Sein letzter Ausweg

Ludwig Hirsch: Todkrank wählte der Künstler den Freitod

Adabei
24.11.2011 17:44
Noch am Abend vor seinem Freitod hatte Ludwig Hirsch (65) positiv geklungen. Er und sein Manager, einer seiner engsten Freunde, der ebenfalls im Spital lag, sprachen einander Mut zu. Doch dann der dunkelgraue Morgen danach – und der schwer krebskranke Liedermacher sah keinen Ausweg, er sprang in den Tod. "Ich bin stolz, in dieser Branche so lange überlebt zu haben", sagte er in seinem letzten Interview mit der "Krone".

Am Donnerstagmorgen nach dem Frühstück sprang Hirsch aus dem Pavillon 26 im Wiener Wilhelminenspital in den Tod. Schon seit Längerem war bekannt, dass der 65-Jährige an schwerer Atemnot litt. Vor einer Woche kam eine Lungenentzündung hinzu.

In einem Einzelzimmer im zweiten Stock des Krankenhauses wurde der gebürtige Steirer gepflegt. Doch offenbar bekamen die Ärzte zwar seine akute Erkrankung in den Griff, konnten aber – wie so oft bei schweren Lungenleiden – dem Patienten keine günstige Prognose mehr stellen.

Daher wohl auch die Entscheidung, diesen Weg nicht mehr weitergehen zu wollen. Dem Text seines Liedes "Komm großer schwarzer Vogel" folgend (siehe Infobox), öffnete er nach einem letzten Telefonat mit seiner Frau Cornelia Köndgen kurz vor sieben Uhr früh die Fenster seines Sonderklassezimmers im Pavillon 26 und sprang in die Tiefe.

Ein Spaziergänger fand im düsteren Nebelgrau die Leiche. Laut Polizei war Ludwig Hirsch auf der Stelle tot. "Unser Mitgefühl gilt seiner Frau Cornelia und seinem einzigen Sohn Moritz", so sein Manager Karl Scheibmaier zur "Krone".

"Mitten in Himmel rein"
Entertainer, Liedermacher, Geschichtenerzähler, Philosoph – Ludwig Hirsch hatte viele Gesichter. Er hatte eine dieser ganz großen Stimmen, eine, die man unter Tausenden sofort erkannte. Egal ob in seinen Liedern, auf der Theaterbühne oder in Interviews – immer klang sie, als ob sie ein Märchen erzählte. Eines, das nicht immer ein Happy End hat.

Eine große Melancholie gehörte ebenso zu Ludwig Hirsch wie sein origineller, oft schwarzer Humor. Und obwohl er am 28. Februar 1946 in Hartberg in der Steiermark auf die Welt gekommen war, hatte er eine zutiefst "wienerische" Seele mit einem gewissen Hang zum Morbiden, das er wie kein anderer in zartbittere Lieder packte.

Dabei war die Musik gar nicht seine erste große Leidenschaft. "Ich hab zwar als Teenager in einer Band gespielt. Aber dann hat mich die Schauspielerei fasziniert", erzählte er einmal. Er begann seine Theaterkarriere in Deutschland und kehrte 1975 als Ensemblemitglied des Theaters in der Josefstadt nach Wien zurück. "Ich hatte eine spannende, verrückte Zeit in Deutschland. Als ich dann nach Wien gekommen bin, ging's mir nicht gut. Ich habe ein Ventil gesucht und die Gitarre ausgepackt. Das Album 'Dunkelgraue Lieder' war eine Retourkutsche ans graue Wien", schmunzelte er damals. Es war auch sein Debüt als einer der beliebtesten und bedeutendsten Liedermacher Österreichs.

In mehr als 30 Jahren schenkte er uns unvergessliche Werke wie "Bis Ins Herz", "In meiner Sprache", "Perlen" bis hin zum letzten Studioalbum "In Ewigkeit Damen". Und natürlich "Komm großer schwarzer Vogel", letztlich textliches Vorbild seines eigenen Sterbens.

Auf der Bühne brillierte er in Nestroys "Einen Jux will er sich machen" oder in Salzburgs "Jedermann" ebenso wie in unzähligen TV-Rollen. "Alt bin i wurn", gestand er im letzten "Krone"-Interview. "Aber stolz, in dieser Branche so lange überlebt zu haben." Und auch wenn er seine letzte Tour "Vielleicht zum letzten Mal" betitelte, hatte er viele Pläne. "Ich werd' mich nächstes Jahr auf meinen Bauernhof zurückziehen und neue Lieder schreiben", versprach er. Doch das Leben hatte kein Happy End für ihn...

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(Bild: kmm)



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