Lauschangriff

Varoufakis zeichnete heimlich EU-Gespräche auf

Ausland
21.05.2015 10:32
Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis sorgt mal wieder für einen Aufreger: In einem Interview hat er erklärt, er habe die Gespräche der Euro-Gruppe in Riga aufgezeichnet. Die ohnehin überaus angespannte Beziehung zu den EU-Kollegen dürfte das nicht gerade verbessern. Immerhin, veröffentlichen könne er das Material nicht, so der umstrittene Minister.

Vor knapp einem Monat trafen die Finanzminister der Euro-Länder in Riga zusammen, um eine Einigung der Gläubiger mit Griechenland zu finden. Die kam allerdings einmal mehr nicht zustande - und Varoufakis musste sich heftige Kritik von seinen Kollegen gefallen lassen. "Spieler, Zeitverschwender und Amateur" sei er von ihnen genannt worden, so Eingeweihte später.

Das will Varoufakis aber nicht auf sich sitzen lassen. In einem am Mittwoch veröffentlichten Porträt über den streitbaren Minister in der "New York Times" erklärte er: "All diese Berichte, dass ich angepöbelt worden sei, beschimpft worden sei, dass man mich einen Zeitverschwender genannt habe und all das: Lassen Sie mich sagen, dass ich das mit jeder Faser meines Körpers dementiere." Er habe das Treffen auf Band festgehalten, so der griechische Finanzminister, könne die Aufnahme aber aufgrund von Verschwiegenheitsregeln nicht veröffentlichen.

Am Mittwochabend ließ Varoufakis dazu verlauten: "Mein Respekt für die Vertraulichkeit meiner Gespräche mit meinen Partnern, mit meinen Kollegen, mit den Institutionen ist beispielhaft und ich glaube, dass das von jedem anerkannt und verstanden wird." Ein Dementi klingt anders - seine Kollegen dürfte das nicht freuen, egal mit welchen Worten er bisher tatsächlich kritisiert wurde.

Euro-Finanzminister im Nervenkrieg
Als Chefverhandler wurde Varoufakis inzwischen vom griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras abgelöst - offenbar, um die Spannungen mit den EU-Amtskollegen ein wenig zu befrieden. Die sind sich einig, dass es bisher keine Lösung für das griechische Finanzdebakel gibt, weil es an der Kooperations- und Reformbereitschaft der Griechen mangle. Der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem, gleichzeitig Chef der Euro-Gruppe, erklärte in Riga, die Zeit für eine Einigung laufe ab, die Verantwortung dafür liege bei den Griechen. Man habe mit Varoufakis daher eine "sehr kritische Diskussion" geführt.

Besonders kritische Worte kommen immer wieder vom deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble, ebenfalls eine starke Persönlichkeit, der mit Varoufakis des Öfteren aneinandergerät. Er erklärte nach dem Treffen in Riga etwa, es sei "einigermaßen frustrierend", auf griechische Vorschläge zu warten.

Im Gegenzug warf ihm Varoufakis nun in der "Zeit" vor, Schäuble erkenne nicht, "wie hilfreich es für die Mainstream-Nordeuropäer wäre, eine Übereinkunft mit einer Bewegung wie Syriza in Griechenland zu erzielen". Schäubles Sprecherin erklärte daraufhin, sie glaube nicht, "dass dem Minister und seinem Denken und Handeln hier Denkfehler zugrunde liegen". Woraufhin Varoufakis in seinem Blog behauptete, die "Zeit" habe seine Antworten falsch übersetzt. Übersetzungs- oder Interpretationsfehler fänden sich allerdings nicht in den Aufzeichnungen, berichtet der "Spiegel".

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