PR-Bauchfleck

BP-Chef Hayward: Wettsegeln statt Ölpest-Ärger

Ausland
20.06.2010 10:08
Der endgültige Beweis, dass BP-Chef Tony Hayward weder einflussreiche PR-Berater noch besonders viel Feingefühl für den Umgang mit der Öffentlichkeit hat, dürfte hiermit erbracht sein: Nur einen Tag nachdem er das Krisenmanagement für die Ölpest im Golf von Mexiko an einen BP-Manager abgetreten hat, ist der Brite schon auf die andere Seite des Atlantiks gejettet. An den Ufern der Isle Of Wight fieberte er dort mit der Besatzung seiner Segeljacht "Bob" (Bild) um den Titel des "J.P. Morgan Asset Management Round the Island Race".

"Niemand wünscht sich ein Ende dieser Krise so sehr wie ich. Glauben Sie mir, ich will mein altes Leben wieder zurück!" Just als vor ein paar Wochen klar wurde, dass die Ölpest für alles Leben im Golf von Mexiko bedrohliche Ausmaße erreichen wird, sorgte Hayward mit diesem Statement bei einer Bürgerversammlung für Aufregung. Ein paar Tage später sagte er der Londoner "Times", dass die Ölpest für BP teuer werde, weil wahrscheinlich sei, dass in den USA besonders "viele ungerechtfertigte Entschädigungsforderungen kommen".

Das Krisenmanagement des BP-Chefs war vom ersten Moment an geprägt von unglücklichen Aussagen und gipfelte am Donnerstag in einer katastrophalen Kongressanhörung. Den Abgeordneten trat der Schaum vor den Mund, während Hayward auf jede zweite Frage mit Sätzen wie "Dazu kann ich nichts sagen" antwortete. Der linksliberale US-Blog "Huffington Post" schnitt aus der mehrstündigen Anhörung ein vierminütiges Video zusammen, in dem Hayward im Prinzip nur sagt: "Das weiß ich nicht. Ich bin kein Experte auf diesem Gebiet."

Für seinen näselnden britischen Akzent, der ihn gegenüber den Amerikanern sogar bei ernsten Entschuldigungen arrogant rüberkommen lässt, kann Hayward freilich nichts. Dass er zielstrebig auf jedes Fettnäpfchen zusteuert und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch hineintritt, ließe sich aber vermeiden.

"Der BP-Chef hat sein Leben wieder"
Der erste Schritt dorthin sollte wohl Haywards Abzug aus den USA sein. Freitagabend verkündete BP-Aufsichtsratschef Carl-Henric Svanberg, dass der Vorstandsvorsitzende das Krisenmanagement im Golf von Mexiko an den BP-Manager Robert Dudley (im Bild hinter Hayward) abgeben werde. Hayward sei "direkt nach der Explosion dorthin gefahren und hat unsere Maßnahmen seither geleitet", sagte Svanberg. "Ich denke, jeder hat geglaubt, dass wir damit schneller fertig werden könnten und er dann wiederkommen könne", fügte der Aufsichtsratschef hinzu. Jetzt werde Hayward "mehr zu Hause sein".

"Der BP-Chef hat sein Leben wieder", schnaubten US-Medien. Aber wenigsten könne er mit seinen Äußerungen nun nicht mehr für Schreikrämpfe bei den Südostküsten-Bewohnern sorgen.

Wettsegeln als "rarer Moment privater Freizeit"
Keine 24 Stunden später vermeldete die Associated Press, dass Hayward auf der anderen Seite des Atlantiks angekommen ist - und sich dort nicht etwa in Demut verkrochen hat, sondern auf der Isle of Wight vor der britischen Küste seiner Sportjacht "Bob" (Farr Yacht Designs, 450.000 Dollar aufwärts) beim Wettsegeln zusieht. Und das noch dazu bei einem Rennen, das von der Investmentbank J.P. Morgan gesponsert wird. Der drittgrößten Bank der Welt, die den größten Hedge-Fonds der Welt betreibt und vor wenigen Tagen von der britischen Finanzaufsicht mit einer 40-Millionen-Euro-Strafe wegen unsauberen Umgangs mit Kundengeldern belegt wurde - in Sachen Image könnte der Sponsor derzeit nicht unvorteilhafter sein.

BP versicherte in einem offiziellen Statement, dass Hayward "ganz egal wo er ist", immer in Kontakt mit der BP-Mannschaft im Golf von Mexiko sei und die Operationen dirigieren könne. Der Ausflug zum "Round The Island Race", eines der größten Segelrennen der Welt, sei ein "rarer Moment privater Freizeit", den sich der BP-CEO hier gönne. "Tony Hayward hatte keinen einzigen freien Tag seit dem 20. April. Er verbringt jetzt ein paar Stunden mit seiner Familie. Ich bin mir sicher, jeder wird Verständnis dafür haben", sagte BP-Sprecher Robert Wine. Eine Suchabfrage auf dem Webportal "Twitter" hätte Wine freilich eines Besseren belehren können. Wann und ob der BP-Chef in die USA zurückkehrt, vermochte Wine nicht zu sagen.

Obamas Stabschef: "Wohl keine Zweitkarriere als PR-Berater"
Am Sonntag verbreitete sich die Nachricht von Haywards "Segeltörn" wie ein Lauffeuer. Neben zahlreichen Umweltorganisationen nutzte auch das - eigentlich ebenso unter Kritik stehende - Weiße Haus die Gelegenheit für ein bisschen Spott: "Ich glaube, wir kommen alle zu dem Schluss, das Tony Hayward nicht vor einer Zweitkarriere als PR-Berater steht", sagte der Stabschef von US-Präsident Barack Obama, Rahm Emanuel, in einem Interview mit dem Fernsehsender ABC. "Nun, um Tony Hayward zu zitieren - er hat sein Leben wieder, wie er sagen würde", setzte Emanuel nach.

Haywards Boot wurde übrigens Vierter seiner Klasse.

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