Zielhafen Valencia

Italienische Schiffe begleiten Flüchtlingsboot

Ausland
12.06.2018 08:15

Nach tagelangem Streit darüber, wo das Flüchtlingsschiff Aquarius der Hilfsorganisationen Ärzte ohne Grenzen (MSF) und SOS Mediterranee anlegen darf, ist das Boot nun unterwegs Richtung Spanien. Auf dem Weg in den Hafen Valencia soll es dabei von zwei italienischen Schiffen begleitet, das die Aquarius mit Lebensmitteln und Treibstoff versorgt. In Brüssel und Straßburg wurden indes Rufe nach einer Lösung des festgefahrenen Asylkonflikts lauter.

Am Dienstag wurde der Transport der 629 Migranten, die sich an Bord der „Aquarius“ befinden, vorbereitet. Am Nachmittag wurden rund 400 Personen an die zwei Schiffe der italienischen Küstenwache übergeben. Die gemeinsame Reise der drei Schiffe wird voraussichtlich vier Tage lang dauern. An Bord werden sich auch italienische Ärzte und Personal des UNO-Kinderhilfswerks UNICEF befinden.

Vier schwangere Migrantinnen wurden indes nach Lampedusa gebracht. Der neue italienische Innenminister Matteo Salvini hatte am Wochenende der „Aquarius“ untersagt, in italienischen Häfen einzulaufen, ergänzte dann aber am Dienstag, dass Italien bereit sei, die an Bord befindlichen Frauen und Kinder aufzunehmen. Insgesamt befinden sich unter den 629 Asylsuchenden sechs schwangere Frauen, elf Kinder und 123 unbegleitete Minderjährige.

„Mussten einige Menschen wiederbeleben“
Seit Sonntag hatten die Hilfsorganisationen vergeblich vor der mehrtägigen Fahrt von dem Meeresgebiet zwischen Italien und Malta nach Spanien gewarnt und dabei auf das schlechter werdende Wetter und die körperliche Verfassung vieler Asylsuchenden an Bord verwiesen. Der MSF-Projektleiter auf dem Schiff, Aloys Vimard, berichtete am Dienstag, dass dessen Kapazitätsgrenze überschritten seien. Auch wenn der gesundheitliche Zustand der Passagiere derzeit stabil sei, habe man mehrere Menschen in kritischem Zustand behandeln müssen, „darunter einige, die fast ertrunken wären, sowie Personen mit Verätzungen. Wir mussten einige Menschen wiederbeleben.“ Einige der ernsten Fälle müssten „sofort“ in einen sicheren Hafen gebracht werden, forderte Vimard.

Spanien nimmt Flüchtlinge auf
Nachdem sich Italien und Malta in den vergangenen Tagen nicht darauf einigen konnte, wer die Flüchtenden auf der „Aquarius“ aufnimmt, teilte der neue spanische Regierungschef Pedro Sanchez am Montagabend mit, die Einfahrt des Rettungsschiffes in Valencia aus „humanitären Gründen“ zuzulassen. Montagfrüh bot überraschend auch die korsische Regionalregierung ihre Hilfe an und schlug die Aufnahmen der „Aquarius“ in einem Hafen der französischen Mittelmeerinsel vor. Das Angebot dürfte nicht mit der Regierung in Paris abgesprochen worden sein. Europa-Staatssekretär Jean-Baptiste Lemoyne sagte gegenüber Sud Radio, die Haltung des korsischen Regierungschefs sei „einfach“ einzunehmen, wenn man keine Verantwortung zu übernehmen habe. Malta kündigte unterdessen an, die Seenotretter unter anderem mit Lebensmittelpaketen versorgen zu wollen.

„Signal für ganz Europa“
Man wolle ein Signal für ganz Europa setzen, die Aufnahme der Flüchtlinge sei eine „rechtliche Pflicht“, die Spanien „nicht umgehen kann und nicht umgehen will“, sagte die spanische Vize-Regierungschefin Carmen Calvo in einem Radiointerview. „Hier handelt es sich ja nicht um Einwanderung, sondern um eine Ausnahmesituation.“ Spanien mache genau das, „was ein Land tun muss“, so Calvo. Zuvor hatte Außenminister Josep Borrel erklärt, die Entscheidung sei eine „effektive, aber auch symbolische Geste“ mit Blick auf den EU-Gipfel Ende Juni, bei dem auch über die europäische Asylpolitik beraten werden soll.

Position Italiens sei „inakzeptabel“
Auch das Europaparlament rief die Staats- und Regierungschefs auf, bei dem Gipfel eine Lösung für die Migrationskrise zu finden. Mehrere Fraktionsführer verlangten am Dienstag in einer Debatte mit EU-Kommissionsvize Frans Timmermans und der bulgarischen EU-Ratspräsidentschaft ein Abkommen zur Reform des Dublin-Systems. Die Entscheidung Italiens, die Aquarius nicht anlegen zu lassen, bezeichneten Abgeordnete als „Schande“ und als „Skandal“. Die Position Italiens sei „inakzeptabel“ und „außerhalb jedes Rechtsrahmens“, kritisierte auch der ÖVP-Europaabgeordnete Heinz Becker. Der Vizepräsident der Sozialdemokraten im Europaparlament, Josef Weidenholzer (SPÖ), drohte dem Rat der EU-Staaten mit einer Klage, wenn es weiter keine Lösung in der Asylfrage gebe.

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