GUTEN MORGEN

Fallen gelassen | Fall Kickl

„Medien sind angehalten . . . über Selbsttötungen nur in absoluten Ausnahmefällen zu berichten“, schrieb kürzlich Ralf Wiegand von der „Süddeutschen Zeitung“. Und stellte klar: „Der Fall Kellermayr ist ein solcher.“ Der österreichische Presserat verlangt „große Zurückhaltung“ bei der Berichterstattung über Suizide und Suizidversuche. Abzuwägen sei, „ob ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht“, heißt es. Wie beim Fall der oberösterreichischen Ärztin Kellermayr: Man kann ihn nicht totschweigen. Genauso wenig wie einen neuen Fall, der am Sonntag publik wurde: Hans-Jörg Jenewein, Ex-Nationalratsabgeordneter der FPÖ und bis vor wenigen Tagen rechte Hand und „Mann fürs Grobe“ an der Seite von Parteichef Herbert Kickl, soll in der Nacht auf Sonntag versucht haben, sich das Leben zu nehmen. Ein Suizidversuch, über den zu berichten ist, weil er einen hochpolitischen Hintergrund hat. Jenewein war in den vergangenen Tagen Thema geworden, seit bekannt ist, dass auf seinem vor einem Jahr bei einer Razzia beschlagnahmten Handy der Entwurf einer anonymen Anzeige gegen mehrere Granden und Ex-Granden der Blauen gefunden worden war - wegen angeblichen Missbrauchs von Fördermitteln. Jenewein trat umgehend aus der Partei aus, dienstrechtliche Konsequenzen der FPÖ gegen den Parteiangestellten Jenewein wurden eingeleitet, der dreifache Vater beurlaubt. Doch weder in- noch außerhalb der Partei will man so recht glauben, dass Parteichef Herbert Kickl nichts von Jeneweins anonymer Anzeige gewusst hatte. Vielmehr vermuten manche, Kickl selbst stünde hinter dieser parteiinternen Intrige - habe aber Jenewein nun blitzartig fallen gelassen, um seinen eigenen Kopf zu retten.   

Fall Kickl. „Treue und Verrat, Kampf und Ehre - das sind die großen Lebensthemen bei den Burschenschaftern, die seit jeher den Ton bei der FPÖ angeben“, schreibt heute Claus Pándi in der „Krone“-Kolumne „Thema des Tages“ in Zusammenhang mit dem Fall Jenewein, der zum Fall Kickl werden könnte. Diese Burschenschafter-Ideale brächten die Anhänger oft auch in Konflikt mit den eigenen Kameraden. FPÖ-Chef Herbert Kickl habe sich da leicht getan, weil er kein Burschenschafter ist. Und so fremdelt er, wie Pándi schreibt, „im rechtskonservativen Milieu der Burschenschafter, die ihm immer schon misstrauten“. Und er meint: „Aus der hermetisch ziemlich abgeschlossenen blauen Blase dringen selten Indiskretionen. Doch durch die holprig gelaufene Suche nach einem Präsidentschaftskandidaten und üblen Geschichten rund um ein beschlagnahmtes Handy bekam das freiheitliche System grobe Risse. Die Anzeichen, dass der Aufstieg von Herbert Kickl dem Ende zugeht, mehren sich.“ Das wünschen sich nicht wenige - nun wird Kickl sein ganzes strategisches Geschick in die Waagschale werfen müssen. Vielleicht sollte er es auch einmal mit Menschlichkeit probieren.

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