Ware umetikettiert?

Razzia bei Maskenproduzent in Wien und NÖ

Österreich
02.03.2021 21:49

Schwere Vorwürfe gegen Österreichs größten Maskenhersteller: Hygiene Austria, eine Tochterfirma von Palmers und Lenzing, soll billige Produkte aus China auf „Made in Austria“ umetikettiert haben. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt - am Dienstag gab es eine Großrazzia mit der Finanzpolizei an Firmensitzen in Niederösterreich und Wien. Das Unternehmen wies die Vorwürfe als „haltlos“ zurück.

Die Verdachtsmomente wiegen schwer. Laut Nachforschungen der Korruptionsjäger soll der Maskenhersteller bewusst Billigware aus dem Reich der Mitte als österreichisches Qualitätsprodukt mit einem Riesen-Gewinn verkauft haben. Den Stein ins Rollen brachte ein abgehörtes Telefonat im Zuge von Ermittlungen gegen einen Menschenhändlerring. In dem Gespräch ging es um den eigentlich unfassbaren Schwindel in der Produktionsstätte.

Im Ausland produzierte Masken teurer verkauft?
Bei der Hausdurchsuchung an Unternehmenssitzen in Wiener Neudorf (NÖ) und Wien gingen Staatsanwaltschaft, Finanz und Polizei auch Verdachtsmomenten nach möglicher Schwarzarbeit nach. Auch ein Sprecher der Lenzing AG bestätigte die Durchsuchungen.

Wie Oberstaatsanwältin Elisabeth Täubl von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegenüber der APA erklärte, gehe man dem Verdacht nach, dass an einem Unternehmensstandort in Österreich im Ausland produzierte FFP2-Masken umgepackt und als in Österreich produzierte Marken zu einem höheren Preis verkauft worden sein sollen.

Verdacht auf organisierte Schwarzarbeit
Für das Umpacken der FFP2-Masken sollen zudem Personen ohne die erforderliche Anmeldung zur Sozialversicherung tätig gewesen sein. „Wegen des Verdachts der organisierten Schwarzarbeit sowie schweren gewerbsmäßigen Betrugs“, werde daher ein Ermittlungsverfahren gegen namentlich bekannte Personen sowie gegen noch näher zu bestimmende Verantwortliche geführt, führte Täubl weiter aus.

Bei den richterlich bewilligten Durchsuchungen waren ein Oberstaatsanwalt der WKStA, Beamte des Landeskriminalamts Niederösterreich, des Bundeskriminalamts sowie der Finanzpolizei im Einsatz. Die genaue Schadenshöhe ist dabei noch Gegenstand laufender Ermittlungen, die WKStA sei aber primär für das mutmaßliche Delikt der organisierten Schwarzarbeit zuständig. 

Unternehmen spricht von haltlosen Vorwürfen
„Die Hygiene Austria LP weist die heute erhobenen, haltlosen Vorwürfe auf das Schärfste zurück“, hieß es in einer Stellungnahme der Unternehmensführung zur APA. „Wir kooperieren eng mit den Behörden und werden alles zur Aufklärung beitragen.“ Es sei bedauerlich, hier „in tagespolitische Auseinandersetzungen hineingezogen zu werden“.

Hygiene Austria wurde erst im vergangenen Jahr im Zuge der Corona-Pandemie gegründet, um den ständig steigenden Bedarf nach Masken mit einem österreichischen Qualitätsprodukt auch auf dem Weltmarkt abdecken zu können. Der „Krone“ bestätigte die Regierung indes, dass es keinerlei Staatsaufträge für Maskenbeschaffung bei Hygiene Austria gegeben hatte.

Opposition nimmt Kanzler und Regierung in die Pflicht
Angesichts der Schwere der Vorwürfe hagelte es nach Bekanntwerden Kritik der Oppositionsparteien. „Während in Österreich Hunderttausende Menschen keinen Job haben, machten andere das Geschäft ihres Lebens", meinte etwa der stellvertretende SPÖ-Klubvorsitzende Jörg Leichtfried, der auch eine Anfrage an Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zu dem Thema ankündigte. Darin wolle er wissen, ob und was der Kanzler zu den Vorgängen wusste.

Auch die FPÖ sah den Bundeskanzler in der Pflicht: „Wenn dieser Vorwurf stimmt, dann ist das der nächste Skandal für die Bundesregierung - und allen voran Kanzler Kurz, der die volle Verantwortung trägt“, so FPÖ-Chef Norbert Hofer. Der Kanzler höchstpersönlich habe schließlich Hygiene Austria zum Firmenstart gratuliert.

Die NEOS kündigten an, sich die Beschaffungsprozesse der Regierung genauer ansehen zu wollen. Schließlich habe es in den vergangenen Monaten keine „ordentlichen Ausschreibungsverfahren“, dafür aber „dubiose Beschaffungsvorgänge“, gepaart mit „Intransparenz der Regierung“, gegeben, meinte der Abgeordnete Douglas Hoyos.

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