Mitten in einem stark frequentierten Warteraum im Wiener SMZ Süd zückt ein Patient plötzlich ein Messer, geht auf einen Arzt los und verletzt ihn bei dem Angriff lebensgefährlich. Eine Notoperation rettet dem Mediziner das Leben, der Verdächtige lässt sich noch im Krankenhaus widerstandslos festnehmen. Immer rascher wird die Schwelle der Bereitschaft zur Gewaltanwendung überschritten, Angriffe in Österreichs Krankenhäusern nehmen zu. Dies schlägt sich auch in Fragebögen von Mitarbeitern der AUVA nieder, die seit eineinhalb Jahren ihre Erfahrungen dokumentieren. Der Trend ist sichtbar: „Es wird tendenziell mehr.“
Ein Hauptgrund für aggressives Verhalten seien die Wartezeiten in den Einrichtungen, erklärt Angelika Stadler-Wallig, Leiterin der Wiener AUVA-Stabsstelle für Organisation von Großunfällen und Katastrophen. „Die Bereitschaft zu warten ist viel weniger gegeben. Die Patientenzahlen steigen, die Hemmschwelle, sich zu beschweren und aufzuregen, sinkt. Der Patient ist selbst im Stress und schaukelt sich selbst hoch. Sie werden auch schneller körperlich aggressiv“, schilderte Stadler-Wallig.
Respekt vor Krankenhauspersonal geht zurück
Absolute Zahlen nannte sie nicht, aber alleine in einem der beiden Traumazentren in Wien - eines befindet sich in Meidling, ein weiteres im Lorenz-Böhler-Krankenhaus in Brigittenau - gab es im Vorjahr zahlreiche gemeldete Fälle. Und heuer werden es noch mehr werden. Denn bereits nach den ersten sechs Monaten des heurigen Jahres bewegen sich die Zahlen auf dem Niveau des gesamten Vorjahres. „Der Respekt vor dem Krankenhauspersonal geht zurück. Dabei ist das Pflegepersonal auf den Stationen ohnehin sehr duldsam“, sagte Stadler-Wallig.
Maßnahmen wurden daraufhin ergriffen, etwa ein privater Sicherheitsdienst installiert. Dieser werde mittlerweile bereits bei einem Drittel der gemeldeten Vorfälle dazugeholt, im Vorjahr war es noch bei einem Viertel der Fälle. Die verbale Aggression sei sehr hoch, stellte Stadler-Wallig fest.
„Polizei mittlerweile in sehr viele Vorfälle involviert“
In 78 Prozent der Fälle wird das Personal beschimpft. Bei jedem dritten Angriff blieb es nicht bei verbalen Beleidigungen. In 30 Prozent der gemeldeten Übergriffe schlugen oder traten die Aggressoren das Personal, in 15 Prozent der Fälle warfen sie auch mit Gegenständen um sich oder begossen ihre Widersacher mit Flüssigkeiten. „Auch die Polizei ist mittlerweile in sehr viele Vorfälle involviert. Sie kommt mindestens wöchentlich, am Wochenende zwei- bis dreimal. Auch am Abend wird es mehr“, sagte die AUVA-Expertin.
Maßnahmenpaket
Neben einer privaten Securityfirma wurden weitere Maßnahmen ergriffen, um die Sicherheit zu erhöhen, etwa verbesserte Informationen über die Wartezeiten mittels Laufschrift. Auch wurde ein Panikalarm installiert, mit dem Krankenhausmitarbeiter auf sich aufmerksam machen können, via PC mit einer simplen Tastenkombination. Ein Notrufalarm wurde auch in der Erstaufnahme angebracht, der einen direkten Kontakt zur Polizei herstellt.
Gemeinsam mit der Exekutive werden auch Sicherheitsworkshops angeboten, vor allem Strategien zur Deeskalation werden hierbei unterrichtet. Ab Herbst soll es zudem Selbstverteidigungskurse geben. Die Schulungen werden gut angenommen und sind laut Stadler-Wallig sehr gefragt.
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