Nach Messerattacke

Gewalt gegen Ärzte: Kammer fordert höhere Strafen

Österreich
16.07.2019 12:10

Vergangene Woche wurde ein Arzt in einem Wiener Spital mit einem Messer attackiert und musste notoperiert werden (siehe auch Video oben). Doch der Fall ist nur die Spitze des Eisbergs, zahlreiche Mediziner schildern eine steigende Gewaltbereitschaft unter den Patienten. Am Dienstag forderte die Ärztekammer eine Reihe von Maßnahmen: Unter anderem sollen die Strafen bei tätlichen Angriffen auf Mitarbeiter im Gesundheitswesen erhöht werden, zudem brauche es mehr Geld und mehr Personal, um die Wartezeiten zu verkürzen - denn zu langes Warten sei ein „Nährboden für Aggression“, so Kammerpräsident Thomas Szekeres.

Österreichweit schweben Szekeres 1000 zusätzliche Stellen vor. Überhaupt brauche es eine Erhöhung der Ausgaben für den Gesundheitssektor, so der Ärztekammer-Präsident. Etwa würden Deutschland und die Schweiz gemessen am Bruttoinlandsprodukt prozentuell mehr für die Gesundheitsversorgung ausgeben. In Österreich wünscht sich Szekeres daher eine Anhebung der Gesundheitsausgaben auf zwölf Prozent des BIP. „Wir müssen mehr Geld in die Hand nehmen, um die großen Herausforderungen Gesundheit und Pflege zu meistern.“

80 Prozent geben an, im vergangenen Jahr bedroht worden zu sein
Vizepräsident Johannes Steinhart berichtete davon, dass die Aggression auch in niedergelassenen Arztpraxen ein inakzeptables Ausmaß erreicht habe. Es brauche daher Gegenmaßnahmen auf breiter „gesellschaftlicher, politischer und rechtlicher Basis“. In einer Online-Blitzumfrage unter niedergelassenen Allgemeinmedizinern mit Kassenvertrag in Wien hätten 80 Prozent der Teilnehmer angegeben, im vergangenen Jahr verbal bedroht worden zu sein, zehn Prozent körperlich. Es gebe aber kaum repräsentative Daten, räumte Steinhart ein. Derzeit laufe jedoch eine kammereigene Umfrage, deren Ergebnisse im August vorliegen sollen.

Neun Prozent der 600 Mediziner, die bisher daran teilnahmen, erklärten, dass es in den vergangenen sechs Monaten in ihrem Arbeitsumfeld mindestens einmal zu Drohungen mit Waffen gekommen sei. Eine 43-jährige Ärztin aus Wien sagte gegenüber der „Krone“, sie sei im Dienst bereits dreimal brutal attackiert worden: mit einer Eisenstange, einer Flasche und mit der Faust.

Sicherheitschecks wie bei Gericht?
Neben der Verschärfung um Strafgesetzbuch brauche es auch eine Reihe anderer sicherheitsbildender Maßnahmen. In Spitälern seien etwa Sicherheitschecks wie bei Gericht vorstellbar, so Szekeres. Im niedergelassenen Bereich sei dies jedoch schwieriger, gab wiederum Steinhart zu bedenken. Aber auch da könne man mit baulichen Maßnahmen einiges machen, oder etwa mit Notfallknöpfen. Auch mehr Security-Personal könne sinnvoll sein, so Steinhart.

Workshops zum Thema Deeskalation und Konfliktlösung ausgebucht
Auch sollte darauf geachtet werden, dass die Notfallambulanzen in den Spitälern entlastet werden, indem man etwa zusätzlich allgemeine Ambulanzen anbiete. Darüber hinaus brauche es geförderte Schulungen von Ärzten auf den Gebieten Konfliktlösung und Deeskalation. In Wien berichtet Steinhart von einem Run auf derartige Workshops: „Sie sind derzeit völlig ausgebucht.“

Gründe reichen von Angst bis hin zu kulturell bedingten Problemen
Indes will der Berufsverband Österreichischer PsychologInnen (BÖP) einen Runden Tisch initiieren, um dem Problem „Gewalt im Gesundheitsbereich" entgegenzutreten. Mit Vertretern aller Gesundheitsberufe sollen die Ursachen für die Gewaltentwicklung thematisiert, analysiert und gesamthafte Lösungen erarbeitet werden. Die Gründe seien vielfältig und reichten von Angst und Überforderung nach einer erschreckenden Diagnose, Wut aufgrund langer Wartezeiten über Auseinandersetzungen mit Mitpatienten bis hin zu kulturell bedingten Problemen. Seit Jahren würden daher Spitalsmitarbeiter mehr psychologische Unterstützung fordern.

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