Pussy Riot haben in ihrer aktuellen Ensemble-Manifestation, angeführt von Marija Wladimirowna Aljochina, ihre Performance „Riot Days“ am Sonntag in die „Alte Gerberei“ nach St. Johann (Tirol) gebracht. Das Kollektiv griff zu multimedialen Mitteln, harten Beats und Spoken-Word-Erzählungen.
Der Anspruch des rund 60-minütigen Happenings ging nicht nur aufgrund des Durchkomponiert-Seins des Bild-Ton-Verhältnisses über ein konventionelles Konzert hinaus. Aufgrund der dramatischen Geschichte, vor allem der von Aljochina, waren fiktive Elemente und die spielerische Leichtigkeit des Sinn-Suchens in Narration und Darstellung weitestgehend ausgeblendet.
Der letzte Sinn war nämlich stets festgezurrt: Scharfe Kritik an Putin und dem mit ihm einhergehendem kriegerisch-verbrecherischem Regime. Entlang dieses roten Fadens wurde schließlich in mehrere Kapitel unterteilt vorrangig die Lebens-, Leidens- und Fluchtgeschichte der Pussy-Riot-Frontfrau aufgerollt, theoretisch unterfüttert mit feministischen Parolen und Freiheitswunschbekundungen.
Wuchtig und einnehmende Inszenierung
Daran, dass Teile der Erzählung womöglich fiktiv sein oder künstlerische Freiheiten eine Rolle spielen könnten, verschwendete man als Zuschauer bei dem Dargebotenen keine Zeit. Dazu war auch die Performance, deren künstlerische Mittel allesamt und kompromisslos in die Inszenierung einer nicht hinterfragbaren Wahrheit flossen, zu laut, zu wuchtig und deutlich zu einnehmend.
Infernalische Schreie und Körpereinsatz
Das Bühnenquartett, bestehend aus Aljochina, Diana Burkot, Olga Borisova und Anton Ponomarev, ließ brachiale elektronische Sounds auf wüste Saxofon-Einsprengsel und zum Teil markerschütternde Schreie prallen, die die Hölle auf Erden schlechthin heraufbeschwören sollten. So endete auch die Performance unter anderem mit eben jenen Schreien, die die drei Frauen auf der Bühne zudem mit höchstem Körpereinsatz auf dem Boden wälzend unterstrichen.
Spätestens dann war die volle „Alte Gerberei“ zu einem regelrechten Hitzepol geworden. Das Publikum, verschwitzt und beeindruckt gleichermaßen, hatte keinen Zweifel, dass es einem einzigartigen Ereignis beigewohnt hatte - authentisch, wahrhaftig und von einer intensiven Urgewalt.
Markus Stegmayr
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