"Provozieren Morde"

Italien: Priester löst mit Kritik an Frauen Volkszorn aus

Ausland
27.12.2012 12:44
Während Italien die Strafen für Frauenmorde verschärfen will, sorgt ein Priester mit aufsehenerregenden Aussagen für Empörung. Der Pfarrer der Ortschaft San Terenzo di Lerici im norditalienischen Ligurien publizierte einen Text, in dem er das provokative Verhalten der Frauen für die vielen, oft innerhalb der Familie begangenen Morde verantwortlich macht. "Frauen sollten mehr Selbstkritik üben. Wie oft provozieren sie die Männer mit ihrem Verhalten?", hieß es in dem Text, den Piero Corsi in seiner Pfarrei veröffentlichte.

"Frauen provozieren immer häufiger mit ihrer knappen Bekleidung, sie sind oft arrogant. Sie denken, dass sie total selbstständig sind und verschärfen somit nur die Spannungen. Kinder werden sich selbst überlassen, die Wohnungen sind schmutzig, die Speisen sind kalt oder kommen aus Fast-Food-Restaurants. Wenn es in den Familien eskaliert und zum Mord kommt - eine Form von Gewalt, die zu verurteilen ist und scharf bestraft werden muss - liegt die Verantwortung oft auf beiden Seiten", betonte der Priester.

Corsi klagte weiters, dass junge und ältere Frauen oft provokativ gekleidet seien. "Sie lösen damit die niedrigsten Instinkte der Männer aus und sollten sich fragen: 'Vielleicht legen wir es darauf an?'. Wie viele Frauen betrügen ihre Männer am Arbeitsplatz, in Sportzentren, in den Kinos?"

"Das sind wahnsinnige Ideen"
Die Kampagne Corsis löste im ganzen Land empörte Reaktionen aus. Intellektuelle und Politikerinnen kritisierten den Priester scharf. "Das sind wahnsinnige Ideen, die der Kirche nur schaden", sagte etwa Ex-Frauenministerin Mara Carfagna (Bild).

Der für Corsis Gemeinde zuständige Bischof Ernesto Palletti forderte den Priester auf, sein Traktat zurückzunehmen. Die Äußerung verletzte demnach die allgemeine Ansicht, nach der Gewalt gegen Frauen zu verurteilen sei. Am Donnerstag entschuldigte sich Corsi schließlich und kündigte eine Auszeit an.

Laut einem Gesetzentwurf, der von Carfagna im römischen Parlament eingereicht wurde, sollen Frauenmörder in Italien immer mit lebenslänglicher Haft bestraft werden. Außerdem soll der Mord an einer Frau nach jahrelangen Misshandlungen als erschwerender Umstand betrachtet werden. "In Italien gibt es weiterhin reaktionäre Begriffe und Vorurteile, denen die systematische Diskriminierung der Frauen und die Verletzung ihrer fundamentalen Rechte zugrunde liegen", so die Ex-Ministerin.

118 Frauenmorde in einem Jahr
In Italien wächst die Sorge wegen zunehmender Gewalt an Frauen. Nachdem seit Jahresbeginn 118 Frauen von Ehemännern, oder Lebensgefährten ermordet wurden, hat die Frauenbewegung "Wenn nicht jetzt, wann dann?" mit einer landesweite Kampagne gegen das "Frauenmassaker" begonnen. Die Bewegung startete eine Unterschriftensammlung gegen die eskalierende Gewalt gegen Frauen. Der Appell wurde von namhaften Intellektuellen, Politikern und Journalisten unterzeichnet.

Oftmals Eifersucht als Motiv
Die bisher höchste Zahl an Frauenmorden gab es in Italien im Jahr 2006, als 195 derartige Verbrechen registriert wurden. Fast jeder vierte Mord wird innerhalb der Familie verübt, in den meisten Fällen ist Eifersucht das Motiv.

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