Pakistan ahnungslos

Obama-Berater: Bin-Laden-Tötung war US-Alleingang

Ausland
03.05.2011 07:38
Nachdem Terrorpate Osama bin Laden in der Nacht auf Montag durch eine US-Kommandoeinheit in Pakistan erschossen worden ist, werden immer mehr Details über die Aktion bekannt. Hatte US-Präsident Barack Obama in seiner Rede zum Tod des Al-Kaida-Chefs noch ausdrücklich die pakistanische Hilfe beim Aufspüren Bin Ladens gelobt, ruderte das Weiße Haus in der Nacht auf Dienstag zurück: Der Anti-Terror-Berater von Obama, John Brennan, erklärte, Islamabad sei an dem Einsatz in keinster Weise beteiligt gewesen - und überhaupt erst nach dessen erfolgreichem Abschluss darüber informiert worden.

Laut Brennan hatten die USA die pakistanische Regierung erst dann über die Kommandoaktion in der Stadt Abbottabad (im Bild Obama, Vizepräsident Joe Biden, Außenministerin Hillary Clinton und andere Mitglieder des Nationalen Sicherheitsrates bei einer Live-Übertragung der Ereignisse - ein US-Soldat hatte laut CNN eine Kamera an seinem Helm befestigt) unterrichtet, als die Hubschrauber mit den US-Elitesoldaten der Navy Seals den Luftraum des Landes wieder verlassen hatten. Dabei habe Washington ein Feuergefecht mit dem pakistanischen Militär in Kauf genommen, sagte Brennan. "Zum Glück hat es keine Konfrontation mit den pakistanischen Streitkräften gegeben." Die Regierung in Islamabad habe "keine Ahnung" gehabt, ob die USA oder ein anderes Land hinter der Militäraktion auf ihrem Staatsgebiet stünden.

Frau nicht als Schutzschild verwendet
Brennan zufolge waren die an dem Einsatz beteiligten US-Elitesoldaten darauf vorbereitet, den Al-Kaida-Chef lebendig zu fassen - wenn das möglich gewesen wäre. Seine Aussage, dass eine bei der Aktion getötete Frau in der Schusslinie stand und als Schutzschild verwendet wurde, um Bin Laden zu schützen, zog Brennan am Dienstag wieder zurück.

Nach weiteren Befragungen von Teilnehmern der Kommandoaktion habe sich erwiesen, dass die Frau nicht als Schutzschild missbraucht wurde. Bin Laden sei bei dem Einsatz mit einer Frau zusammen gewesen, die verletzt wurde, sagte er. Die andere Frau sei bei einem Schusswechsel in einem anderen Teil des Hauses getötet worden. Das Weiße Haus wolle die Presse einerseits zügig über den Einsatz informieren, andererseits würde der genaue Ablauf erst mit der Zeit deutlicher, fügte Brennan hinzu.

Zardari: Keine direkte Beteiligung Pakistans
Indes hat der pakistanische Staatspräsident Asif Ali Zardari am Dienstag Brennans Aussagen über den US-Alleingang bestätigt: Die Kommandoaktion sei "keine gemeinsame Operation" amerikanischer und pakistanischer Sicherheitskräfte gewesen, erklärte Zardari in einem Beitrag für die "Washington Post". Allerdings habe eine "ein Jahrzehnt andauernde Kooperation und Partnerschaft zwischen den Vereinigten Staaten und Pakistan" zur Tötung des Terrorpaten geführt.

Zardari begrüßte, dass mit Bin Laden "eines der größten Übel des neuen Jahrtausends" zum Schweigen gebracht worden sei. Auch die Opfer der von diesem initiierten Anschläge hätten nun Gerechtigkeit erfahren. Zugleich räumte der pakistanische Präsident ein, Bin Laden sei an einem Ort gefunden worden, wo man ihn nicht vermutet hätte.

Islamabad betreibt offenbar doppeltes Spiel
Pakistan ist ein wichtiger Verbündeter der USA im Kampf gegen den Terrorismus. Allerdings steht der pakistanische Geheimdienst im Verdacht, ein doppeltes Spiel zu betreiben und entgegen der offiziellen Position die radikalislamischen Taliban zu unterstützen (siehe Story in der Infobox). Obama hatte am Sonntagabend allerdings keine offene Kritik an Islamabad geäußert, als er den Tod Bin Ladens verkündete. Die Zusammenarbeit mit Pakistan habe den USA beim Finden Bin Ladens geholfen, hatte der Präsident in seiner Rede gesagt.

Mittlerweile jedoch schließen die USA eine pakistanische Hilfe für Bin Laden nicht mehr aus. Brennan erklärte, dass untersucht werde, ob Bin Laden über "irgendeine Form eines Unterstützungssystems in Pakistan" verfügt habe. Es sei "unvorstellbar", wie sich der Al-Kaida-Chef sonst über einen längeren Zeitraum in einem befestigten Anwesen etwa eine Autostunde von der Hauptstadt Islamabad entfernt habe aufhalten können. Die USA würden daher nun untersuchen, wie es Bin Laden möglich gewesen sei, so lange an einem Ort in Pakistan zu leben.

