Interne E-Mail verrät:

Amazon wusste von in Flasche urinierenden Fahrern

Web
31.03.2021 13:09

Hoch kochten die Wogen in der Vorwoche, als der US-Demokrat Mark Pocan dem Online-Händler Amazon vorwarf, dass seine Mitarbeiter gezwungen seien, in Flaschen zu urinieren. Der Internetgigant bestritt dies öffentlich: Wenn dem so wäre, würde wohl keiner mehr für Amazon arbeiten, so das Unternehmen via Twitter. Ein nun durchgesickertes internes Memo verrät jedoch, dass das Urinieren in Flaschen durchaus gelebte Praxis ist - und Amazon davon offiziell Kenntnis hat. Angesichts des enormen Zeitdrucks sind Amazon-Lieferanten nicht selten sogar zu Schlimmerem gezwungen.

„Heute Abend entdeckte ein Mitarbeiter menschliche Fäkalien in einer Amazon-Tasche, die von einem Fahrer zurückgebracht wurde. Dies ist das dritte Mal in den letzten zwei Monaten, dass Sackerl mit Kot zurückgebracht wurden“, heißt es in einer internen E-Mail, die der Aufdecker-Website „The Intercept“ vorliegt, und bereits im Mai 2020 verschickt wurde.

„On-Road Area Managerin“ Jen Snyder äußert darin Verständnis für Amazon-Zusteller, die während der Fahrt „Notfälle“ oder aufgrund der Corona-Pandemie Schwierigkeiten damit hätten, Toiletten zu finden, während sie ausliefern. Ungeachtet dessen könnten und dürften sie jedoch keine Sackerl mit Fäkalien im Inneren zurückbringen.

Weiter heißt es in der E-Mail: „Wir haben in letzter Zeit einen Anstieg aller Arten von unhygienischem Müll bemerkt, der in Sackerln hinterlassen wurde: benutzte Masken, Handschuhe, Urinflaschen.“ Dieses Verhalten sei inakzeptabel und stelle künftig einen Verstoß dar, fährt Snyder fort. „Bitte geben Sie diese Nachricht an Ihre Fahrer weiter. Ich weiß, es mag offensichtlich erscheinen (...), aber bitte kommunizieren Sie ausdrücklich die Nachricht, dass sie NICHT Fäkalien oder Urinflaschen in den Beuteln zurücklassen dürfen.“

„Sonst verlieren wir am Ende unsere Jobs“
Ein ehemaliger Amazon-Mitarbeiter betonte gegenüber „The Intercept“ jedoch, dass Fahrer dazu „implizit gezwungen“ würden - „sonst verlieren wir am Ende unsere Jobs wegen zu vieler ‘nicht zugestellter Pakete‘“. „Sie geben uns 30 Minuten bezahlte Pause, aber man wird nicht fertig, wenn man sie nimmt, egal wie schnell man ist“, schilderte ein anderer Amazon-Zusteller aus Massachusetts der Website.

Ein für einen Amazon-Auftragnehmer tätiger Fahrer aus Houston wiederum gab an, dass er „an jedem einzelnen Tag“ seiner Schicht in Flaschen uriniert habe. „Das ist so üblich, dass man oft Flaschen von anderen Fahrern unter den Sitzen in den Transportern findet“, sagte er.

Die interne E-Mail und die Berichte stehen im krassen Gegensatz zu Amazons öffentlichen und im Ton zuletzt deutlich rauer gewordenen Äußerungen, in denen die Praxis des Urinierens in Flaschen bestritten wurde. Hintergrund der ganzen Debatte ist die Wahl einer Arbeitnehmervertretung in einem Logistiklager in Bessemer im US-Staat Alabama. Bislang ist keiner der rund 800.000 Arbeitnehmer von Amazon in den USA gewerkschaftlich organisiert.

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