Pleitegeier kreist

30.000 heimische Betriebe stehen vor dem Abgrund

Österreich
06.02.2021 06:00

Die Lockdowns kosteten alleine im Handel zehn Milliarden Euro Umsatz. Bei vielen Freizeit-, Gastro- und Tourismusbetrieben sowie Dienstleistern droht eine Konkurswelle.

Bis zu 73 Tage mussten viele Geschäfte im Vorjahr wegen Lockdowns zusperren, mit dem aktuellen werden es über 100 sein. Umsatzausfall: in Summe rund zehn Milliarden Euro, so eine Studie der Uni Linz. Dazu kommen unzählige Dienstleister vom Eventbereich bis zum Hochzeitsfotografen, der gesamte Tourismus, Gastwirte usw.

Düsteres Bild im Modehandel
Düster ist auch das Bild im Modehandel. Mit Montag würden zwar die Läden öffnen, aufholen könne man die bisherigen Verluste aber nicht, so Branchensprecher Günther Rossmanith. Einige prominente Firmen wie Pimkie, Dressmann oder Adler hat es schon erwischt.

„Bis zu 2000 weitere sind in ihrer Existenz gefährdet“, meint Rossmanith. Im Sporthandel leiden jene rund 750 Betriebe besonders, die vor allem von Touristen leben. „Die Verluste dort liegen seit November bei 90 bis 95 Prozent“, so Sporthandelssprecher Michael Nendwich. Um das Geschäft zu retten, würden sich immer mehr Händler privat verschulden und z.B. das eigene Wohnhaus für einen neuen Kredit verpfänden.

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90 bis 95 Prozent Umsatzverluste seit November.

Michael Nendwich, Sporthandel

Millionenverluste auch in Hotellerie
Der österreichischen Hotellerie entgehen im Lockdown wöchentlich 255 Millionen Euro. Auch gesunde Betriebe bräuchten jetzt Hilfen, die rasch ankommen müssen, betont Sprecherin Susanne Kraus-Winkler. Besonders prekär ist die Lage in den Städten.

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Brauchen Hilfen, die rasch ankommen.

Hotelierssprecherin Susanne Kraus-Winkler

Fitness-Branche hart getroffen
Hart getroffen hat es auch die Fitness-Branche. Die 1200 Betriebe bleiben vorerst geschlossen; auch die 30.000 Personaltrainer dürfen nicht arbeiten. „Bis zu 30 Prozent unserer Stammkunden sind weg“, so Branchen-Vertreter Christian Hörl, der auf eine Öffnung mit März hofft. Billig-Studios, die vor allem bei den Jüngeren punkten, dürften ihre Klientel leichter zurückgewinnen als die Edel-Klubs, wo man mit zwei bis drei Jahren rechnet, bis man Vorkrisenniveau erreicht. Vielen Betrieben droht die Pleite.

John-Harris-Eigner Ernst Minar: „Derzeit ist ein Überleben nur mit Unterstützungshilfen möglich, ohne würde es in kürzester Zeit sehr schwierig werden.“ Und es gibt weitere Wünsche: eine Senkung der Mehrwertsteuer bei den Mitgliedsbeiträgen ähnlich wie in der Gastronomie.

Friseure dürfen wieder Kunden empfangen
Die etwa 9000 Friseur-Betriebe, die jährlich rund eine Milliarde Euro Umsatz machen, dürfen ab Montag wieder Kunden empfangen. „Ich rechne durch die neuen Covid-Regeln mit 20 Prozent weniger Umsatz“, so Peter Schaider, Boss der Strassl-Schaider-Kette. Da die Friseure drei Monate geschlossen waren, seien 25 Prozent des Jahresumsatzes unwiederbringlich verloren, die auch nicht durch Mehrleistungen eingebracht werden könnten.

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20 Prozent weniger Umsatz durch neue Covid-Regeln.

Strassl-Schaider-Boss Peter Schaider

„Unsere Branche ist kapitalschwach und daher insolvenzgefährdet“, fügt Friseur-Sprecher Wolfgang Eder hinzu. So erwischte es 2020 die Klier-Kette, heuer einen Großteil der Bundy-Bundy-Filialen. „Das Friseurgeschäft als Dienstleistung ist kostenintensiv“, erläutert Hans Bundy. Je exquisiter die Lage und damit die Mietkosten und je besser ausgebildet das Personal, desto prekärer die Lage.

Dass es bis dato noch nicht zu mehr Insolvenzen kam, führt der Kreditschutzverband 1870 auf die Staatshilfen zurück. Für heuer erwartet man jedoch einen Anstieg um 20 bis 25 Prozent im Vergleich zu 2019. Die OeNB zeichnet ein noch trüberes Bild. Dort gehen die Experten trotz der Hilfsmaßnahmen von insgesamt bis zu 30.000 Firmenpleiten in Österreich bis Ende 2022 aus.

Gerald Hofbauer, Eva Mühlberger und Christian Eebert, Kronen Zeitung

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