Brennan fügte hinzu, das Verhältnis beider Länder sei enorm wichtig für den erfolgreichen Kampf gegen die Al-Kaida. Gleichwohl gebe es zwischen den beiden unterschiedliche Meinungen, wie gegen die Militanten gekämpft werden sollte. Angesichts des Umstands, dass Bin Laden in einer wohlhabenden Gegend nahe Islamabad gewohnt habe, sei auch verständlich, dass US-Politiker die Frage nach den US-Finanzhilfen für die pakistanische Regierung aufwerfen würden.

Botschafter: "Offensichtlich Unterstützungssystem"
Nach den Vorwürfen aus den USA will die pakistanische Regierung nun mögliche Versäumnisse bei der Suche nach Bin Laden prüfen. Es werde eine "vollständige Untersuchung" zu der Frage geben, warum dem Geheimdienst der Aufenthalt von Bin Laden in Pakistan entgangen sei, sagte der pakistanische Botschafter in den USA, Husain Haqqani, dem Nachrichtensender CNN am Montag.

"Offensichtlich hatte Bin Laden ein Unterstützungssystem. Die Frage ist, war es Unterstützung innerhalb der Regierung und dem Staat Pakistan oder innerhalb der pakistanischen Gesellschaft. Wir wissen alle, dass es Menschen in Pakistan gibt, die dasselbe Glaubenssystem teilen, und Extremisten", fuhr Haqqani fort. "Es ist also eine Tatsache, dass es Menschen gibt, die ihn wahrscheinlich geschützt haben."

Weißes Haus prüft Veröffentlichung von Fotos
Indes schließt die US-Regierung nicht aus, Fotos des getöteten Bin Laden zu veröffentlichen. Die Vereinigten Staaten würden alles tun, um Zweifel am Tod des Drahtziehers der Anschläge vom 11. September 2001 auszuräumen, sagte Brennan am Montag vor Journalisten. Deshalb werde die Veröffentlichung von Informationen und auch Fotos geprüft.

US-Abgeordnete hatten am Montag eine Veröffentlichung von Fotos des toten Bin Laden für notwendig erachtet. "So grauenvoll sie zweifellos sein werden, weil er in den Kopf geschossen wurde: Die Veröffentlichung der Bilder könnte notwendig sein, um jegliche Zweifel zu unterdrücken, dass dies irgendein Trick der amerikanischen Regierung war", sagte der Vorsitzende des Senatsausschusses für Heimatschutz, Joseph Lieberman. Der unabhängige Volksvertreter verwies darauf, dass alles getan werden müsse, damit Al-Kaida selbst den Tod Bin Ladens anerkenne.

Die republikanische Senatorin Susan Collins sagte wie Lieberman, dass sie "absolut keinen Zweifel" daran habe, dass Bin Laden tot sei. Es werde aber Menschen geben, die "versuchen werden, den Mythos zu erzeugen, dass er lebt und dass wir ihn irgendwie verfehlt haben". Der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses des Repräsentantenhauses, der Republikaner Mike Rogers, sagte, Ziel müsse es sein, einerseits "die Würde Osama bin Ladens - wenn er eine hatte - zu wahren", weil die USA sonst "Probleme an anderen Orten der Welt entzünden" könnten. Andererseits müsse genügend Beweismaterial veröffentlicht werden, "damit die Leute Vertrauen haben, dass es Osama bin Laden war", der getötet wurde.

Außergewöhnliches Statement des UN-Sicherheitsrats
Unterdessen hat der UN-Sicherheitsrat den Tod Bin Ladens ausdrücklich begrüßt. Das höchste Gremium der Vereinten Nationen verabschiedete am Montag in New York eine Erklärung, in der von einer "entscheidenden Entwicklung" im Kampf gegen den Terrorismus gesprochen wird. Der Gründer des Netzwerkes Al-Kaida werde nie mehr in der Lage sein, "Akte des Terrorismus" wie bei den Anschlägen vom 11. September 2001 zu begehen, hieß es.

Eine solche Erklärung zum Tod eines Menschen des Sicherheitsrates ist äußert selten. Der Sicherheitsrat forderte die Staatengemeinschaft auf, weiterhin wachsam zu sein und gemeinsam den Kampf gegen den Terrorismus voranzutreiben. Zudem wies das Gremium darauf hin, dass Terrorismus nicht alleine durch Militär und Strafverfolgung bekämpft werden könne, sondern durch die Entwicklung von Zivilgesellschaften und einem wachsenden Verständnis davon, wie und warum sich terroristisches Gedankengut entwickelt.

UNO-Generalsekretär Ban Ki-Moon hatte vor dem Treffen des Sicherheitsrats den Tod von Bin Laden als "Wendepunkt" im gemeinsamen Kampf gegen den internationalen Terrorismus bezeichnet. Die Verbrechen von Al Kaida hätten Schmerz und Verlust von Tausenden von Menschenleben auf fast allen Kontinenten gebracht. "Ich snter 2001. US-Präsident Obama will am Donnerstag am Ground Zero mit Angehörigen der Opfer zusammenkommen.

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