Airlines am Pranger

Fluggastrechte während Corona massiv missachtet

Wirtschaft
29.06.2021 18:20

In den ersten Monaten der Corona-Krise haben Fluggesellschaften massenhaft die Rechte ihrer Kunden gebrochen. Dieses vernichtende Urteil hat am Dienstag der Europäische Rechnungshof veröffentlicht. So seien Reisende bei gestrichenen Flügen rechtswidrig dazu gezwungen worden, Gutscheine statt Rückzahlungen anzunehmen, kritisieren die Prüfer. Rund 7000 Verbindungen seien annulliert worden, Millionen Reisende seien zwischen März 2020 und März 2021 betroffen gewesen.

„Zwar wurden alle Hebel in Bewegung gesetzt, um den Fluggesellschaften und Pauschalreiseveranstaltern zu helfen, doch wurde viel zu wenig getan, um die Rechte von Millionen Menschen in der EU zu schützen“, kritisiert Annemie Turtelboom, das für den Bericht zuständige Mitglied des Europäischen Rechnungshofs (EuRH). Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft betonte in einer Mitteilung, man habe sich in einer „absoluten Sondersituation“ befunden. Vergleicht man den April 2019 mit dem Folgejahr, brach die Zahl der Fluggastzahlen um 99 Prozent, die Zahl der Flüge um 88 Prozent ein. In entsprechend große Not gerieten die Unternehmen.

Der Verband schiebt in seiner Mitteilung auch der deutschen Regierung eine Teilschuld für die Rechtsbrüche zu. Diese habe die Auffassung vertreten, Gutscheine anstelle von Erstattungen seien pandemiebedingt zulässig gewesen. Wie die eigenen Juristen die Lage eingeschätzt hatten, schreibt der Verband nicht in seiner Mitteilung. Erst nachdem die EU-Kommission widersprach, seien Tickets auf Wunsch auch erstattet worden, wobei es auch zu langen Fristen gekommen sei. Eigentlich ist gesetzlich vorgeschrieben, dass dies innerhalb von sieben bis vierzehn Tagen geschehen muss, so der EuRH.

EU-Staaten „halfen“ bei Rechtsbrüchen
Der EU-Prüfer betonen, in den ersten Monaten der Krise hätten viele Fluggäste Geld verloren, das ihnen zugestanden wäre. 15 EU-Staaten - darunter die Niederlande, Frankreich und Belgien - hätten sogar dabei geholfen, indem sie EU-rechtswidrige Vorschriften erlassen oder andere Maßnahmen ergriffen hätten, die die Praxis Gutschein statt Erstattung legitimieren sollte. Teils seien diese Gutscheine nicht einmal gegen eine Insolvenz der Unternehmen abgesichert gewesen. Während die Verbraucher lange um ihr Geld kämpfen mussten, wurde den Airlines in Rekordtempo geholfen.

Bereits am Montag hatte die EU-Kommission den Druck auf die Airlines erhöht und einen Forderungskatalog vorgestellt: Darin werden die Fluggesellschaften unter anderem aufgefordert, Rückerstattungen in Form eines Gutscheins nicht als einzige Wahl anzupreisen und Verzögerungen bei der Rückzahlung zu vermeiden. Außerdem erwäge man neue Regeln mit Blick auf kommenden Krisen, sagte Verkehrskommissarin Adina Valean.

Hälfte der Probleme durch Airlines selbst verschuldet?
Mit dem Wiederanlaufen des Flugverkehrs seien die alten Probleme bereits wieder aufgetreten, berichtet das Flugrecht-Portal „Airhelp“. Laut einer eigenen Datenanalyse waren im Mai bereits wieder 12,6 Prozent der Passagiere von Verspätungen und Ausfällen betroffen. Das seien zwar deutlich weniger als 2019 mit einem Anteil von 28 Prozent. „Der Schein trügt jedoch, da die Airlines derzeit nur ein Fünftel ihrer eigentlichen Kapazitäten abrufen. Wir rechnen daher damit, dass sich die Flugprobleme weiter häufen, je näher wir dem Normalbetrieb kommen“, kommentierte Airhelp-Rechtsexperte Christian Leininger. Für rund die Hälfte der schwerwiegenden Probleme seien die Airlines selbst verantwortlich.

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