Vermögensverteilung

„Ziel ist der Wohlstand, nicht das Wachstum“

Österreich
07.10.2021 06:00

Eine aktuelle Bestandsaufnahme der Arbeiterkammer (AK) zeigt: In Österreich lässt es sich gut leben. Auch dank eines starken Sozialsystems. Dennoch gibt es zahlreiche Schwachstellen.

Österreich ist ein reiches Land. Starker Sozialstaat, hohe Realeinkommen, Preisstabilität. „Und dennoch können wir viel besser sein“, sagte Markus Marterbauer am Mittwoch bei einer Veranstaltung mit dem Titel „Wohlstandsbericht“. Der Experte von der Arbeiterkammer (AK) sagt: „Ziel ist Wohlstand, nicht Wirtschaftswachstum.“ Wenige Worte, in denen viel mehr steckt.


Es gibt viel zu tun

Vor allem bei der Vermögensverteilung sei noch viel zu tun. „Die Konzentration von Vermögen auf wenige ist demokratiegefährdend“, sagt Marterbauer. Er fordert daher u.a. Vermögens- und Erbschaftssteuern. Hanno Lorenz von der Agenda Austria indes glaubt nicht, dass dies ein Allheilmittel zu gerechterer Vermögensverteilung ist. „Studien belegen, dass Länder, in denen es diese Abgaben gibt, betreffend gerechtere Vermögensverteilung auch nicht besser dastehen.“

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Durch die Corona-Prämie hat sich mein Börserl schon gefreut – ich glaube, da bin ich nicht der Einzige. In Österreich haben wir sicherlich einen guten Wohlstand, aber es gibt Verbesserungsbedarf.

Alex Handler, Betriebsleiter aus Klagenfurt

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Die Situation hat sich verschlechtert. Die Menschen haben Angst und geben weniger aus. Der Wohlstand ist ungerecht verteilt. Diejenigen, die ins System einzahlen, bekommen weniger als die, die das nicht tun.

Dietmar Sulzberger (72) aus Wien

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Der Wohlstand ist auf keinen Fall mehr gerecht verteilt. Man hat irgendwie das Gefühl, dass es nur noch Arm oder Reich gibt. Meiner Meinung nach verschwindet der Mittelstand immer mehr.

Regina Spindler, Selbstständige aus Linz

300.000 Kinder leben in Armut
Die AK hat wesentliche Kategorien für die Zukunft des Wohlstands definiert und gleich auch eine aktuelle Bewertung dazu geliefert (siehe Grafik unten). Hier müsse man ansetzen. Besonders Armut und Gender-Pay-Gap gelte es zu bekämpfen. „Wir haben allein 300.000 Kinder, die in Armut leben. Oft ohne Perspektive.“ Positiv sieht Marterbauer den Arbeitskräftemangel im Land. Dies zwinge Unternehmen zu höheren Löhnen.

Wichtig sei, dass Betriebsräte und Sozialpartner Mitspracherechte haben, sagt seine Kollegin Silvia Hruska-Frank. „Das hat sich während Corona und Kurzarbeit bewährt.“ Generell fordern die AK-Experten mehr Investitionen für Frauen, bessere Kinderbetreuung, familienfreundlichere Arbeitszeiten, um Ungerechtigkeiten zu bekämpfen.

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Der Wohlstand im Land ist gerecht verteilt. Auch ich hatte wegen Corona Probleme, musste ein Lokal zusperren. Doch es geht wieder aufwärts, die Menschen gehen gerne wieder fort.

Vincenzo Iaria, Kaffeehausbetreiber in St. Pölten

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Auf das Gehalt direkt hat sich die Krise bei uns nicht ausgewirkt. Man hat sich eher mehr erspart, weil man ja nirgends hingehen konnte. Aber der Wohlstand wird generell wohl nie gerecht verteilt sein.

Manuela Pammer (47), Angestellte aus Graz

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Der Wohlstand ist in Österreich absolut nicht gerecht verteilt. Die Reichen werden immer reicher und die kleinen Arbeiter, Angestellten und die Klein- und Mittelbetriebe müssen das System erhalten.

Bernhard Reisinger (57), Arbeiter aus Dalaas (Vbg.)

Flexiblere Arbeitsmodelle nötig
„Die Kinderbetreuung ist tatsächlich ein großes Problem. Vor allem am Land“, sagt auch Hanno Lorenz. Er plädiert auch für flexiblere Arbeitsmodelle. „Die soll man aber nicht gesetzlich vorgeben. Ich denke, Homeoffice und teilweise schon praktizierte Viertages-Arbeitswoche werden vermehrt kommen.“

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Bei mir ging es ins Negative, aber nur ein wenig. Ich habe zwar meinen Job im Außendienst verloren, aber einen anderen als Verkäufer bekommen. Generell ist die Kluft zwischen Arm und Reich geblieben.

Bernhard Baldemair (58) aus Innsbruck

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Als Unternehmer haben mich die Lockdowns stark getroffen. Ich hatte keine Einnahmen und musste mit dem Ersparten sowie der Unterstützung des Staates irgendwie über die Runden kommen.

Gernot Heigl (59) aus Stegersbach (Bgld.)

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Durch die allgemeine Teuerung bleibt weniger im Geldbörserl übrig. Einkommen und Vermögen sind sehr ungerecht verteilt. Handwerksberufe sind aus meiner Sicht unterbezahlt.

Horst Scharfetter (49), Bautechniker aus Mariapfarr (Sbg.)

Die Bildung ist eine besondere Problemzone im Kontext von Wohlstandsverteilung. Viele Kinder würden von der Schule abgehen, ohne sinnerfassend lesen und schreiben zu können, so Hruska-Frank: „Die Schere geht immer weiter auf.“

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