Nachgefragt

Beatrix Karl im Interview: “Frauen sind erfolgreicher”

Österreich
30.01.2010 20:40
Die neue Wissenschaftsministerin Beatrix Karl hat kein leichtes Erbe übernommen. Wie will sie mit den vorhandenen Mitteln bessere Unis und mehr Forschung ermöglichen? Das erklärt sie im Interview mit Nadia Weiss.

„Krone“: Frau Minister, von einer Tageszeitung wurde eine optische Ähnlichkeit zwischen Ihnen und Claudia Schiffer bemerkt. Wie reagieren Sie auf solche Bemerkungen über Ihr Äußeres?
Beatrix Karl: Das finde ich einfach nur amüsant.

„Krone“: Finden Sie, dass die Bundeshymne auf „Heimat bist du großer Söhne und Töchter“ geändert werden sollte?
Karl: Die Änderung der Bundeshymne ist mir kein Herzensanliegen. Meiner Meinung nach wäre es wesentlicher, darauf zu achten, dass die „Töchter“ des Landes die gleichen Ausbildungschancen wie die „Söhne“ bekommen und in der Folge an den Universitäten auch bei den Rektoren und Professoren in gleichem Maße vertreten sind. Das habe ich als Frau schon erlebt, wie schwer es oft ist, sich in Männerdomänen durchzusetzen.

„Krone“: Liegt es am System oder sind die Uni-Professoren und Rektoren prinzipiell ein Macho-Verein?
Karl: (Lacht.) Es ist oft eine Frage der Einstellung: Wenn von drei Uni-Assistenten eine Person weiblich ist, wird diese eher mit administrativen Tätigkeiten und bürokratischer Papierarbeit beschäftigt sein als die männlichen Kollegen. Die Frauen lassen diese Rolle zu, und am Ende haben sie natürlich zu wenig publiziert und haben einen klaren Karrierenachteil.

„Krone“: Was hilft dagegen?
Karl: Ich denke, dass die Quotenregelung hier erfolgreiche Veränderungen bringen kann. Der wissenschaftliche Nachwuchs muss generell gefördert werden, aber es gibt einen besonderen Nachholbedarf bei Frauen.

„Krone“: An sich ist die ÖVP ja nicht für Mann-Frau-Quotenregelungen?
Karl: Auch ich bin nicht prinzipiell der Meinung, dass Quoten die Berufschancen von Frauen erhöhen. An den Universitäten wird man es probieren. Frauen sind ja viel erfolgreicher als Männer, sie arbeiten beim Studium und in der Forschung meinen Beobachtungen nach viel präziser und zielorientierter, während sich Männer gerne „durchwurschteln“. Da muss es an anderen Umständen liegen, dass es zum Beispiel keine weiblichen Rektoren gibt.

„Krone“: An Österreichs Universitäten beginnen wesentlich mehr Frauen als Männer ein Studium, sie schließen es jedoch in weitaus geringerem Prozentsatz ab. Liegt es an der Familienplanung?
Karl: Es liegt vielfach auch daran, dass die Universitäten zu wenig im Bereich Kinderbetreuung anbieten. Dies zu ändern, ist mir ein wesentliches Anliegen.

„Krone“: Vizekanzler und Finanzminister Josef Pröll hat einst den Kinderhort an der Wiener Boku (Institut für Bodenkultur) gegründet. Wird er ein offenes Ohr für Ihr Anliegen haben und Ihnen mehr Geld zur Verfügung stellen?
Karl: Mehr Geld kann man immer brauchen! Das Budget wurde jedoch bereits von meinem Vorgänger Johannes Hahn sehr gut verhandelt, und es ist sogar ein Überschuss vorhanden.

„Krone“: Obwohl Ihr Vorgänger aus Geldmangel sogar das Forschungsprojekt CERN stoppen wollte und auch Sie Studiengebühren befürworten?
Karl: Die Überlegung mit CERN gab es, das stimmt. Und natürlich könnte man sich mit einem größeren Budget besser bewegen, dafür werde ich mich auch vehement einsetzen. Nur, bis dahin kann man auch mit den gegebenen Mitteln einiges erreichen. Studiengebühren haben sich bewährt, generell ist die Situation bei den Massenstudien nicht akzeptabel.

„Krone“: Wie möchten Sie bei den Zugangsregelungen vorgehen? Durch das Doppel-Abiturjahr bei unseren deutschen Nachbarn müssen wir 2011 einen Ansturm auf unsere Universitäten erwarten?
Karl: Für mich sollten nur jene in Österreich studieren können, die auch in ihrem Heimatland einen Studienplatz hätten. Eine Zugangsbestimmung wie bei der Medizin ist nur argumentierbar, wenn Österreich sagt, dass es die Ärzte dann auch später im Land braucht. Aber ich kann wohl kaum argumentieren, dass wir einen besonderen Bedarf an Psychologen haben? Hier muss man europaweit eine Regelung finden, die verhindert, dass einzelne Länder massiv benachteiligt werden.

„Krone“: Sie hätten, laut Eigenaussage, während der Proteste und der Audimax-Besetzung mit den Studierenden gesprochen. Was hätten Sie den Unzufriedenen angeboten?
Karl: Vor allem hätte ich das Gespräch, die Diskussion, die Auseinandersetzung gesucht. Genau dafür soll die Universität ja ein Ort der Begegnung sein, und genau das konnte ich bei Lehrveranstaltungen auch immer wieder beobachten: Durch die Fragen und Überlegungen der Studenten bekommt man plötzlich eine andere Perspektive.

„Krone“: Verstehen Sie den Unmut der Studenten?
Karl: Ja, sehr wohl. Beispielsweise ist das Bologna-Modell, das heißt eine europaweite Standardisierung hinsichtlich der Form des Studiums, sicher ein Gewinn für alle Seiten, weil es einfach eine Vergleichbarkeit schafft. Andererseits gab es massive Fehlentwicklungen in der Umsetzung, die jetzt korrigiert werden müssen. Wenn man ein Studium zeitlich abkürzt, muss man natürlich auch den Studienplan ändern, das ist ganz klar.

„Krone“: Haben Sie sich während Ihres Studiums auf der Universität wohl gefühlt?
Karl: Doch, sehr. Auch später hat mich die wissenschaftliche Tätigkeit sehr begeistert und ausgefüllt. Nun habe ich die Gelegenheit, ein Ressort zu führen, das sich mit meinen Interessen deckt. Daher habe ich die Herausforderung angenommen, wenn auch nach einer kleinen Bedenkzeit.

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