Lehnt Rücktritt ab

Brown will trotz wachsenden Drucks weitermachen

Ausland
07.06.2009 15:31
Allen Rücktrittsforderungen, Spesenskandalen und schlechten Wahlergebnissen zum Trotz hält der britische Premierminister Gordon Brown an seiner Politik fest - und denkt auch weiter nicht daran, seinen Hut zu nehmen. "In diesen unvergleichlichen Zeiten muss man anerkennen, dass es in der Politik zwangsläufig Höhen und Tiefen gibt", sagte Brown im nordfranzösischen Colleville-sur-mer bei der Gedenkfeier für die Landung der Alliierten in der Normandie. "Wir lassen uns nicht ablenken."

Browns Regierung geriet vor allem wegen eines Spesenskandals ins Wanken, in den auch mehrere Minister verstrickt sind. Der Premier hatte allein vergangene Woche Rücktritte von mehreren Ministern und Staatssekretären zu verkraften. Dies zwang ihn auch, eine Kabinettsumbildung vorzuziehen. Hinzu kam eine Schlappe bei den Kommunalwahlen: Dabei fuhr Labour mit 23 Prozent das schlechteste Ergebnis in der Geschichte ein und verlor traditionelle Hochburgen. Gewinner waren die Tories, die auf 38 Prozent kamen.

Auch bei den EU-Wahlen droht Browns Partei eine herbe Niederlage. Jüngsten Umfragen zufolge könnte Labour sogar auf den dritten Rang hinter die konservative Opposition und die Partei UKIP zurückfallen, die für einen Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union wirbt. Wales-Minister Peter Hain erwartete am Sonntag "schreckliche" Wahlergebnisse für Labour. Gewinner könnten wegen des Skandals um die teils betrügerischen Spesenabrechnungen radikale Randparteien sein.

Handelsminister stellt sich hinter Premier
Der britische Handelsminister Peter Mandelson forderte unterdessen am Sonntag in der BBC Parteirebellen auf, sich hinter den Premier zu stellen. Jeder Versuch, Brown zu ersetzen, würde einen "unaufhaltsamen Druck auf die Abhaltung von landesweiten Wahlen" bedeuten. Kurz zuvor waren Auszüge eines E-Mails von Mandelson bekannt geworden, in dem er Brown als "unsicher und befangen" bezeichnete, als jemanden, der sich "nicht wohl in seiner Haut fühlt". Das bereits im Jänner 2008 vor Mandelsons Amtsantritt als Minister verfasste Mail sei jedoch "nicht feindlich" gewesen und habe nur ausgedrückt, Brown solle "sein, wie er ist", sagte Mandelson der BBC.

Der frühere Minister für Justizfragen und Labour-Politiker, Charles Falconer, verlangte am Sonntag eine "dringende Debatte" über die Führung von Labour. Die Einheit der Partei wieder herzustellen, bedeute "möglicherweise auch einen Wechsel des Parteiführers", sagte er der BBC.

Spott und Hohn nach Versprecher
Brown musste sich zudem Spott und Hohn wegen eines Versprechers gefallen lassen. Bei der Gedenkfeier zum 65. Jahrestag der Landung der Alliierten in der Normandie sprach Brown am Samstag statt vom "Omaha"-Strand vom "Obama"-Strand. Dabei hatte der Premier offensichtlich US-Präsident Barack Obama im Sinn, der mit ihm an der Zeremonie auf einem US-Soldatenfriedhof in Frankreich teilnahm. Während die meisten Gäste sichtlich bemüht wirkten, sich ein Schmunzeln zu verkneifen, prasselte vor allem im Internet Spott über Brown nieder.

Brown ein "lebender Toter"?
Auch die britische Presse schonte den Premierminister nicht. Brown sei "wie ein verletzter Stier, stolz und trotzig, der aber nicht weiß, dass ihm ein Schwert tief zwischen den Schultern steckt", schrieb die Boulevard-Zeitung "Sun". Der Regierungschef sei wie ein "lebender Toter". Die konservative "Times" bezeichnete die Kabinettsumbildung als "Selbstmordpakt", der gezeigt habe, dass die Regierung gelähmt sei und einen geschwächten Premierminister an ihrer Spitze habe.

Sogar der der Labour-Party nahestehende "Daily Mirror" zog eine düstere Bilanz. Brown müsse einen "Berg erklimmen", um die Wähler zu überzeugen, dass die Partei es noch wert sei, gewählt zu werden.

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