Andreas Graf aus dem burgenländischen Rohrbach fotografiert ehrenamtlich Sternenkinder. Mit ästhetischen Aufnahmen schenkt er betroffenen Eltern eine bleibende Erinnerung an jene Kinder, die viel zu früh verstorben sind.
Hauptberuflich arbeitet Andreas Graf als Techniker beim Fernsehen. Doch der 45-jährige mit dem Irokesenschnitt und dem pink gefärbten Schopf hat auch noch eine andere verantwortungsvolle Aufgabe: Er fotografiert ehrenamtlich Sternenkinder. So nennt man Babys, die entweder schon im Mutterleib sterben und tot geboren werden oder kurz nach der Entbindung aus der Welt scheiden.
Ehrenamtliche Arbeit
„Begonnen hat alles vor vier Jahren, als eine Freundin am Heiligen Abend ihr Baby verlor. Es starb nur drei Tage nach der Geburt, obwohl die Schwangerschaft problemlos verlaufen war. Das einzige Andenken, das ihr von ihrem Kind blieb, sind 15 Handyfotos, die eine Krankenschwester noch schnell geschossen hatte“, sagt der zweifache Vater.
Als er kurz nach diesem Vorfall über einen Artikel über Sternenkinder stolperte, war er so ergriffen, dass er beschloss, sich in den Dienst der guten Sache zu stellen und bei der Plattform www.dein-sternenkind.eu anzuheuern. Seither fotografiert er Sternchen im Burgenland, Wien und Graz. Verständigt wird er über eine spezielle App. Sie leitet den Alarm, den betroffene Eltern, Ärzte oder Hebammen absetzen können, an die ehrenamtlichen Fotografen weiter.
Enormes Feingefühl
Manche Einsätze dauern Minuten, andere Stunden. Doch egal wie anspruchsvoll sie sind, immerzu lässt sich Graf empathisch auf die emotionalen Ausnahmesituationen ein: „Manche Mütter und Väter herzen ihr Sternenkind so zärtlich, als würde es noch leben. Andere wirken komplett apathisch und würdigen ihr totes Kind keines Blickes. Das passiert meist dann, wenn es Missbildungen aufweist.“
In solchen Fällen tastet sich Graf noch behutsamer heran und versucht den Eltern ihre Berührungsängste zu nehmen, indem er das kleine Bündel fürsorglich in eine Umschlagdecke bettet und seine Schönheit, die trotz allem vorhanden sei, betont. So wird auch für Eltern eine Annährung möglich.
Bisher hatte Graf 35 Sternenkinder vor der Linse. Das jüngste starb in der 14. Schwangerschaftswoche und wog 30 Gramm - also so viel wie ein halber Pfirsich. Mit einem Makro-Objektiv gelang es ihm, ästhetische Aufnahmen von den winzigen Händchen, Füßchen und Öhrchen des Fötus zu machen.
Eltern, die in einem so frühen Stadium ihr Kind verlieren, trauern anders, weil die emotionale Bindung meist noch nicht so stark ist. Kommt ein Baby im letzten Trimester tot zur Welt oder verstirbt unmittelbar nach der Geburt, ist der Schock viel größer. Das eingerichtete Kinderzimmer bleibt dann nämlich leer
Sternenkinderfotograf Andreas Graf
Berührende Erfahrung
Im Vorjahr war Graf sogar bei einer Kaiserschnittgeburt dabei. Die Eltern des kleinen Josephs wünschten sich Bilder, die ihn auch lebend zeigen. Es war ein Wettlauf gegen die Zeit, denn keine 30 Minuten später hörte sein Herz zu schlagen auf.
Grafs bisher schwierigster Auftrag war aber sein dritter Einsatz. Die Kleine, die ihm noch heute die Tränen in die Augen treibt, hieß Mia und war ein Siebenmonatsfrühchen. Elf Tage nach der Geburt ließen die Eltern auf Anraten der Ärzte ihre Beatmungsmaschine abschalten, während Mias Zwillingschwester Mona im Brutkasten nebenan lag und ums Überleben kämpfte: „Niemals werde ich die Stimmung vergessen, die in diesem Raum herrschte. Da war so viel Liebe und Frieden, dass es mich weggeweht hat. Sogar daheim habe ich noch stundenlang geheult.“
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