Eine Ikone für den zaghaften Widerstand gegen das „Regime Putin“ wurde ein russisches Protestkunst-Kollektiv mit Sitz in Moskau. Gegründet im Jahr 2011, hat es eine variable Mitgliedschaft von etwa elf Frauen, welche Putin als Diktator sehen und auch seine starke Verbindung zur russisch-orthodoxen Kirche anprangern. Weltweit bekannt wurde ihr Name „Pussy Riot“ („Miezenaufstand“) als sie am 21. Februar 2012 in der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale eine punkige Performance gegen Putin veranstalteten. Am Sonntag hat die systemkritische Punk-Band ihr einziges Österreich-Konzert gegeben - und das in der beschaulichen knapp 10.000 Einwohner zählenden Tiroler Marktgemeinde St. Johann im Bezirk Kitzbühel.
Zwei Bandmitglieder, Nadeschda Tolokonnikowa und Maria Aljochina, wurden für zwei Jahre inhaftiert. 2021, kurz vor den Duma-Wahlen spitzten sich die Verhaftungen von Mitgliedern des Kollektivs zu. Etliche von ihnen flohen, die in Russland blieben, stehen entweder unter Hausarrest, wurden zu Geldstrafen verurteilt oder inhaftiert. Nun ist, wie berichtet, einer von ihnen, Maria Aljochina, trotz Hausarrest die Flucht aus Russland gelungen. Am Freitag startete die „Pussy Riot Anti-War Europe Tour“ in Berlin, welche vor allem im Zeichen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine steht.
„Die elektronische Fußfessel entfernte ich mit einer Schere“
Im Gespräch mit der „Tiroler Krone“ erzählt sie nochmals diese aufwühlenden Tage ihrer Flucht: „Ich hatte mich entschieden, die Tour zu machen. Geplant hatten wir sie im November, nur hatte ich bereits meine zweite Anklage am Hals. Ich war zu einem Jahr Freiheitsentzug verurteilt worden, davon hatte ich bereits sieben Monate unter strengstem Hausarrest verbracht. Ich durfte mich keinen Meter von meiner Wohnung entfernen, dazu kamen 90 Tage in einem richtigen Gefängnis. Danach wurde meine Strafe verlängert, von einem Jahr auf anderthalb. In diesem Moment dachte ich: Ich habe genug Zeit im Gefängnis gesessen. Ich habe mich entschieden, auf diese Tour zu gehen. Die elektronische Fußfessel entfernte ich mit einer Schere.
Das Lieferantenkostüm hatten wir aus dem Internet, meine Wohnung war umzingelt von Polizisten. Ich musste also in der Lieferantenuniform durch die Hintertür. Mein Telefon habe ich zu Hause gelassen. Mir war es zu diesem Zeitpunkt wichtig, klarzumachen, wie meine Meinung zur Ukraine ist. So laut wie nur möglich und dies machen wir nun in den 19 Stationen unserer Riot Days - Europe Tour in der Alten Gerberei in St. Johann.“
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