Lokalaugenschein

Köln: “Mit einem Mal fühle ich mich schutzlos”

Ausland
16.01.2016 13:15

In der Silvesternacht überfielen 1000 Zuwanderer in Köln Hunderte Frauen und wollten sich an ihnen vergehen. Mitten in der Stadt. Ein "Krone"-Lokalaugenschein am "Ort der Schande".

Vergangener Mittwoch, am späten Nachmittag, im Zentrum von Köln. Ein Polizeiauto nach dem anderen fährt auf den Platz vor dem Hauptbahnhof ein. Polizisten steigen aus den Wagen und marschieren in kleinen Gruppen los. Ins Gebäude hinein, die mächtige Treppe zum Dom hinauf oder in Richtung Fußgängerzone.

"Metropole eines neuen Terrors"
Gespenstisch, die Szenen in der Innenstadt. Keine Kinder zu sehen, nirgendwo. Die meisten Lokale sind geschlossen, die wenigen geöffneten schlecht besucht. Die Menschen auf den Straßen wirken gehetzt, erledigen im Eiltempo ihre Einkäufe. "Ich fühle mich", sagt Studentin Maren (19), "nach Einbruch der Dunkelheit nur noch in meinen eigenen vier Wänden sicher". Zum zweiten Mal wird sie heute bereits von Journalisten befragt. Über ihre Gedanken, in der "Metropole eines neuen Terrors" leben zu müssen.

Reporter-Teams aus halb Europa und den USA recherchieren seit Tagen vor Ort. Interviewen Einwohner, haben ihre Kameras rund um den Bahnhof aufgebaut. Dort, wo in der Silvesternacht die "Schande von Köln" geschah. Etwa 1000 Männer - aus Algerien, aus Marokko, aus Syrien - auf grauenhafte Weise die Macht über die Stadt übernahmen.

Schreie der Opfer wurden durch Feuerwerkraketen übertönt
Schon am frühen Abend hatten sie damit begonnen, Feuerwerkskörper abzuschießen. Auf die Kirche, auf Restaurants und Hotels, auf Passanten. Um mit dem Raketenlärm die Schreie ihrer Opfer zu übertönen. Der Männer, die sie niederschlugen und beraubten. Der Frauen, denen sie Handtaschen entrissen und die sie sexuell bedrängten. "Es war kurz vor 2 Uhr morgens", erzählt eine Betroffene der "Krone", "ich hatte davor mit zwei Freundinnen in einer Bar gefeiert und nun wollten wir mit dem Zug nach Hause fahren", in ihr 40 Kilometer entferntes Heimatdorf. Beim Betreten des Bahnhofs sei dann "dieser Albtraum" geschehen.

"Beschimpften uns als gottlose Huren"
"Plötzlich waren wir von sieben, teilweise vermummten Männern eingekesselt. Sie versuchten, ihre Zungen in unsere Münder zu stecken und uns die Kleider vom Leib zu reißen. Wir bettelten sie weinend an, uns zu verschonen. Sie lachten bloß, beschimpften uns mit arabischem Akzent als gottlose Huren. Und ließen erst von uns ab, als Uniformierte mit Schlagstöcken auf sie einprügelten."

Fast 1300 Notrufe gingen in der Nacht vom 31. Dezember auf den 1. Jänner bei der Exekutive ein; mittlerweile liegen beinahe 600 Anzeigen zu den Geschehnissen vor. Die Zahl der Verhaftungen: an einer Hand abzählbar.

Rücktritt des Polizeichefs "Alibiaktion der Politik"
Das Ausmaß der Ausschreitungen war vorerst geheim gehalten worden. "Um in der Bevölkerung keine Panik auszulösen", rechtfertigen Behördensprecher bis dato ihre Vertuschungsversuche. Der Polizeichef und seine Pressechefin mussten trotzdem ihre Ämter räumen. Ihre Rücktritte, meinen die Kölner, seien lediglich "Alibiaktionen der Politik" gewesen. Genauso wie die ständigen Großeinsätze der Beamten, plötzlich, in der Stadt. Am vergangenen Wochenende kam es hier dennoch abermals zu kriegsähnlichen Zuständen.

Nach "Horror-Silvester": Rechtsradikale attackierten Ausländer
Bürgerwehren, die seit dem "Horror-Silvester" in sozialen Netzwerken fleißig Werbung für sich machen und täglich Hunderte neue Mitstreiter für ihre Bewegung gewinnen, ziehen auch Rechtsradikale an. Gut getarnt, also nicht in Bomberjacken und Springerstiefeln, sondern im "Gewand des Biedermanns" patrouillierten Hooligans am 9. und 10. Jänner durch Köln und attackierten Ausländer. Einfach so.

"Ich sehe mich jetzt bei jedem Schritt, den ich mache, zweimal um", berichtet ein Iraker, Automechaniker von Beruf, der 2012 hier ein neues Leben begonnen hat. Voll Hoffnung auf eine gute Zukunft: "Aber mit einem Mal fühle ich mich schutzlos." Ist Köln dabei, zu einem Synonym zu werden, für eine fehlgeleitete Asylpolitik? Nordrhein-Westfalen gilt schon seit langem als ein Auffanglager für Flüchtlinge. Irgendwann wurden es aber zu viele.

Das System einer Vertuschung
Wie sie alle in die Gesellschaft eingliedern, wie vernünftige Migrationsmaßnahmen setzen in Zeiten, in denen die Zahl der Hartz-4-Empfänger unaufhaltsam zunimmt? Die Kriminalitätsrate stieg in den vergangenen Jahren stetig an, in Köln. Dutzende Überfälle, jede Nacht. Vor Bars und Discos. Und am Bahnhof. Die Täter: meistens "Fremde".

Nick Hein, ein ehemaliger Stadt-Polizist, der 2013 aus seinem Beruf "ausgestiegen" ist und jetzt als Fitnesstrainer arbeitet, wird nicht müde, in Interviews auf die "fatale Lage" seiner Ex-Kollegen hinzuweisen. Auf ihre Überforderung, auf "von oben" angeordnete Befehle, Missstände tot zu schweigen. "Die Deutschen sind Opfer, und die Zuwanderer auch", so seine Botschaft.

Treppe zum Dom als Mahnmal
Die Treppe zum Dom ist mittlerweile zu einem Mahnmal geworden. Blumensträuße liegen dort - und Plakate. Die darauf geschriebenen Nachrichten lassen ahnen, wie verzweifelt ihre Verfasser sein müssen. Wenige Meter daneben, vor dem Bahnhofsgebäude, steht ein Syrer. Er hält Rosen in den Händen, die er Passantinnen überreichen und sie dabei um Entschuldigung bitten will. Für die Taten seiner Landsleute. Für die "Schande von Köln". Die Geschenke des Mannes werden nur von wenigen Frauen angenommen, seine Worte kaum gehört.

Video aus dem Archiv: "Glauben, sie können uns verarschen" - Börsenguru platzt in Asylkrise der Kragen

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