Stadthallen-Doppelgig

Robbie Williams: Der Pop-König von Österreich

Musik
17.03.2023 01:27

Donnerstagabend spielte Robbie Williams die erste seiner zwei riesengroßen Wien-Shows vor 15.000 Fans in der Stadthalle. In zahlreichen Top-Hits und berührenden Geschichten erinnerte an die Höhen und Tiefen seines Lebens. Eine für alle Anwesenden gleichermaßen emotionale wie spannende Angelegenheit. Heute gehts an selber Stelle weiter, am 22. Juli spielt er bei der Burg Hochosterwitz in Kärnten.

(Bild: kmm)

Robbie Williams und Österreich - hier herrscht eine ganz besondere Liebesbeziehung. Unvergessliche Konzerte wie 2013 in der Wiener Krieau oder 2017 im Ernst-Happel-Stadion, private Seilschaften zur Glock-Familie nach Kärnten oder die unbändige Zuneigung zwischen dem Künstler und seinen Fans beweisen seit vielen Jahren, dass diese Bande tatsächlich so stark ist, wie es Künstler ihrem Publikum für gewöhnlich nur weismachen wollen. Im Zuge seiner „XXV“-Jubiläumstour für 25 Jahre als Solokünstler füllt Robbie die Stadthalle gleich zweimal. Das ergibt summa summarum stolze 30.000 verkaufte Tickets und würde auch schon fast wieder für einen Stadionauftritt reichen.

Mit 49 Jahren ist Williams nach jahrelangen Skandalen, Drogenabstürzen und künstlerischen Durchhängern angekommen. „Ich bin so glücklich wie noch nie zuvor in meinem Leben“, erzählt er gegen Ende der Show sichtlich ergriffen - zu diesem Zeitpunkt wurden die Fans bereits Zeuge seiner einzigartigen Lebensgeschichte.

Nur nicht zu freundlich
Anstatt einfach nur Hit um Hit herunter zu spulen, hat sich Robbie für diese Tour etwas Besonderes einfallen lassen. Er erzählt wahlweise in Form von Songs oder Geschichten seine aufregende Karriere nach, die 1992 mit der Boyband Take That so richtig in Fahrt kam und später zum unweigerlichen Ende führte, bis er mit einer Mischung aus Unterhaltungstalent, Liebe zur Performance und dem Gespür für eingängige Songs jahrelang zum größten Solo-Popstar Europas emporstieg - nur der Durchbruch in den USA war ihm nie vergönnt.

Dieses gescheiterte Kapitel in seiner Karriere kommentiert er dieses Mal nicht, dafür changiert er geschickt zwischen flegelhaftem Lausbuben und emotionalem Geläuterten. Einerseits umarmt er seine Fans, holt sie von weit entfernten Sitzplätzen in den vordersten Bereich oder geht mit ihnen auf Tuchfühlung. Andererseits zeigt er ihnen neckisch die kalte Schulter, ertappt sie bei Toilettengang oder bei Unwissen auf die Nachfrage, ob ihnen noch das allererste Video von Take That geläufig sei. Zuckerbrot und Peitsche, oder wie wir gerne sagen: koit-woam.

Fans wissen freilich, ihr Robbie meint es nicht böse. Vor allem in der ersten Konzerthälfte sitzt ihm der Schalk im Nacken, während das Niveau oft Richtung Keller wandert. Auf seinem Fußballdress ist ein Penis eingestickt, Erinnerungen an und Witze über sein primäres Geschlechtsteil oder die Präsentation seines Hinterns nehmen einen fast so großen Teil der Show ein wie die souverän heruntergespielten ersten Songs „Let Me Entertain You“, „Monsoon“ oder „Strong“.

Schon früh im Set drückt er auf die richtigen Knöpfe und fragt nonchalant: „Österreich, seid ihr lauter als Deutschland?“ Das Grölen aus den Kehlen der rund 15.000 Anwesenden hat man wohl noch im fernen Floridsdorf vernommen und findige Instagram-Beobachter des Williams’schen Familientreibens dürften ihm dabei auch verziehen haben, dass er noch wenige Stunden davor eine nicht näher definierte Sauce über sein goldbraun heraus gebackenes Wiener Schnitzel goss. Ein Sakrileg! Aber auch der stichhaltige Beweis dafür, dass Robbie die österreichische Volksseele noch nicht einmal in ihrem Heiligsten verletzen kann.

