Besser als der Film?

„Jurassic World Evolution“: Dinospiel am Prüfstand

Digital
21.06.2018 09:00

Wenn zum Kinostart eines Blockbuster-Streifens wie „Jurassic World: Das gefallene Königreich“ das passende Computerspiel veröffentlicht wird, ist ob der oft miserablen Qualität solcher Umsetzungen Vorsicht geboten. Wenn ein Studio wie Frontier Developments sich der Sache annimmt, darf man aber hoffen. Schaffen es die Parksimulator-Experten mit „Jurassic World Evolution“, einen gelungenen Dinopark-Simulator abzuliefern? Wir haben den Test.

Wenn es ein Entwicklerstudio gibt, dem ein Game wie „Jurassic World Evolution“ auf den Leib geschrieben ist, dann Frontier Developments. Die Briten haben immerhin mit „Rollercoaster Tycoon“ und „Zoo Tycoon“ in der Vergangenheit Erfahrung mit Freizeit- und Tierparksimulatoren gesammelt. Und letzten Endes ist ja auch „Jurassic World Evolution“ irgendwie eine Mischung aus Freizeit- und Tierpark. Wenn auch mit sehr großen Tieren.

Konkret erwarten rund 40 Urzeitechsen - größtenteils solche, die es wirklich gab, vereinzelt aber auch Mutanten wie in den neuen Filmen - die Spieler auf der Inselgruppe der „fünf Tode“, dem Schauplatz von „Jurassic World Evolution“. In der Kampagne arbeitet sich der Spieler bei steigendem Schwierigkeitsgrad durch alle fünf Inseln, baut gewinnträchtige Dinoparks, erforscht neue Saurier und wehrt sich gegen die Elemente. Vor allem Stürme können verheerende Konsequenzen haben.

Weniger Aufbauspiel als anfangs gedacht
Apropos Gameplay: Spielerisch ist „Jurassic World Evolution“ weniger Aufbauspiel, als man das bei einem Dinopark-Simulator zunächst erwarten würde. Die Zahl der verfügbaren Gebäude hält sich in Grenzen, vergleichsweise schnell sind die Inseln im Spiel mit Gehegen, Expeditions-, Fossilien- und Forschungslaboren sowie Ranger- und Eingreiftrupp-Zentralen vollgebaut.

Die Gestaltung der Gehege ist nicht überbordend komplex, wenngleich man sich hier gleich Gedanken über die Bedürfnisse der künftigen Bewohner machen sollte. Gesellige Tiere wie der Velociraptor brauchen genug Platz, um im Rudel zu jagen. Manch ein Pflanzenfresser wird unrund, wenn er nicht genug Wald vorfindet, um sich zu verstecken. Beobachtungsstationen und Gentechnik-Labore sollte man im Umfeld der Gehege ebenfalls nicht vergessen.

Viel Mikromanagement, wenig echte Tiefe
Damit dem Spieler trotz überschaubarer Baumöglichkeiten nicht fad wird, bietet das Spiel eine Menge Mikromanagement. Das fängt damit an, dass man Expeditionstrupps in alle Winkel der Welt schicken muss, um Dino-Fossilien und damit DNS zu gewinnen. In Laboratorien werden daraus lebensfähige Dinos gezüchtet, genetisch manipuliert, zusätzlich gibt es eine Menge Gebäudeverbesserungen und sogar einen Medizin-Talentbaum, um im späteren Verlauf fiesere Dino-Krankheiten zu heilen. Verbesserungen, spektakulärere Dinos und Touristenattraktionen lassen mit der Zeit die Kassen klingeln, die Reputation des Parks steigen und erlauben dem Spieler, die nächste Insel zu bebauen, bis er schließlich Herr über fünf Dinoparks ist.

Schade: Gerade in der Anfangsphase des Spiels erschien uns dieses Gameplay bisweilen etwas zu gemächlich. Wenn wir auf einer Übersichtskarte einen Expeditionstrupp losschicken und ein Timer erscheint, nach dessen Ablauf wir eine Handvoll Fossilien untersuchen dürfen, fühlt sich das ein wenig nach Free-to-Play-Handyspiel an. Das Upgrade-System lässt den Spieler nur langsam voranschreiten und neue Dinos freischalten - fast, als wolle man die Spielzeit strecken. Selbiges gilt für manch eine der nicht immer sinnvollen Missionen à la „Baue Gebäude XY und erhalte eine Belohnung“, die beim Parkbau erfüllt werden müssen. Eine Zeitraffer-Funktion wäre hilfreich gewesen.

