Impfpflicht-Gipfel

Neue Debatte um Altersgrenze und Strafhöhen

Politik
30.11.2021 11:23

Nach dem Runden Tisch mit der „Bestandsaufnahme“ zur Corona-Lage am Montag folgte am Dienstagvormittag der nächste Gipfel zur Pandemie: Die Politspitze des Landes beriet sich mit Experten, darunter Infektiologe Christoph Wenisch und Verfassungs- und Medizinrechtler Karl Stöger von der Universität Wien. Im Vorfeld hatten beide betont, dass die Impfpflicht ein legitimes und notwendiges Mittel sei, um die Pandemie einzudämmen. Bei den Details gibt es allerdings noch Diskussionsbedarf.

So betonte Stöger, dass auch unter Verfassungsjuristen Einigkeit darüber bestehe, dass die Impfpflicht als Mittel zu Pandemiebekämpfung zulässig sei. Der Gesetzesvorschlag dazu müsse „verhältnismäßig sein, aber auch so weit gehen, dass wir die Situation entschärfen können“. Wichtig sei ausreichend Zeit für die Ausarbeitung und Begutachtung, weshalb die Impfpflicht auch erst ab Februar gelten soll und der Dezember nun für die ordentliche Vorbereitung genutzt wird. 

„Strafen müssen stark genug sein, um Ziel zu erreichen“
Ob die Strafhöhe angemessen sei, werde man auch dann erst feststellen, so Stöger: „Die Strafhöhen müssen in einem angemessenen Verhältnis sein, aber auch stark genug, um das angestrebte Ziel zu erreichen.“ Ein weiterer Diskussionspunkt ist die Altersgrenze für die Impfpflicht. Für Kinder unter zwölf Jahren sei das aufgrund der eben erst erfolgten Zulassung durch die EU „verfassungsrechtlich problematisch“. Die meisten Daten und Erfahrungswerte gebe es aktuell bei der Gruppe der Über-18-Jährigen, sollten sich die weltweit erhobenen Daten bei den zwölf- bis 18-Jährigen hier angleichen, könne man auch hier eine Impfpflicht diskutieren. 

Mediziner: „Viele fürchterliche Schicksale verhindern“
Mediziner Wenisch betonte, die Wirksamkeit einer Impfung sei „kein monolithischer Wert“, sondern hänge zum einen vom Impfstoff selbst und dessen Intensität ab. Zum anderen müsse bewertet werden, wie viele (schwere) Fälle man verhindern kann: „Auch da gibt es für jede Impfung einen Wert.“ Auch wenn viel über Nebenwirkungen diskutiert werde, müsse man immer noch bedenken, dass es sich bei den Corona-Impfungen um „keine Lebendimpfungen“ handle: „Das sind relativ schwache Impfungen, daher muss man auch immer wieder auffrischen.“

Somit sei auch immer wieder eine Impfung zu setzen, um eine Überlastung der Spitäler zu verhindern: „Diese vielen fürchterlichen Schicksale, das ist das, was mich hier herleitet. Ich habe das in dieser Dichte noch nie gesehen und ich bin seit 1991 als Arzt tätig.“ Eine „Leitschnur“ für die Altersgrenze der Impfpflicht sei die Zulassung der Impfung: „Es qualifiziert sich jemand für die Impfpflicht, wenn die Impfung für denjenigen zugelassen ist.“ Die häufig zitierte Pockenimpfung sei übrigens ein schlechtes Beispiel, sie sei viel stärker gewesen als die Covid-19-Impfstoffe. Eine Orientierung an der Pocken-Impfpflicht von 1981 sei daher auch nicht sinnvoll.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner hob vor dem Treffen einmal mehr hervor, dass eine hohe Durchimpfungsrate der einzige Weg sei, um den „Teufelskreis an Lockdowns zu durchbrechen“. Die Impfpflicht sei notwendig, weil es die Regierung nicht geschafft habe, die Impfrate zu erhöhen. Weil die Impfpflicht aber ein „sehr sensibles Thema“ sei, ist die SPÖ-Chefin „sehr froh“, dass dieser Austausch mit Experten stattfindet. Wenn sie mit Februar in Kraft trete, „haben wir gute Chancen, den nächsten Herbst ohne Lockdown zu schaffen“, so Rendi-Wagner. 

Entwurf soll am 6. Dezember fertig sein
Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) hatten eine breite Runde ins Kanzleramt geladen, um die geplante Impfpflicht zu besprechen. Bereits am Wochenende hatte die Bundesregierung einen Zeitplan für das Gesetz zur Corona-Impfpflicht vorgelegt. Der Entwurf soll demnach in der Woche vom 6. Dezember fertig sein. Nach einer „ordentliche Begutachtung von mindestens vier Wochen“ könnte das Gesetz dann - nach Beschluss von Nationalrat und Bundesrat - Anfang Februar in Kraft treten.

Bis zu 7200 Euro Strafe für Impfunwillige?
Was die Strafhöhen angeht, so hatte am Montag ein Rohentwurf, der Strafen von bis zu 7200 Euro für Impfunwillige beinhaltet, für Aufsehen gesorgt. In dem öffentlich gewordener Rohentwurf - der laut Kanzleramts-Aussendung allerdings „kein Entwurf der Bundesregierung“ sei - ist eine Strafe bis zu 7200 Euro bzw. sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe vorgesehen, wenn eine Person mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in Österreich zwei behördlichen Aufforderungen zum Impfen nicht nachkommt. Beim ersten Verstoß sind 3600 Euro Geldstrafe bzw. vier Wochen Ersatzfreiheitsstrafe vorgesehen, beim dritten Verstoß die Verdoppelung auf 7200 Euro.

SPÖ, NEOS dabei, FPÖ nicht eingeladen
Laut Bundeskanzleramt sind das die wesentlichen offenen Fragen, über die mit Experten aus Wissenschaft, Verfassungsrecht, Gesundheit, dem Verfassungsdienst, der Bioethikkommission sowie Vertretern von SPÖ und NEOS gesprochen werden soll. Neben SPÖ-Chefin Rendi-Wagner ist NEOS-Vorsitzende Beate Meinl-Reisinger dabei. Auf Expertenseite sind neben Wenisch und Stöger die Leiterin des Nationalen Impfgremiums (NIG), Ursula Wiedermann-Schmidt, sowie Bioethikkommission-Chefin Christiane Druml mit an Bord.

Nicht eingeladen ist die FPÖ, die eine Impfpflicht ja kategorisch ablehnt. Die Freiheitlichen zeigten sich darüber wenig verwundert - Obmann Herbert Kickl kündigte seinerseits parallel zum Runden Tisch eine Pressekonferenz mit dem Titel „Aktuelle Entwicklungen in der Corona-Politik“ an.

Hauptausschuss beschließt verkürzte Öffnungszeiten
Am Nachmittag tagt um 14 Uhr der Hauptausschuss des Nationalrates. Dort wird - wegen der Zehn-Tages-Begrenzung von Ausgangsbeschränkungen - die nötige parlamentarische Zustimmung eingeholt, damit der aktuelle Lockdown wie geplant bis 11. Dezember gilt. Außerdem bringt die Novelle eine kleine Verschärfung: Die derzeit offenen Geschäfte für die Grundversorgung müssen ab Donnerstag, wie in früheren Lockdowns auch, schon um 19 Uhr schließen.

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