Take That und David Alaba
Als Unterhalter im Champions-League-Format weiß der Brite natürlich ganz genau, wie er sich auf so einen Abend vorbereitet. Bloße Liebesbekundungen an Wien und Österreich („Ihr seid das beste Land für mich. Hier kann ich sein, wie ich wirklich bin. Ihr behandelt mich immer wie einen König und das weiß ich sehr zu schätzen“) reichen dabei nicht aus, es muss schon ein bisschen tiefer gehen.

Als er sich an die frühen Take-That-Tage zurückerinnert, zählt er wichtige Marksteine des Jahres 1992 auf. Neben dem Referendum von Südafrika rund um Nelson Mandela kam da auch die Geburt des „besten österreichischen Fußballers, David Alaba“ zur Sprache. Zwischen den langgezogenen Geschichten immer wieder große Hits. „Love My Life“ widmet er Ehefrau Ayda und den vier Kindern, „Eternity“ ist eine Hommage an seine gute Freundin Geri Halliwell, die ihm einst aus der Drogenhölle half und bei „Candy“ wird im zuckerbunten Partysetting einfach drauflos gefeiert.

Je weiter der Abend vorrückt, umso mehr wird das Event zur Therapiestunde. Williams parliert über seinen Rauswurf bei der Boyband, sinniert über die vielen Jahren zwischen Verunsicherung, Depression und Isolation, die er mit Drogen betäuben wollte, und geht offen mit seinem hart erarbeiteten Bad-Boy-Image um. Ein besonders gelungener Schlüsselmoment: Robbie covert den Oasis-Klassiker „Don’t Look Back In Anger“ und erinnert sich zurück, dass er beim Glastonbury Festival 1995 mit den Gallagher-Brüdern feierte, um das Take-That-Ende zu verarbeiten.

Der Seelenstriptease ist emotional und offen und wirkt zu keiner Zeit gekünstelt. Rund 70 Mal sei er in seinem Leben in Therapie gewesen, seit 23 Jahren habe er keinen Tropfen Alkohol mehr angerührt. Seine Familie betrachtet er als Lebensretter und das Schicksal habe ein Happy End für ihn vorbereitet.

Entertainment der alten Schule
Das Publikum ist zu einem großen Teil mit seinem Liebling gealtert, hat die Achterbahnfahrt einer echten Rock’n’Roll-Karriere leibhaftig miterlebt. Dementsprechend intensiv ist der gegenseitige Austausch, der sich besonders in flotten Songs wie „Kids“ oder „Rock DJ“ entlädt, wo die Party spät noch einmal richtig Fahrt aufnimmt. Seine siebenköpfige Band, drei Background-Sängerinnen und sechs Tänzerinnen unterstützen die Show vor einer riesigen Videowall, die bei ein paar Liedern eingebauten Streicher lässt er vom Band kommen. Dieses Ensemble war für eine ganze Europa-Tour dann doch nicht im Budget verankert.

Robbies „XXV“-Tour ist vor allem auch ein Triumphzug des alten Entertainments. Während viele junge Pop-Künstler musikalisch reüssieren, fehlen ihnen oft Charisma, der Mut zu Extrovertiertem oder ein frecher Schmäh. All das vereint Robbie auch im gereiften Lebensabschnitt mühelos. Auf der Bühne kommt der ungezügelte Bengel frei. Eine Wohltat in einer Welt der zunehmenden Gleichschaltung und politischen Korrektheit.

Nachschlag in Wien und Kärnten
Heute gibt es noch einen Nachschlag mit Robbie in der Wiener Stadthalle. Wer ganz schnell ist, kann eine der ganz wenigen Einzelrestkarten ergattern. Alle anderen und auch all jene, die nicht genug von ihm kriegen können, haben im Sommer noch eine Chance. Am 22. Juli spielt Robbie ein Open-Air auf der Burg Hochosterwitz in Kärnten. Karten dafür gibt es unter www.oeticket.com.

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