"Die EU ist unfähig"

CETA vor Aus? Kanada bricht Gespräche vorläufig ab

Ausland
21.10.2016 18:30

Das Freihandelsabkommen CETA zwischen der EU und Kanada wackelt. Die kanadische Handelsministerin Chrystia Freeland brach am Freitag die Gespräche mit der Regierung der belgischen Region Wallonien ab, an deren Nein der Vertrag nun zu scheitern droht. "Es scheint für mich und Kanada offensichtlich, dass die EU derzeit unfähig ist, ein internationales Abkommen abzuschließen - nicht einmal mit einem Land, das europäische Werte teilt, wie Kanada", sagte Freeland am Freitag zerknirscht.

Die belgische Zentralregierung ist zwar wie die der anderen 27 EU-Länder für das Abkommen, ihr sind aber die Hände gebunden, solange Wallonien seine Zustimmung weiter versagt. CETA kommt nur dann zustande, wenn es alle EU-Staaten unterzeichnen. Ein Vertreter der EU-Kommission sagte, man gehe davon aus, dass dies nicht das letzte Wort sei.

Juncker: "Ich verliere nicht die Hoffnung"
Führende EU-Politiker hatten sich zuvor noch zuversichtlich gezeigt, dass es bis zur geplanten Vertragsunterzeichnung am kommenden Donnerstag doch noch zu einer Einigung kommt. "Ich bin optimistisch dahin gehend, dass man bei CETA vielleicht noch eine Lösung findet", sagte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel nach dem zweitägigen EU-Gipfel in Brüssel. "Ich verliere nicht die Hoffnung", sagte auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. "Ich glaube, dass es durchaus möglich ist, in den nächsten Tagen noch eine Lösung mit unseren wallonischen Freunden zu finden." Das Abkommen mit Kanada sei "das beste, das wir je ausgehandelt haben". Der wallonische Ministerpräsident Paul Magnette sah nach stundenlangen Verhandlungen mit Vertretern der EU und Kanadas zwar Fortschritte, aber wegen der strittigen Frage der Schiedsgerichte noch keine Einigung .

Kritiker befürchten Nachteile für die Wirtschaft
Das Parlament des gut 3,5 Millionen Einwohner zählenden Wallonien, das nicht einmal ein Prozent der mehr als 500 Millionen EU-Bürger repräsentiert, hatte CETA in der Vorwoche mit großer Mehrheit abgelehnt. Kritiker befürchten Nachteile für die Wirtschaft - etwa für Bauern durch billige Fleischimporte. Während es in dieser Frage Fortschritte gegeben habe, konnte der Streit über die Schiedsgerichte noch nicht beigelegt werden. Hier befürchten Gegner, dass diese von großen Konzernen zu deren Gunsten ausgenutzt werden könnten - etwa um Einfluss auf die Politik zu erhalten und missliebige Reformen zu stoppen. Das war Gegenstand der Verhandlungen Freelands mit der wallonischen Regionalregierung.

Die EU-Kommission und die Mitgliedsstaaten erhoffen sich von dem seit 2009 verhandelten Pakt mit Kanada mehr Handel und Wachstum durch den Abbau von Zöllen und durch einheitliche Standards. Befürworter gehen davon aus, dass dadurch das Bruttoinlandsprodukt in der EU um jährlich zwölf Milliarden Euro gesteigert werden könnte und neue Arbeitsplätze entstehen. In Wallonien werden diese Argumente argwöhnisch verfolgt. Die Provinz - einst mit Kohle und Stahl zu Reichtum gekommen - fühlt sich als Verlierer der Globalisierung, durch die viele Jobs nach Asien verlagert wurden. Erst im September kündigte der US-Baumaschinenkonzern Caterpillar an, 2000 Stellen in seiner wallonischen Fabrik zu streichen.

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