Deutschlands Kanzler Friedrich Merz (CDU) hat mit seiner Wende in der Israel-Politik heftigen Protest innerhalb der eigenen Union ausgelöst. Denn die Schwesterpartei CSU lehnt seinen geplanten Waffenstopp vehement ab. Doch der Kanzler verteidigte am Sonntag seine Pläne erneut.
Hintergrund ist die von Merz mitgeteilte Entscheidung, die schwarz-rote Bundesregierung Deutschlands werde keine Rüstungsgüter mehr exportieren, die im Gazastreifen eingesetzt werden könnten. Der Kanzler begründete den Beschluss damit, dass Israel seinen Militäreinsatz gegen die Hamas in der Region ausweiten und die Stadt Gaza einnehmen will.
Dort sollen sich zahlreiche Hamas-Terroristen verstecken, möglicherweise auch die Geiseln. Die Zivilisten sollen zuvor in den Süden von Gaza umgesiedelt werden.
Wir können nicht Waffen liefern in einen Konflikt, der versucht wird, ausschließlich mit militärischen Mitteln gelöst zu werden.
Deutschlands Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU)
„Wohin sollen diese Menschen gehen?“
„Wir können nicht Waffen liefern in einen Konflikt, der versucht wird, ausschließlich mit militärischen Mitteln gelöst zu werden. Der Hunderttausende von zivilen Opfern fordern könnte. Der eine Evakuierung der ganzen Stadt Gaza zur Folge hat – wohin sollen diese Menschen gehen? Das können wir nicht, das tun wir nicht und das werde ich auch nicht tun“, betonte Merz am Sonntag in einem ARD-Interview.
Merz: Stehen „ohne Zweifel an der Seite“ Israels
An den „Grundsätzen der deutschen Israel-Politik“ habe sich jedoch „nichts geändert“. Man stehe ohne Zweifel an der Seite Israels, Berlin habe aktuell „einen Dissens mit dieser Regierung“ und dies „kann und muss eine Freundschaft aushalten“. Freundschaft bedeute nicht, jede Entscheidung der israelischen Regierung zu unterstützen. Dies habe Merz auch Israels Premierminister Benjamin Netanyahu mitgeteilt. Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) unterstützt ein Aussetzen der Rüstungsexporte.
Aus der CSU dagegen kam Kritik: Man sei an der Entscheidung nicht beteiligt gewesen – und halte sie für bedenklich, sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann der „Bild“-Zeitung. Offensichtlich wurde CSU-Chef und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder von Merz übergangen. Mehrere Unionsabgeordnete schrieben auf X von einem schweren Fehler.
CSU sieht Gesprächsbedarf innerhalb der Union
Offenkundig ist der Gesprächsbedarf in der Unionsfraktion nun groß. Abstimmungen der Außenpolitiker seien bei wichtigen Entwicklungen üblich, hieß es zwar aus Fraktionskreisen. Eine spontane Sitzung an einem Sonntag mitten in der Sommerpause aber zeigt die Brisanz des Themas. Hoffmann kritisierte: „Das wäre eine Abkehr von Jahrzehnten außenpolitischer Kontinuität gegenüber Israel und als solche zumindest erklärungsbedürftig.“ Er kündigte an: „Wir werden dazu interne Gespräche in der Koalition führen.“
Das wäre eine Abkehr von Jahrzehnten außenpolitischer Kontinuität gegenüber Israel und als solche zumindest erklärungsbedürftig.
„Aufs Schärfste“ verurteilt
Generell scheint die Unionsfraktion gespalten. Außenpolitiker Norbert Röttgen sagte der „Rheinischen Post“: „Diese Reaktion ist richtig und durch die jüngsten Entscheidungen der israelischen Regierung leider unausweichlich geworden.“ Der CDU-Bundestagsabgeordnete Carsten Müller dagegen schrieb auf X, er verurteile die Entscheidung der Bundesregierung „aufs Schärfste“. Sie übersehe auch, „wie wichtig die sicherheitspolitische Zusammenarbeit mit Israel für Deutschland ist, um die Bundeswehr und die NATO zu stärken“.
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesforschungsministerium, Matthias Hauer (CDU), schrieb ebenfalls auf X: „Ich halte es für einen schweren Fehler und ein verheerendes Signal, dass Deutschland seine Waffenlieferungen an Israel einschränkt.“ Auch die Junge Union hatte die Entscheidung der Regierung kritisiert.
Israel will Militäreinsatz im Gazastreifen ausdehnen
Israel hatte am Freitag angekündigt, seinen Militäreinsatz im Gazastreifen auszuweiten: Nach stundenlangen Beratungen beschloss das israelische Sicherheitskabinett die Einnahme der Stadt Gaza. Dies stieß im eigenen Land, darunter auch bei Angehörigen der in der Gewalt der Terrororganisation Hamas befindlichen Geiseln, zum Teil auf heftige Ablehnung.
Netanyahu hält an Plan zur Einnahme der Stadt Gaza fest
Netanyahu bekräftigte am Sonntag, an den Plänen zur Einnahme der Stadt Gaza festzuhalten. Die Pläne seien „der beste Weg, um den Krieg im Gazastreifen zu beenden, und der beste Weg, ihn schnell zu beenden“. Israel kontrolliert derzeit nach eigenen Angaben rund 75 Prozent des Küstengebiets, in dem etwa zwei Millionen Palästinenser leben.
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