Mandatare einig

Finanzaufsicht wird von nationaler auf EU-Ebene verlegt

Ausland
22.09.2010 11:12
Das EU-Parlament hat am Mittwoch in Straßburg mit breiter Mehrheit das europäische Finanzaufsichtspaket abgesegnet. Die Reform der bisher national zersplitterten Finanzaufsicht erhält damit künftig eine europäische Dimension - erstmals werden Kompetenzen der Aufseher der 27 Staaten der Union auf die EU-Ebene verlagert. 2011 werden dazu neue Aufsichtsbehörden für Banken, Versicherungen und Wertpapiermärkte geschaffen, die von Vertretern der EU-Länder gesteuert werden.

In Krisensituationen können die Ämter selbst Aufsichtsentscheidungen über Finanzunternehmen treffen. Darüber hinaus wird ein Risiko-Rat angesiedelt, der permanent das gesamte europäische Finanzsystem auf Gefahren hin beobachten, Alarm schlagen und den Aufsehern Empfehlungen geben soll. Die EU will damit Krisen in der Zukunft verhindern und in Notlagen schneller eingreifen können.

Der rotierende belgische Ratsvorsitzende Finanzminister Didier Reynders erklärte, es handle sich um einen positiven Schritt in Richtung europäischen Ansatz. Die Herausforderung sei, dass das neue Instrument auch funktioniere. Und "wir möchten ein System, das sich ständig verstärkt und nicht einfach auf der Stelle tritt". Es gehe um eine "allererste Etappe", die noch auszubauen sei. Deshalb würden weitere Initiativen folgen, beispielsweise bei der Regulierung für Investitionsfonds und Hedgefonds.

"Europa hat reagiert und die Lektionen aus der Krise gelernt"
EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier sprach von einer "intelligenten und wirksamen Aufsicht" und von einem "dynamischen Kompromiss". Jedenfalls "hat Europa reagiert und die Lektionen aus der Krise gelernt". Was die noch einzurichtenden Behörden betrifft, "liegt noch einige Arbeit vor uns". Nächstes Jahr werde u.a. eine Richtlinie über Finanzdienstleistungen folgen. "Wir werden nicht wieder schwere Krisen hinnehmen müssen", meinte Barnier. Prävention koste immer weniger, als wenn man eine bereits eingetretene Krise bereinigen müsse. "Am Ende des Wegs werden wir das weltweit beste Aufsichts- und Regulierungssystem haben." Die neuen europäischen Behörden und auch der Ausschuss für Systemrisiken würden aber keinesfalls die nationalen Aufsichtsbehörden ersetzen, sondern auf ihnen aufbauen.

Der EVP-Abgeordnete Jose Manuel Garcia-Margallo sprach von einem "guten Tag für Europa". Es sei wichtig, starke europäische Behörden zu haben. Sozialdemokrat Peter Skinner erklärte, die nun geschaffene Architektur habe gefehlt. Allerdings müssten auch Fehler der Vergangenheit vermieden werden. Sharon Bowles von den Liberalen meinte, der Zug für die europäische Finanzaufsicht habe zwar den Bahnhof verlassen, aber die "Finanzgesetzgebung ist immer noch wie ein Emmentaler mit vielen Löchern". Ein einziges Buch mit Vorschriften könne dies nicht abdecken.

Der Grüne EU-Mandatar Sven Giegold sagte, es sei ein weiterer Stein des Hauses Europa gelegt worden. Jedenfalls seien all jene Lügen gestraft worden, die meinten, nach der Finanzkrise würde gar nichts passieren, und es komme zu einer Phase der Renationalisierung. Kritisch äußerten sich einige britische Abgeordnete, die bezweifelten, ob die europäische Finanzaufsicht effektiver arbeiten werde als die nationalen Aufsichtsbehörden.

VP-Karas und SP-Regner: Fortschritte mit Wermutstropfen
Als Fortschritte mit Wermutstropfen bezeichneten der Vizechef der Europäischen Volkspartei, Othmar Karas, und die SPÖ-Europaabgeordnete Evelyn Regner die nun  verabschiedete Regelung. Beide bemängelten, dass es kein echtes Durchgriffsrecht der Behörden gebe. Das Durchgriffsrecht hänge mit der Definition einer Krise zusammen - und diese Entscheidung liege weiterhin bei den EU-Staaten.

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