Lockdown-Aussagen zum Ausschneiden

Einen schönen Dienstagabend.

Ein Buch liest sich von hinten immer leichter, sagt Bundeskanzler Alexander Schallenberg momentan gerne. Gemeint ist damit, dass im Sommer niemand wissen konnte, wie sich Corona im Herbst entwickeln wird. Außer eben Virologen, Komplexitätsforscher, Intensivmediziner, Statistiker, Wissenschafter und irgendwie auch Historiker, weil den Fehler Österreich ein Jahr zuvor schon begangen hatte. Abgesehen davon bin ich der Meinung, dass sich Bücher so von der Maschekseite nicht wirklich leichter verstehen lassen. Ich habe nun gestern die Bibel rückwärts gelesen, übrigens zum ersten Mal, also überhaupt, und so von hinten nach vorne endet die Heilige Schrift nicht gerade mit einem Happy End: Gott ist offenbar so grantig auf uns, dass er die Erde in sieben Tagen demoliert. Das schafft in diesem Tempo nicht einmal die Bundesregierung. Davor geht es noch um ein Paar, das ins Paradies kommt, weil es einer Schlange einen Apfel schenkt. Ich werde das am Wochenende im Terrarienhaus in Schönbrunn versuchen. Ich bin bereit dazu.

Jedenfalls wurden uns in den vergangenen Wochen und Monaten - weil eben niemand das Buch von hinten nach vorne lesen kann - viele Versprechungen gemacht: Die Pandemie ist vorbei, nie mehr wieder Lockdown. Ich finde, daran sollten wir uns erinnern, wenn wir in der heißen Phase der kommenden Ausgangsbeschränkungen wieder unsere Wohnungen und Häuser mit Tonnen an Klopapier und Essensdosen verbarrikadieren. Wir hätten da - gerne auch zum Ausdrucken und Ausschneiden:

„Die Pandemie gemeistert, die Krise bekämpft.“ - ÖVP-Plakat, 25. Juni 2021.
„Die Pandemie ist für alle vorbei, die geimpft sind.“ - Ehemaliger Bundeskanzler Sebastian Kurz, 30. Juni 2021.
„Die Krise redimensioniert sich. Sie wandelt sich von einer akuten gesamtgesellschaftlichen Herausforderung zu einem individuellen medizinischen Problem.“ - Wieder Kurz, 10. Juli 2021.
„Es macht aber keinen Sinn, Geimpfte irgendwo nicht hineinzulassen.“ - Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein, 5. September 2021.
„Sich jetzt in Hysterie zu begeben ist sicherlich falsch. Es wird auch keiner mehr einen Lockdown in der Form, wie wir ihn kannten, akzeptieren können." - Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, 7. September 2021.
“Weil die Pandemie vorbei ist.“ - Finanzminister Gernot Blümel, 13. Oktober 2021.
“Einen Lockdown für Geschützte bzw. Geimpfte wird es jedenfalls nicht geben.“ - Bundeskanzler Alexander Schallenberg, 22. Oktober 2021.

Hier machen wir Pause, ich möchte ja nicht, dass sie sich vom Ausschneiden eine Sehnenscheidenentzündung holen. Morgen berichten wir in der “Wien-Krone“ und auf krone.at zudem über ein Stiegenprovisorium aus Holz bei der U1-Station Donauinsel, bei dem ein Leser von einer “russischen Lösung" sprach. Schauen Sie sich das Foto bitte an. So eine Aussage hat sich Wladimir Putin nicht verdient.

Ich wünsche einen schönen Feierabend, so Sie einen haben.