Zähes Ringen

Moskau und Brüssel wegen hoher Gaspreise besorgt

Ausland
08.10.2021 09:40

Die explodierenden Gaspreise und die Angriffe aus der EU gegen die Gasgroßmacht Russland sind für Präsident Wladimir Putin seit Tagen Chefsache. Er wehrt sich kategorisch gegen Vorwürfe, Russland sei für die immer neuen Rekorde verantwortlich. Verbraucher in Deutschland sind besorgt, ob sie künftig ihre Heizrechnungen noch bezahlen werden können.

„Europa läuft vor Kälte blau an ohne russisches Gas“, titelte gerade die Moskauer Tageszeitung „Nesawissimaja Gaseta“. Andere russische Medien feiern Putin angesichts der „Panik auf dem Gasmarkt“ schon als möglichen Retter vor einem drohenden Kälteschock der Europäer. Der in Gaskrisen erprobte Präsident sagt, dass der Staatskonzern Gazprom helfen könne, wenn es für ihn nicht zu teuer werde. Russland sei offen für Angebote der Großabnehmer aus der EU.

Der Gastransit über die Ukraine könnte deutlich ausgeweitet werden, die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 stünde für den günstigen Gastransport bereit. Es fehlt nur die Betriebsgenehmigung der deutschen Behörden. Der Kreml weist immer wieder darauf hin, dass die rasche Inbetriebnahme Entspannung in der Energiekrise bringen könne.

Handel an Energiebörsen „ein absoluter Fehler“
Schuld an den hohen Preisen sei nicht Russland, sondern die Lage auf dem Weltmarkt - und eine verfehlte Energiepolitik der EU, betont Putin. Trotz Russlands Warnungen sei sie von Langzeitverträgen abgerückt und zum Handel an den Energiebörsen übergangenen. „Heute ist klar, dass diese Politik ein absoluter Fehler ist.“ Russland selbst will möglichst lange seine fossilen Energieträger Öl, Gas und Kohle nach Europa verkaufen.

Vorwürfe „haltlos und absurd“
Auch beim bis Freitag angesetzten St. Petersburger Internationalen Gas-Forum war die angespannte Lage ein Thema. Die Vorwürfe aus der EU, Russland manipuliere den Gaspreis, „um die Ostseepipeline Nord Stream 2 schneller mit Gas zu füllen, sind haltlos und absurd“, sagt Rainer Seele, bis vor Kurzem Chef der OMV und nunmehr Präsident der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer (AHK).

Auch er kritisiert, dass in der EU zu sehr auf „das freie Spiel von Angebot und Nachfrage gesetzt wurde“. Durch den Verzicht auf langfristige Lieferverträge für Pipelinegas gebe es nun Risiken, „unter deren Folgen jetzt die europäische Industrie und Millionen privater Haushalte leiden“. Deutschland verbraucht nach AHK-Angaben rund 87 Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr, davon stammen 55 Prozent aus Russland.

Gaspreis hat sich seit Jahresbeginn verzehnfacht
Doch selbst wenn Russland nicht für den Anstieg der Energiepreise verantwortlich ist, stellt sich in Europa die Frage, ob das Land nicht vielleicht absichtlich Möglichkeiten ungenutzt lässt, damit sich die Lage entspannt. Der Gaspreis hat sich seit Jahresbeginn verzehnfacht. Doch noch macht Gazprom die Ventile nicht auf. Zuerst müssten die eigenen Speicher im Land aufgefüllt werden.

In der EU drehen sich die Diskussionen deswegen vor allem um die Frage, wie in Zukunft starke Schwankungen bei den Energiepreisen vermieden werden könnten. Die Europäische Kommission will in der kommenden Woche Handlungsoptionen vorschlagen. So ist denkbar, dass EU-Länder beim Einkauf von Gas zusammenarbeiten oder zumindest gemeinsame strategische Reserven anlegen. 

Energiehunger nach Corona-Krise
Für die derzeitige Situation ist demnach der weltweite Energiehunger nach der Corona-Krise verantwortlich. Hinzukommen geschrumpfte Gasvorräte nach dem ungewöhnlich kalten Winter, geringere Gaslieferungen wegen Instandhaltungsarbeiten an Pipelines und ein Rückgang der Gasproduktion in Europa.

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