Werden nicht entsorgt

Brückenbauer als Schlossherr der Liebenden

Christian Bachtrod, Hüter von Wiens Liebesschlössern.

(Bild: Jöchl Martin)

Romantische Orte gibt es einige in Wien. Einer davon ist eine Werkshalle der MA 29 hinter einem Mistplatz: Dort werden alle Liebesschlösser der Wiener Brücken samt ihren Geschichten bewahrt.

Christian Bachtrod ist Techniker durch und durch: Er weiß alles über korrodierende Metalle, statische Belastungen und Inspektionsintervalle, schließlich ist er als Werkmeister in der MA 29 (Brückenbau) Experte. Und dann gibt es da noch etwas, nämlich viele Kisten, Tonnen und Schachteln, randvoll mit Vorhängeschlössern, die Verliebte irgendwann an eine Wiener Brücke gehängt haben.

In fast allen Metropolen der Welt gelten die Schlösser als Ärgernis, wenn nicht gar als Vandalismus - samt Strafe, wenn man beim Aufhängen erwischt wird.

Wiener Weg in Sachen Liebesschlösser
In Wien „montieren wir die Schlösser nur bei Sicherheitsbedenken ab oder wenn zum Beispiel ein Geländer saniert wird“, erklärt Bachtrod dagegen in fast entschuldigendem Tonfall den „Wiener Weg“ in Sachen Liebesschlösser.

Die Liebesschlösser werden aufgehoben.

(Bild: Jöchl Martin)

Besondere Geschichten
Dass alle abmontierten Schlösser bei ihm landen, liegt am 8. Juni 2014. Damals brach in Paris das Geländer der Fußgängerbrücke vor dem Louvre unter dem Gewicht der Schlösser zusammen. Die MA 29 inspizierte daraufhin zur Sicherheit alle Wiener Brücken und ein paar Schlösser mussten weichen. Bachtrod wollte sie nur kurz aufbewahren, falls sich danach enttäuschte Liebende melden sollten. Ab da nahm alles seinen Lauf.Romantisch, ganz ohne VeranlagungImmer wieder landen seither Menschen auf der Suche nach ihrem Schloss bei Bachtrod. Die Geschichte einer jungen Witwe, deren Mann noch vor dem ersten Hochzeitstag gestorben war, ist nur eine von vielen.

„Nicht romantisch veranlagt“
Für solche Anekdoten sei er aber der Falsche, meint Bachtrod, er sei ja nicht so romantisch veranlagt. Aber hat die Frau ihr Schloss gefunden? Sie habe jedenfalls eines mitgenommen, so Bachtrod. Nachdenklicher Nachsatz: „Hauptsache, sie kann daran glauben, dass es ihres ist.“ Wiens Liebesschlösser sind offenbar in den richtigen Händen.