Das ist starker Tobak: Seit dem Beginn im Jahr 1995 gab es in der Steiermark noch nie so viele Privatkonkurse wie 2022. Und auch die Firmenpleiten halten sich auf Rekorniveau - heuer soll es vor allem in einer Branche kräftig rascheln . . .
In der Steiermark haben die eröffneten Privatinsolvenzen im Jahr 2022 um 20,44 % von 871 auf 1049 Schuldenregulierungsverfahren zugenommen - ein Rekordwert seit Einführung der Privatkonkurse im Jahr 1995.
Eklatant ist dabei die unterschiedliche Durchschnittsverschuldung bei Männern von 166.900 Euro gegenüber jener bei Frauen von 76.000 Euro. Logischer Schluss: Etwa zwei Drittel der Verfahren (62,73 %) betreffen Männer.
Betroffene werden jünger
Franz Blantz, Leiter der steirischen AKV-Geschäftsstelle, verweist noch auf ein weiteres Detail: „Besorgniserregend ist, dass im Jahr 2022 in der Steiermark über das Vermögen von 14 Personen Schuldenregulierungsverfahren eröffnet wurden, die jünger als 24 Jahre waren und deren Durchschnittsverschuldung 54.500 Euro betragen hat.“
In der Steiermark werden aktuell durchschnittlich 20 Privatkonkurse wöchentlich eröffnet
Franz Blantz, AKV
Nord-Süd-Gefälle
In einer Analyse nach Bezirken zeigt sich, dass proportional zur Bevölkerung der Bezirk Bruck-Mürzzuschlag mit 126 Privatinsolvenzen pro 100.000 Einwohner am stärksten betroffen ist, gefolgt von Leibnitz mit 123 Verfahren pro 100.000 Einwohner.
Die eröffneten Firmeninsolvenzen haben 2022 in der Steiermark um ca. 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr zugenommen. Bereits für die Jahre 2020 und 2021 hat der AKV aufgezeigt, dass während der Pandemie im Vertrauen auf staatliche Stützungsmaßnahmen eine drastische Verlagerung der Insolvenzeröffnungen von Eigen- zu Gläubigeranträgen feststellbar ist.
Die Bereitschaft der Unternehmungen ihre Zahlungsunfähigkeit einzugestehen hat abgenommen
Franz Blantz
„Für das Jahr 2022 ist daher ebenfalls charakteristisch, dass annähernd drei Fünftel der Insolvenzeröffnungen nicht auf Initiative des schuldnerischen Unternehmens, sondern über Antrag von Gläubigern erfolgten“, weiß Blantz.
Graz an erster Stelle
Die meisten Insolvenzverfahren wurden über Firmen aus dem Bezirk Graz Stadt (119), gefolgt von Graz Umgebung (50) eröffnet.
Eine weitere bedenkliche Entwicklung ist laut Experten im Bereich der Insolvenzabweisungen mangels Masse feststellbar. „Diese haben sich von 104 auf 178 Fälle drastisch erhöht (+ 71,15 %)“, hießt es in einer Aussendung vom Dienstag. In diesen Fällen ist nicht einmal ein Vermögen von 4000 Euro zur Deckung der Verfahrenskosten vorhanden.
Coronahilfen trotz Einbahnstraße
Diese Entwicklung würde dokumentieren, dass während der Pandemie zahlreiche Unternehmen trotz bereits vorliegender Vermögenslosigkeit die staatlichen Stundungen in Anspruch genommen haben und sich dies demnach erst jetzt in den Verfahrenszahlen niederschlägt.
Blantz: „Hervorzuheben ist, dass sich durch die staatlichen Corona-Unterstützungsmaßnahmen ein Rückstau von mehr als 2000 Firmeninsolvenzen österreichweit und in der Steiermark von ca. 300 Firmeninsolvenzen seit dem Jahr 2020 aufgebaut hat.“
Die inflationäre Entwicklung, verbunden mit den gestiegenen Energie- und Produktionskosten, hat zuletzt auch größere Unternehmungen gezwungen, einen Eigenantrag auf Insolvenzeröffnung zu stellen. Die Branche mit den zahlenmäßig meisten Insolvenzeröffnungen war die Baubranche (83), gefolgt von der Gastronomie (63) und vom Handel (53).
Knick in der Immobilienbranche
Die neuen Kreditrichtlinien und eine damit verbundene „Kreditklemme" werden laut Prognosen künftig verstärkt am Immobilien- und Finanzdienstleistungssektor Insolvenzen auslösen.
So verzeichnen Bauträger nicht nur rückläufige Verkäufe, sondern vereinbarte Pauschalpreise verhindern oft die Weitergabe der gestiegenen Preise und eine Weiterfinanzierung begonnener Projekte.
Detaillierte Statistiken finden Sie hier.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.