Abwechslung als Jeep- oder Helipilot
Angesichts dieser Längen trifft es sich gut, dass man in „Jurassic Park Evolution“ jederzeit als Jeep- oder Helikopterpilot auf Tuchfühlung mit seinen Dinos gehen und den Park aus Besucherperspektive erforschen kann. Da füllt man Futterstationen auf, widmet sich einem unterhaltsamen Dino-Foto-Minispiel à la „Pokémon Snap“, betäubt randalierende Fleischfresser oder repariert beschädigte Zäune.

Einen spielerischen Vorteil hat das nicht - vor allem später im Spiel, wenn mehr Problem-Dinos im Park leben und öfter unerwartete Ereignisse eintreten. Stattdessen kann man Rangertrupp und Helikopter auch deutlich effektiver per Maus befehligen. Es ist aber eine nette Dreingabe für Dino-Fans und lockert die ansonsten recht repetitive und langwierige Dino-Freischalterei angenehm auf.

Großartige Grafik - sogar von ganz nah
Zumal „Jurassic World Evolution“ optisch ausgesprochen gelungen ist. Animationen und Modelle der Dinos sind eine Augenweide: Scharfe Texturen, geschmeidige Bewegungen, der Sound so naturnah, wie er bei seit 65 Millionen Jahren ausgestorbenem Getier sein kann. Aber auch die Landschaften mit hübscher Vegetation, sehr schönen Wettereffekten und herumwuselnden Parkbesuchern wissen zu gefallen.

Die Grafik von „Jurassic World Evolution“ ist in der Praxis so gut, dass das Spiel selbst aus der ganz nahen Perspektive im Jeep oder Helikopter aussieht. Bemängeln könnte man höchstens, dass nicht extrem viel Abwechslung geboten wird - jede der fünf bebaubaren Inseln ist im Endeffekt ein Tropeneiland.

Für manche Spieler möglicherweise ebenfalls problematisch ist der Hardwarehunger, den diese optische Opulenz mit sich bringt. In höchsten Einstellungen bringt der Dinopark-Simulator selbst starke Rechner an ihre Grenzen - und zwar nicht nur die Grafikkarte, sondern durch die detaillierte Besucher- und Dinosimulation auch die CPU.

Schöner Soundtrack, gewohnte Sprecher
Akustisch hat uns „Jurassic World Evolution“ sehr gut gefallen. Einerseits wegen des gelungenen, mit Stücken aus dem Film angereicherten Soundtracks, andererseits auch wegen der ebenfalls aus dem Film geliehenen Sprecher. Besonders der von Jeff Goldblum gesprochene Dr. Ian Malcolm, der uns im Spielverlauf immer wieder ins Gewissen redet, bleibt in Erinnerung. Aber auch die anderen Charaktere, mit denen man im Spielverlauf Kontakt hat, sind sauber vertont.

In puncto Umfang hinterlässt „Jurassic Park Evolution“ einen gemischten Eindruck. Wie zuvor bereits angedeutet, hatten wir beim Spielen dort und da das Gefühl, dass man hier versucht hat, die Spielzeit zu strecken. Es gibt zwar viele nette Ideen - etwa eine paläontologisch akkurate Dino- und Ausgrabungsstätten-Datenbank zum Schmökern - und viel Mikromanagement. Gleichzeitig hätten wir uns aber mehr Abwechslung und Tiefe gewünscht. Das Zufriedenheitssystem bei Dinos und Besuchern hätte für unseren Geschmack zum Beispiel ruhig noch etwas komplexer ausfallen dürfen, auch in der Parkverwaltung an sich haben frühere Frontier-Spiele mehr Tiefe geboten.

Fazit: „Jurassic World Evolution“ ist nicht die Lizenz-Katastrophe, die viele „Verspielungen“ großer Kinofilme vor ihm waren. Es ist aber auch keine Offenbarung für Aufbaufüchse. Es sind vor allem die Längen im Gameplay und ein Mangel an Tiefe, die uns beim Testen bisweilen den Spaß verdorben haben. Klar ist es eine Freude, mit Jeep oder Helikopter durch den eigenen Dinopark zu düsen. Das Spiel hätte aber noch mehr Spaß machen können, hätte man das Gameplay motivierender und stellenweise weniger wie ein Free-to-Play-Handyspiel gestaltet.

Plattform: PC, PS4, Xbox One
Publisher: Frontier Developments, Universal Pictures
krone.at-Wertung: 7/10

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