch, weil Schulden zu machen und nicht zahlen zu können, ist nun einmal nicht lustig. Deshalb versuche ich zu beschreiben, wie es dazu gekommen ist und sage am Schluss: "Macht's es anders."

"Krone": Sind Sie jetzt davor gefeit, wieder in die Schuldenfalle zu tappen?
Rapp: Das ist, wie wenn Sie mich fragen: "Sind Sie davor gefeit, an der nächsten Kreerde ich wohlhabend oder der lustigste Insasse von Stein? Beides ist drin.

"Krone": Wie ist denn heute Ihr Verhältnis zu Geld?
Rapp: Über Geld will ich nicht philosophieren. Ist ja wohl nicht mein bestes Thema. Der Fritz Eckhardt hat einmal auf die Frage, wie viel er verdient, gesagt: "Fünfzig Prozent." Dann haben sie ihn gefragt: "Ja, aber von wie viel?" Hat er gesagt: "Hundert Prozent." Mehr möchte ich auch nicht sagen.

"Krone": Herr Rapp, wollten Sie eigentlich je mit dem Rauchen aufhören?
Rapp: Einmal. Zwei Monate lang hab ich nix geraucht. Aber da ist es mir nicht gutgegangen. Als ich mir dann die Erste wieder angeraucht habe, war alles wieder im Lot. Ich rauche seit meinem 16. Lebensjahr – furchtbar, furchtbar!

"Krone": Lunge, alles o.k.?
Rapp: Na ja, wenn ich Stiegen steige, atme ich kürzer. Aber das machen andere fast Siebzigjährige auch. Rund um mich herum sind so viele Nichtraucher an den seltsamsten Krankheiten gestorben. Das ist eine blöde Ausrede, aber sie scheint bei mir zu funktionieren. Seit es die EU-Verordnung mit dem Brandschutz gibt, muss man ja die Zigarette ständig in Gang halten, ständig ziehen! Ich glaube, das richtet volksgesundheitlich mehr Unheil an als die paar Menschen, die unglücklicherweise im Bett verbrannt sind.

"Krone": Als Kind mussten Sie Tschick-Arritieren. Wie muss man sich das vorstellen?
Rapp: Ja, das war damals eigentlich unter Straßenbuben ein üblicher Sport. Wir sind zur nächsten Haltestelle gelaufen, wo die Menschen plötzlich einsteigen mussten und ihre Zigaretten auf den Boden geworfen haben. Die haben wir gesammelt und danach mit einer Rasierklinge alles Schwarze weggetrennt, den Tabak genommen, alles gesammelt auf einem Häufchen. Das hat man dann in so ein Gerät hineingestreut und von dort in eine Hülse gestopft. Ich hab' das für meinen Vater gemacht.

"Krone": Wurde damals der Grundstein für den Kettenraucher Rapp gelegt?
Rapp: Mein Vater hat mich immer gebeten, für ihn Zigaretten anzurauchen. Aber wirklich entscheidend war der Befehl beim Militär. Rauchpause! Da bist du dir deppert vorgekommen, wenn'st nicht geraucht hast. Befehl ist Befehl! (zieht die Brauen hoch) Vorher war ich ja ein hoch aktiver Sportler. Ich habe Basketball gespielt, Handball gespielt, ich habe sogar Kurzstreckenläufe und Medaillen gewonnen. Seit ich rauche, habe ich nur noch einen Sport, das ist Husten nach dem Aufstehen.

"Krone": Wo sehen Sie sich mit 80?
Rapp: Im Fernsehen. Solange ich noch ohne Hilfe zu dem komischen Millionenradl raufkomme oder in die "Brieflos-Show", will ich das weitermachen. So wie George Burns. Ein amerikanischer Komiker, der mit über 80 noch gearbeitet hat. Dem haben zwei hübsche Assistentinnen auf einen Barhocker geholfen, dort oben hat er brilliert und ist nachher nicht mehr alleine herunter gekommen. Der ist für mich ein Vorbild.

"Krone": Im Ernst?
Rapp: Ja, wenn das Hirn mitspielt, biete ich dann eine durchaus geriatrische Unterhaltung, die aber von allen Altersklassen akzeptiert wird.

"Krone": Werden Sie immer noch Bart tragen, mit 80? Muss ja auch gepflegt werden.
Rapp: Wenn ich den runternehme, gibt’s eine größere Aufregung, als wenn ich "Licht ins Dunkel" nicht mehr mache.

"Krone": Es heißt ja, Männer mit Bart haben etwas zu verstecken. Was könnte es bei Ihnen zum Beispiel sein?
Rapp: Das G'sicht (lacht). Hat mir übrigens einer auf Facebook geschrieben: Ist gut, dass Sie nicht mehr "Licht ins Dunkel" machen. Ich konnte Ihr G'fries schon nicht mehr sehen. Ich hab' zurückgeschrieben: So geht es mir jeden Morgen, wenn ich in den Spiegel schaue.

"Krone": Sie schreiben Ihren Fans wirklich selber zurück?
Rapp: Sicher. Nach der Sendung bei Grissemann und Stermann ist mein Account über Nacht um 1.000 neue Freunde angewachsen, alle unter 30! Ich hatte etwa 3.000 sehr schmeichelhafte Nachrichten. Die habe ich dann alle durchgearbeitet, das war viel Arbeit.

"Krone": Also Rapp wird jetzt langsam kultig?
Rapp: Ist das nicht toll, wenn man zu Lebzeiten Kult wird? Ich wollte nie ein Denkmal werden, weil dem scheißen die Tauben am Schädel.

Auf seiner Facebook-Seite hält Peter Rapp seine Fans über die derzeitigen Ereignisse auf dem Laufenden, außerdem kämpft die Facebook-Gruppe "Licht ins Dunkel ohne Peter Rapp - Nein, Danke" für seine Rückkehr.

In der Infobox kannst du abstimmen: Willst du Peter Rapp weiterhin bei "Licht ins Dunkel" sehen?

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(Bild: kmm)



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