„Verfassung ändern“

Van der Bellen besucht EU-Aspirant Nordmazedonien

Politik
29.03.2023 13:10

Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat bei einem Besuch in Nordmazedonien für weitere Anstrengungen im EU-Beitrittsprozess geworben. Damit der Erweiterungsprozess fortschreiten könne, sei „jetzt ein sichtbares Zeichen“ in Form der mit Bulgarien vereinbarten Verfassungsänderung notwendig, sagte Van der Bellen bei einem Treffen mit Präsident Stevo Pendarovski in Skopje. Nordmazedonien sei „auf dem richtigen Weg“ und Österreich werde das Land dabei voll unterstützen.

Pendarovski zeigte sich zuversichtlich, dass die Verfassungsänderung in den kommenden Monaten umgesetzt werde. In Bezug auf Sorgen im Land, dass nach der Erfüllung der geforderten Reform im EU-Beitrittsprozess weitere Bedingungen von Bulgarien oder einem andere EU-Mitgliedstaat gestellt werden könnten, sagte er: „ Die EU darf nicht zulassen, dass weitere Fragen von Mitgliedstaaten problematisiert werden und dadurch unsere Annäherung blockiert wird.“ Die Glaubwürdigkeit der Europäischen Union stehe dabei auf dem Spiel.

„Umgang mit Minderheiten oft heikel“
Österreich wisse aus eigener Erfahrung, „dass der Umgang mit nationalen Minderheiten oft politisch heikel ist und für Spannungen sorgen kann“, zeigte sich der Bundespräsident bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Penadarovski verständnisvoll. Die um sich greifende Frustration über schwierigen Weg des Landes Richtung EU sei verständlich. „Aber verlieren Sie das Ziel nicht aus den Augen“, mahnte Van der Bellen. Es sei wichtig, „jetzt nach vorne zu sehen - und nicht, wie manche, zurück - in eine gemeinsame europäische Zukunft.“

Die Verfassungsänderung zur Anerkennung der bulgarischen Minderheit im Land ist eine von Bulgarien durch eine Blockade erzwungene Voraussetzung für Fortschritte Nordmazedoniens im EU-Beitrittsprozess. Bisher fehlt der von den Sozialdemokraten (SDSM) geführten Regierung in Skopje jedoch die dafür notwendige Zweidrittel-Mehrheit im Parlament. Die nationalkonservative Oppositionspartei VMRO-DPMNE lehnt die Änderung ab und verlangt vorgezogene Neuwahlen. Im kommenden Jahr stehen turnusgemäß Parlamentswahlen an.

„Region noch rascher an EU binden“
Angesichts der geopolitischen Lage sei es „gerade jetzt besonders wichtig, die Länder der Region noch rascher eng an die EU anzubinden“, sagte Van der Bellen und begrüßte es, dass sich Nordmazedonien den Russland-Sanktionen der EU angeschlossen hat. Der Bundespräsident lobte auch die „wichtige Rolle“ des Landes für den weiteren Ausbau der regionalen Zusammenarbeit, wie bei den Verhandlungen zur Normalisierung der Beziehungen zwischen dem Kosovo und Serbien.

Die bilateralen Beziehungen zwischen Österreich und Nordmazedonien lobte Van der Bellen als „exzellent“. Auch die wirtschaftlichen Kontakte seien „ausgezeichnet“, so der Bundespräsident und verwies darauf, dass Österreich bei den Auslandsinvestitionen in Nordmazedonien an erster Stelle liegt. „Aber auch das kann man natürlich immer noch weiter ausbauen“, sagte Van der Bellen, der mit einer Wirtschaftsdelegation von rund 25 heimischen Unternehmen angereist war.

Neues Abkommen im Justizbereich
Begleitet wurde Van der Bellen bei seinem Besuch auch von Justizministerin Alma Zadić (Grüne), die bei der Gelegenheit mit ihrem Amtskollegen Krenar Lloga eine Erklärung zur verstärkten Zusammenarbeit im Justizbereich unterzeichnete. Eine ähnliche Vereinbarung zur Kooperation bei der Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit hatte sie am Montag bereits mit Albanien unterzeichnet.

Nach dem Treffen bei Pendarovski war am Mittwoch außerdem ein Gespräch des Bundespräsidenten mit Regierungschef Dimitar Kovačevski und eine Rede des Van der Bellens im Parlament geplant.

EU-Annäherung stockt seit Jahrzehnten
Die EU-Annäherung Nordmazedoniens stockt seit fast zwei Jahrzehnten aufgrund von Blockaden durch EU-Mitgliedstaaten. Das Balkanland ist bereits seit 2005 EU-Beitrittskandidat. Jedoch blockierte zunächst Griechenland jahrelang eine Annäherung wegen eines Streit über den Staatsnamen. Um diesen beizulegen änderte das frühere Mazedonien 2019 sogar seinen Staatsnamen.

Nachdem auch Bedenken anderer EU-Staaten wie von Frankreich und den Niederlanden ausgeräumt waren, legte sich jedoch Bulgarien wegen eines Konflikts unter anderem um die Geschichtsdeutung im Nachbarland quer. Eine Vereinbarung im vergangenen Jahr ermöglichte im Juli endlich die offizielle Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der EU. Bedingung für die Eröffnung konkreter Beitrittskapitel ist nun noch die Anerkennung der bulgarischen Minderheit in der nordmazedonischen Verfassung.

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